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Russlands Elite denkt nicht gerade positiv über Putin

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Von: Yağmur Ekim Çay

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Bei seinem Besuch im besetzten Mariupol lässt sich Putin als Befreier feiern. Doch im Hintergrund wird Kritik laut
Bei seinem Besuch im besetzten Mariupol lässt sich Putin letztens als Befreier feiern. Doch im Hintergrund wird Kritik laut. © dpa

Aufnahmen des Gesprächs zwischen dem Milliardär Trotsenko und dem Unternehmer Matuschewski zeigen, wie Putin in seinem Land kritisiert wird.

Moskau - Am Dienstag (25. April) haben Journalisten des russischen Nachrichtensenders Nastojaschtscheje Wremja TV und des US-Senders Radio Liberty ein mutmaßliches Gespräch zwischen dem russischen Milliardär Roman Trotsenko und dem Geschäftsmann Nikolaj Matuschewski veröffentlicht. In dem Gespräch zwischen den in Russland bekannten Geschäftsleuten geht es nicht zuletzt um Kritik am russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Der Dialog zwischen Trotsenko und Matuschewski fand angeblich Anfang Januar 2023 statt. Im ersten Teil des Mitschnitts sprechen die beiden Männer, die sich vertraulich Kolja und Roma nennen, über einen Urlaub auf Bali. Kolja erzählt Roma, dass es auf der Insel viele Investoren und Möglichkeiten gibt. „Ich hatte in letzter Zeit eine harte Zeit in Russland“, beklagt sich Kolja, und die Stimme, die vermutlich Trotsenko gehört, deutet Zustimmung an. 

„Wir müssen uns nicht daran erinnern, wie es in Russland war. Das ist vorbei und wird nie wieder da sein. Das gibt es nicht mehr und wird es auch nie wieder geben“, sagt Roma und stellt fest, dass sich in Indonesien „alles in zehn Jahren verzehnfacht und in Russland halbiert“.

Russischer Milliardär: „Die Menschen werden sich auf den Straßen von Moskau gegenseitig umbringen“

Trotsenko ist der ehemalige Präsident der United Shipbuilding Corporation und ein früherer Berater von Rosneft-CEO Igor Setschin - einem Geschäftsmann aus Putins Dunstkreis. Matuschewski ist ein alter Freund Trotsenkos und der Gründer der Moskauer Designfabrik Flakon. Er sympathisiert öffentlich mit der Opposition und hat zum Beispiel ein Video von den Protesten in Moskau im Jahr 2021 auf Instagram gepostet.

Im Gespräch führen die Freunde eine lange Diskussion über ihren Umzug und ihre Kinder, die Infrastruktur auf Bali und persönliche Angelegenheiten, aber schließlich wendet sich das Gespräch dem Krieg und der Situation in Russland zu. „Leider ist Russland, das wir so aufrichtig lieben, in die Fänge einiger Drecksäcke geraten, die sich zu einigen seltsamen Kompositionen aus dem 19. Jahrhundert bekennen. Das kann nicht gut ausgehen, es wird in der Hölle enden... Die Menschen werden sich auf den Straßen von Moskau gegenseitig umbringen“, warnt „Roma“ in der Audioaufnahme.

Putin: Milliardär nennt ihn „Trottel“

Kolja erzählt, dass er sich kürzlich die Neujahrsrede der russischen Präsidenten Wladimir Putin angesehen hat. „Dieser Trottel steht nicht wie üblich vor einem Weihnachtsbaum, sondern mit dem Militär im Hintergrund. Wie kann ein Land sich so entwickeln, in dem die einzige Ideologie darin besteht, Geld zu verdienen und eine Gruppe von Menschen an der Macht zu halten?“, fragt Roma dem Bericht zufolge daraufhin seinen Freund.

„Es gibt kein Konzept für das, was als Nächstes kommt. Sie werden sterben irgendwann und nichts hinterlassen. Es wird einfach eine verbrannte Wüste sein“, so Kolja. Nikolaj seufzt nur und Roma beklagt sich weiter darüber, dass nicht alle Russen mitbekommen haben, was vor sich geht. „Dann wird dieser einfache Bullshit jeden erreichen, jeden. Und es stellt sich heraus, dass es zu spät ist. Die Menschen können kein Geld abheben, sie können nicht weggehen, ihre Kinder werden in den Ukraine-Krieg eingezogen. Ehrlich gesagt ist das schrecklich“, sagt er abschließend.

Putin-Kritik unter Elite-Geschäftsleuten: Matuschewski weist Vorwürfe zurück

Matuschewski hat die Anschuldigungen zurückgewiesen und behauptet, dass das Gespräch nie stattgefunden habe. Er sagte, dass er das letzte Mal im Jahr 2022 mit Trotsenko gesprochen habe und dass sie definitiv nie über Politik gesprochen hätten. Er glaube, es handele sich um eine Fälschung oder einen dummen Scherz mit Unterstützung künstlicher Intelligenz. Bislang ist die Echtheit der Audioaufnahme nicht offiziell bestätigt.

In der Veröffentlichung wird darauf hingewiesen, dass Trotsenko einer der reichsten Geschäftsleute in Russland ist. Forbes schätzt sein Vermögen im Jahr 2023 auf 3,8 Milliarden US-Dollar. Matuschewski ist bekannt als Schöpfer einer Reihe von Kreativräumen, insbesondere der Moskauer Designfabrik Flakon. Vor dem Ausbruch des Krieges mit der Ukraine nahm Trotsenko regelmäßig an den Treffen Putins mit dem Großkapital teil. Am 24. Februar 2022, als Putin wenige Stunden nach dem Angriff auf die Ukraine Geschäftsleute im Kreml versammelte, war Trotsenko jedoch nicht dabei.

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