Taktikwechsel im Ukraine-Krieg? Prigoschin wendet sich mit alarmierenden Worten an Putin

Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin rät wegen der ukrainischen Gegenoffensive, dass Putins Armee in die Defensive gegen soll. Ein ISW-Bericht legt dies nun nahe.
London – Angeblich mehr als 180.000 tote Soldaten. Tausende zerstörte Panzer. Und immer wieder Probleme beim Nachschub: Nach knapp 14 Monaten Ukraine-Krieg scheinen die russischen Verluste die Verantwortlichen im Kreml noch immer nicht zu beunruhigen, doch ein wichtiger Verbündeter Putins fällt in jüngster Vergangenheit immer wieder mit alarmierenden Warnungen im Zusammenhang mit dem Verlauf des Ukraine-Kriegs auf: Jewgeni Prigoschin, Geldgeber und Kopf der berüchtigten Wagner-Gruppe, schlägt inzwischen immer defensivere Töne an, wenn es um Offensiven gegen die Ukraine geht.
Vielmehr fordert er nun, dass sich Putins Armee eingraben soll, um die Gegenoffensive der Ukraine abwehren zu können.
Mögliche Wende im Ukraine-Krieg: Prigoschin will Defensive von Putins Armee stärken
Wie das Institute for the Study of War (ISW) in seinem jüngsten Bericht schreibt, könnte Prigoschin versuchen, den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu überzeugen, dass es für Russlands Armee sinnvoller wäre, eine mögliche ukrainische Gegenoffensive aus der Defensive heraus zu begegnen. Russland müsse sich „so verankern, dass es nur möglich ist, die russischen Streitkräfte mit den Klauen des Gegners herauszureißen“, zitiert das Institut den Wagner-Chef. Prigoschin soll die Aussagen am 21. April 2023 getroffen haben. Hintergrund könnten die Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe auf der Ramstein Air Base sein.
Offenbar schwingt in Prigoschins Aussagen die Sorge mit, dass die Ukraine dank der westlichen Unterstützungen immer schlagfertiger werden könnte. Der Verlauf des Ukraine-Kriegs zeigt seit Monaten, dass die einstigen Verteidiger in mehreren Regionen immer wieder Erfolge gegen die russische Armee von Wladimir Putin verzeichnen können. Zwar lassen sich viele Meldungen der Konfliktparteien nicht unabhängig überprüfen, aber zumindest im Süden und Osten des Landes scheinen die Erfolge der Ukraine zuzunehmen. Doch auch Russlands Soldaten können die Verteidiger von Wolodymyr Selenskyj immer wieder in die Defensive zwingen.
Ukraine-Krieg: Fürchtet Wagner-Chef Prigoschin Gegenoffensive der Ukraine? ISW-Bericht ist sich sicher
In den vergangenen Woche und spätestens seit Mai 2022 sorgte die Schlacht um Bachmut, eine Stadt in der Donezk-Region und ehemals Heimat von etwa 74.000 Menschen, für Schlagzeilen. Russische und ukrainische Soldaten waren immer wieder in schwere Kämpfe verwickelt. Stand Ende März 2023 gelten etwa 40 Prozent der Stadt als vollständig zerstört. Nichtsdestotrotz: Eine große Gegenoffensive steht weiterhin im Raum und Wagner-Chef Prigoschin, der sich während des Ukraine-Kriegs auch mehrfach an der Front aufhielt, scheint laut ISW-Bericht zu befürchten, dass der Ansturm der Ukrainer heftig werden könnte.
Prigoschin merkte auch an, dass die Ukraine versuchen werde, die russischen Streitkräfte zu „zerreißen“. Russland müsse einem solchen Angriff widerstehen, sagte der Wagner-Chef. Nach Einschätzung der Experten sind diese alarmierenden Worte bemerkenswert, da die russische Propaganda in der Regel die Stärke der ukrainischen Verteidiger abmildert. Prigoschins Aussagen könnten nun darauf hindeuten, dass er versucht, die Diskussion über eine mögliche Wende des Ukraine-Kriegs im russischen Raum zu verstärken. Russland setzt derweil in den Regionen Donezk und Luhansk weiter auf offensive Operationen der Armee.