1. Startseite
  2. Politik

Nach Atomausstieg: Wo soll künftig der Strom herkommen?

Erstellt:

Von: Maibrit Schültken

Kommentare

Robert Habeck kündigt die endgültige Abschaltung von Atomkraftwerken in Deutschland an. Heftige Kritik kommt aus der Union. Wie soll künftig Strom produziert werden?

Frankfurt – Die Energieversorgung der Zukunft birgt viele bislang ungelöste Herausforderungen. Atom- und Kohlekraft liefern Strom mit langfristig verheerenden Konsequenzen. Aber auch eine Versorgung mit Erdgas fordert vor allem seit Beginn des Ukraine-Kriegs auf viele Arten einen hohen Preis. Während der Energiekrise der letzten Monate litten viele Menschen an den extremen Heizkosten. Daher entschied die Ampel-Regierung, drei Meiler noch über die Wintermonate in Betrieb zu halten, obwohl der Atomausstieg eigentlich für das letzte Jahr geplant war.

Jetzt kündigte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) aber die endgültige Abschaltung an. Am 15. April sollen alle verbleibenden Kraftwerke in Deutschland vom Netz gehen. Der Atomausstieg sei „unumkehrbar“. Die Frage stellt sich: Woher soll der Strom der Zukunft kommen und, vor allem, zu welchem Preis?

Stromversorgung in Deutschland: Wer produziert die Energie der Zukunft?

Aktuell werden ohnehin nur fünf Prozent des Stromes von den verbleibenden drei Atomkraftwerken produziert. Aber auch diese müssen ersetzt werden. Der kurzfristig entstehende Defizit solle mit Kohlestrom oder Importen aus Frankreich gedeckt werden, wie André Thess, Professor an der Universität Stuttgart, der Bild-Zeitung berichtete. Daraus ergebe sich temporär eine unliebsame Folge: steigende CO₂-Emissionen.

Hohentengen und die Schweizer Atommüll-Entscheidung
Am 15. April sollen die drei verbliebenen Kernkraftwerke in Deutschland endgültig vom Netz gehen. © Philipp von Ditfurth/dpa/Archivbild

Erneuerbare Energien statt Atomkraft: Höhere Kosten?

Die Stromversorgung mit erneuerbaren Energien könnte für Verbraucherinnen und Verbraucher mit höheren Kosten verbunden sein, wie Walter Tromm vom Karlsruher Institut KIT der Bild-Zeitung sagte. „Gas- und erneuerbare Energien sind in der Energiegewinnung deutlich teurer als durch die bestehenden Kernkraftwerke.“

Manuel Frondel vom RWI Essen mahnte zudem einen möglichen Energieengpass im Winter oder an windstillen Tagen an – ein Mangel von bis zu sieben Prozent könnte entstehen. „Es könnte darauf hinauslaufen, dass Strom dann häufiger rationiert wird, z. B. Wärmepumpen für zwei bis drei Stunden am Tag vom Netz abgeklemmt werden.“

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) warnt vor potenziellen Versorgungsengpässen und hohen Preisen. Mögliche Stromausfälle oder Einschränkungen in der Versorgung würden insbesondere für Deutschland als Industrieland ein bisher nicht abschätzbares und nicht zu kompensierendes Risiko bedeuten. Deutschland solle daher das Angebot der Energie weiter ausweiten, statt es einzugrenzen, teilte DIHK-Präsident, Peter Adrian, der Rheinischen Post am Dienstag (11. April) mit. In Sachen Versorgungssicherheit sei Deutschland „noch nicht über den Berg“.

Hält am Atomausstieg fest: Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).
Hält am Atomausstieg fest: Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). © Britta Pedersen/dpa

Robert Habeck weist diese Sorgen zurück, denn die Gasspeicher seien gut gefüllt und mithilfe neuer Flüssiggasterminals und erneuerbarer Energien sei die Energieversorgung gesichert. Auch Katrin Göring-Eckardt betonte bei MDR Aktuell, Atomkraftwerke seien nicht notwendig für die Versorgungssicherheit in Deutschland und hätten auch im letzten Winter keine tragende Rolle gespielt.

Reaktionen auf Habeck: Atomausstieg sorgt für Kritik

Aus der CDU kommt scharfe Kritik an Habeck und dem Beschluss. Jens Spahn, Vize-Vorsitzender der Unions-Bundestagsfraktion, kann einem Atomausstieg nichts abgewinnen, wie er am Dienstag in der Sendung Frühstart von RTL/ntv deutlich machte. Nicht der Atom-, sondern der Kohleausstieg sollte beschleunigt werden, denn Atomkraftwerke seien, im Gegensatz zu Kohle, sicher und klimaneutral, betonte Spahn.

Atommüll
Die Lagerung von radioaktivem Atommüll stellt eine langfristige Belastung dar. © Sina Schuldt/dpa/Symbolbild

„Dieser grüne Klimaminister lässt lieber Kohlekraftwerke laufen – den Klimakiller schlechthin, CO₂-Drecksschleudern – als klimaneutrale.“ Es sei ein „schwarzer Tag“ für den Klimaschutz in Deutschland – eine untypische CDU-Kritik. So eine Aussage stammt doch sonst häufiger aus dem Lager Habecks.

„Der Strompreis wird natürlich günstiger werden“: Grüne verteidigen Atomausstieg

Bundestagsvizepräsidentin, Katrin Göring-Eckardt, ist sich sicher, dass Sorgen hinsichtlich des Strompreises unbegründet sind. „Der Strompreis wird natürlich günstiger werden, je mehr Erneuerbare wir haben“, erklärte sie bei MDR Aktuell. Atomstrom hingegen bringe langfristige, bisher ungelöste Herausforderungen in Sachen der Endlagerung mit sich und sei vor allem dadurch immens teuer. Die Herstellung, aber auch Lagerung des Atommülls koste primär die Steuerzahler:innen und „künftigen Generationen“, mahnte die Politikerin. (dpa / Maibrit Schültken)

Auch interessant

Kommentare