Endlich! Die Anti-Atomkraft-Bewegung ist am Ziel

Am Samstag gehen die letzten drei Meiler vom Netz. Auch in anderen Staaten kann von einem Boom der Technologie keine Rede sein. FR-Autor Joachim Wille bilanziert das Atomzeitalter.
Mit Demonstrationen und „Abschaltfesten“ wollen Bürgerinitiativen und Umweltgruppen am Samstag die Stilllegung der letzten deutschen Atomkraftwerke feiern. An diesem Tag sollen die AKW Emsland, Neckarwestheim-2 und Isar-2 vom Netz gehen. Wie die Anti-Atom-Organisation „Ausgestrahlt“ mitteilte, sind Kundgebungen in Lingen, München und Neckarwestheim geplant. „Wir wollen sicherstellen, dass es jetzt wirklich beim Abschalten der drei alten AKW bleibt“, heißt es.
Im Jahr 1952 hatte der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) erstmals angekündigt, hierzulande ein Atomkraftwerk bauen zu wollen. Seither sind mehr als 70 Jahre vergangen. Sie sind gekennzeichnet von einer politische Achterbahnfahrt: gigantische Ausbau-Pläne, die Schlachten um Brokdorf, Wackersdorf und Gorleben, der Tschernobyl-Schock, der rot-grüne Ausstiegskonsens, die Laufzeitverlängerung unter Schwarz-Gelb und dann der endgültige Ausstiegsbeschluss nach dem Super-GAU von Fukushima.
Es ist ein denkwürdiger Moment. Die Anti-AKW-Bewegung, einst eine kleine Minderheit in der Bevölkerung, hat sich durchgesetzt.
Die Frankfurter Rundschau blickt in Analysen und Interviews zurück auf das Atomzeitalter in Deutschland. Autor vieler unserer Texte ist Joachim Wille. Er schreibt seit 40 Jahren über Umweltthemen für die FR - die Energiepolitik und die Atombewegung waren immer einer seiner Schwerpunkte. Niemand sonst also wäre dazu mehr berufen, eine Bilanz zu ziehen.
Atomausstieg in Deutschland - unsere Berichterstattung im Einzelnen
- Das Atomzeitalter in Deutschland endet, die Geduldsprobe geht weiter – bis Ende des Jahrhunderts. Deutschland verabschiedet sich am Samstag von der Atomkraft. Die Träume vom nuklearen Paradies sind verflogen, zurück bleiben strahlender Müll und die Suche nach Lagerplätzen.
- Atomkraft: Die Erfindung des „Restrisikos“. Atomkraftwerke durften nicht gefährlich wirken. Deswegen wurde für die von ihnen ausgehenden Unwägbarkeiten zu einem semantischen Trick gegriffen.
- Warum der Atomausstieg kein deutscher Sonderweg ist. Nuklearexperte Mycle Schneider im FR-Interview über die oft angekündigte „Renaissance“ der Atomkraft und warum das nichts mit der industriellen Realität zu tun hat.
- Frankreichs nuklearer Ressourcen-Moloch. Kernkraft ist in Deutschlands Nachbarland weiterhin Trumpf – und ein Milliardengrab.
- AKW-Brennelemente: Umstieg auf westliche Atome. Tschechien nutzt künftig keine russischen Brennelemente mehr. Die Marktmacht Russlands ist aber weiterhin groß. Das zeigt auch ein französisch-russisches Joint-Venture, das im Emsland Brennstäbe produzieren will.
- Weitere Texte von FR-Umweltexperte Joachim Wille.
- Atommüll bleibt für die Ewigkeit. Wenn die letzten deutschen Atomkraftwerke abgeschaltet sind, bedeutet das nicht das Ende der Debatte: Die Reste strahlen weiter.
- „Es gibt keine Strahlendosis ohne Gesundheitsrisiko“ - der Strahlenschutzexperte Roland Wolff im FR-Interview über die Gefahren beim Rückbau eines Atomkraftwerks .
Was bleibt, ist der Müll. Allein die Menge hochradioaktiver Abfälle aus Brennelementen wird in Deutschland auf 10.500 Tonnen geschätzt. Ein Endlager gibt es noch nicht. In einer Broschüre für das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung heißt es, dass ein bis zwei Generationen von der Atomenergie profitiert hätten – Endlager beträfen das Leben von mehr als 33.000 künftigen Generationen.
