Seltene Radartechnik: Wie Russland ukrainische Stellungen aufspürt – und welchen Haken es gibt
Vor Charkiw oder im Donbass: Die russische Armee nutzt ein wuchtiges Radar-Fahrzeug, um ukrainische Artillerie zu identifizieren. Doch es gibt offenbar ein Problem für die Truppen von Wladimir Putin.
Kiew – Sie überqueren mit ihren Granaten große Reichweiten. Armeen können mit unterschiedlichen Artillerie-Systemen bis zu 80 Kilometer weit schießen, und sich nach getaner Arbeit wieder im Hinterland hinter der Front verstecken.
Ukraine-Krieg: Russische Armee spürt feindliche Artillerie mit Radar-Fahrzeug auf
Nicht, dass sie ebenfalls aus der Distanz beschossen werden. Zum Beispiel die deutsche Panzerhaubitze 2000 ist beweglich genug, um erst aus der Stellung heraus zu schießen, und dann schnell die Position wieder zu wechseln, „um feindlichem Gegenfeuer zu entgehen“, wie die Bundeswehr in einem Youtube-Video erklärt.

Gemeinsam mit den Niederlanden hat Deutschland im Ukraine-Krieg den ukrainischen Verteidigern laut Website der Bundesregierung 14 solcher Panzerhaubitzen geliefert. 40 Kilometer weit können sie feuern. Die Lieferung von 18 Radhaubitzen RCH 155 ist zudem in Arbeit. Einem Bericht zufolge setzt die russische Armee ihrerseits ein spezielles Radar-Fahrzeug ein, um feindliche Artillerie zu orten. Zum Beispiel im umkämpften Donbass, wo Bachmut weiter im Fokus ist.
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Dabei soll es sich um das Zoopark-1-System handeln, das am Ende der Sowjetunion 1989 in Dienst gestellt wurde. Das Gegenbatterie-Radarsystem wurde in den 1980er Jahren vom russischen Rüstungskonzern Almaz-Antey entwickelt. Wie das US-amerikanische Nachrichtenmagazin Newsweek schreibt, kann das Radar Artilleriegranaten in einer Größe zwischen 82 und 120 Millimetern in Entfernungen von bis zu 17 Kilometern identifizieren, Granaten zwischen 105 und 155 Millimetern werden beim Anflug in Distanzen von bis zu zwölf Kilometern Entfernung erkannt.
Zoopark-1-System im Ukraine-Krieg: Zum Beispiel gegen Granaten der deutschen Panzerhaubitze 2000
Just die Panzerhaubitze 2000 verschießt Granaten mit einer Größe von 155 Millimetern. Newsweek beruft sich bei seinem Bericht auf Deagel, eine Website, die militärische Ausrüstung dokumentiert. Demnach kann Zoopark-1 Mehrfachraketenwerfer auf Entfernungen von bis zu 22 Kilometern und taktische Langstreckenraketen in Distanzen von bis zu 45 Kilometern aufspüren.
Aufgabe des Radar-Systems sei es grundsätzlich, „die Koordinaten feindlicher Artilleriepositionen wie Mörser, Haubitzen, Raketenwerfer und taktischer Raketensysteme zu bestimmen“. Zoopark-1 kann laut Deagel dabei bis zu zwölf Ziele gleichzeitig verfolgen. Und mögliche Gegenangriffe koordinieren, zum Beispiel mit der russischen Panzerhaubitze vom Typ 2S19 Msta-S, die in der Ukraine reihenweise gesichtet wurde.
Ukraine-Krieg: Russische Armee setzt wohl auf Zoopark-1-System
Beim Überfall der russischen Truppen auf die Ukraine kam Zoopark-1 offenbar schon an verschiedenen Orten zum Einsatz. So berichtete der Generalstab der Streitkräfte der Ukraine laut Newsweek kürzlich bei Facebook: „Saporischschja-Achse: Der Feind hat die Umgebung von 17 Siedlungen beschossen. Unter ihnen sind Vremivka, Novopil‘ (Oblast Donezk), Ol‘hivs‘ke, Hulyaipole, Zaliznychne, Charivne, Orikhiv, Mala Tokmachka und Bilohir‘ya (Oblast Saporischschja).“ Ein Zoopark-1-System habe den Beschuss demnach abgesichert.
Zoopark-1 (Radar-System)
Zoopark-1 ist laut dem Rüstungskonzern „Almaz-Antey“ ein Gegenbatterie-Radarsystem, das für die russischen Streitkräfte entwickelt wurde. Es hat eine große, elektronisch schwenkbare Phased-Array-Antenne (Gruppenantenne), die auf dem Chassis des Kettenfahrzeugs vom Typ MT-LBu montiert ist. Es dient der feindlichen Feldartillerie-Aufklärung. Das System kann laut Hersteller sich bewegende Bodenziele in einer Entfernung von bis zu 40 Kilometern erkennen. 1989 wurde es erstmals an die damals noch sowjetische Armee ausgeliefert.
Es gibt weitere Berichte über den angeblichen Einsatz von Zoopark-1 in der Nähe der Front. Am 19. Februar schilderte das ukrainische Militär, dass ein zerstörtes russisches Gegenbatterie-Radarsystem in der Region Cherson gefunden worden sei.
Ukraine-Krieg: Lässt die russische Armee Zoopark-1-Systeme zurück?
Noch ein Beispiel: Im September berichtete das britische Verteidigungsministerium, dessen Geheimdienst das Kriegsgeschehen überwacht, dass Russland im Oblast Charkiw „hochwertige Ausrüstung“ zurückgelassen habe, die für seine „auf Artillerie ausgerichtete Art der Kriegsführung“ erforderlich sei.
Auch darunter sei mindestens ein Zoopark-1-System gewesen, hieß es. Nachvollziehbare Zahlen, wie viele dieser Systeme die russische Armee hat, gibt es nicht. Der Haken ist für die Angreifer aber offenbar, dass das eine oder andere an der Front verloren geht. (pm)