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Wagner-Chef Prigoschin ist wütend, weil Putin nicht ans Telefon geht

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Von: Florian Naumann

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Wagner-Chef Prigoschin sieht sich vom Kreml ausgebootet. Angeblich hat Putin die Kommunikationswege gekappt. Offene Konfrontation scheint möglich.

Moskau – Lange Zeit schien Jewgeni Prigoschins Bedeutung stetig zu wachsen – als Söldner-Chef im Ukraine-Konflikt und auch als politischer Player in Russland. Nun hat sich der Wind offenbar gedreht: Am Donnerstag (9. März) beklagte sich Prigoschin jedenfalls öffentlich über einen erstaunlich harschen Kommunikationsstopp des Kreml. Er drohte im Gegenzug gar indirekt mit öffentlichem Druck gegen Wladimir Putins Regierung.

Prigoschin erhebt Vorwürfe gegen Putin: „Alle Telefonverbindungen gekappt“

Der russische Präsident und seine Mitarbeiter gehen Prigoschin zufolge nicht mehr ans Telefon. Angeblich, weil der Chef der Gruppe Wagner bei Rufen nach Munitionsnachschub zu sehr in die Offensive gegangen ist. „Um mich von Fragen nach Munition abzuhalten, haben sie alle speziellen Telefonverbindungen in die Büros und Wagner-Einheiten gekappt“, schrieb Prigoschin in einer Telegram-Botschaft, aus der unter anderem das Portal Moscow Times zitierte. Auch seine Zugangspässe zu Entscheiderkreisen seien blockiert.

Wladimir Putin
Wladimir Putin posiert am Telefon: Wenn Jewgeni Prigoschin versucht ihn zu erreichen, nimmt der Präsident offenbar nicht ab. © Mikhail Klimentyev / TASS / Imago Images

Tatsächlich hatte Prigoschin öffentlich schon im Februar massive Vorwürfe erhoben. Einige seiner Männer seien an „Granaten-Hunger“ gestorben, erklärte er etwa unter Verweis auf ein Foto getöteter Kämpfer. Er rief indirekt auch die russische Bevölkerung zu Protesten auf. Im Kreml dürfte das nicht auf Freude gestoßen sein.

Eine kommunikative Eiszeit zwischen Gruppe Wagner und Kreml wäre dennoch eine bemerkenswerte Wendung - die der Söldner-Boss mit dem Spitznamen „Putins Koch“ mit einer konfrontativen Ansage quittierte. „Jetzt kann ich weitere Forderungen nur über die Medien stellen“, erklärte er und fügte hinzu: „Sehr wahrscheinlich werde ich das tun.“

Putin und Wagner-Chef Prigoschin im Ukraine-Krieg: Viele Fragen bleiben offen

Mehrere Fragen bleiben damit offen. Etwa, ob Russland vor Schwierigkeiten bei der Munitionsversorgung steht. Schon im Januar hatte die Ukraine von sich leerenden russischen Beständen gewisser Waffenkategorien gesprochen. Belegt ist diese These aber nicht. Die russische Regierung verlautbarte nichts dergleichen. Eher verwies der Kreml auf verstärkte Rüstungsproduktion. Der britische Geheimdienst etwa sah zuletzt aber zumindest Anzeichen für Knappheit bei den lange Zeit eingesetzten iranischen Drohnen.

Weitere Unklarheit gibt es zur Bedeutung der Gruppe Wagner selbst. Ihre Operation in Bachmut scheine eine „vorübergehende taktische Pause“ zu erleben, urteilte das US-amerikanische Institute for the Study of War in seinem täglichen Update vom Donnerstag. „Es bleibt unklar, ob die Wagner-Kämpfer ihr Übergewicht in künftigen russischen Offensiven wiedererlangen werden“, hieß es. Prigoschin selbst hatte erst kürzlich ein mögliches Ende für Wagner angedeutet.

Und auch das Verhältnis zwischen Putin und Prigoschin bleibt vorerst eine Unbekannte. Phasenweise erschienen Prigoschin und die Gruppe Wagner als tragende Kräfte im Ukraine-Krieg. Doch schon vor einiger Zeit schien die Beziehung zu erkalten - etwa, als Putin den von Prigoschin scharf kritisierten Waleri Gerassimow zum Oberbefehlshaber der russischen Armee machte. (fn)

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