1. Startseite
  2. Politik

„Werden wir nicht verzeihen“: Putins Truppen bedrohen eigene Kommandanten

Erstellt:

Von: Nail Akkoyun

Kommentare

Im Donbass zeichnet sich in einem russischen Militärstützpunkt eine Revolte ab. Die Soldaten würden lieber ins Gefängnis als „für wer weiß was“ zu sterben.

Moskau/Kiew – Kaum an der Front, droht eine Gruppe russischer Soldaten damit, die eigenen Waffen gegen die Führungsriege einzusetzen. Dabei versuchten sie es zuvor recht diplomatisch: vor wenigen Tagen veröffentlichten die Männer ein Video, indem sie sich an Wladimir Putin wenden und über uralte Waffen, mangelnde Ausbildung sowie Menschen klagen, die „umsonst“ sterben. Darüber hinaus gebe es keine Strategie für den Kampf im Nachbarland. „So kann man keinen Krieg führen“, sagte einer der Soldaten.

Nun ist ein weiteres Video aufgetaucht, demzufolge sich die Stimmung in dem Militärstützpunkt stark verschlechtert hat. In dem rund fünfminütigen Clip, der von der unabhängigen russischen Nachrichtenagentur Ostorozhno Novosti veröffentlicht wurde, umzingeln und warnen die Männer ihren Kommandeur, dass sie sich schon bald zur Wehr setzen würden.

Russische Soldaten sitzen auf einem Panzer in der Region Cherson. (Archivfoto)
Russische Soldaten sitzen auf einem Panzer in der Region Cherson. (Archivfoto) © Andrei Rubtsov/Imago

„Selbstmordmissionen“ im Ukraine-Krieg: Soldaten würden lieber ins Gefängnis

„Sie können uns alle einsperren! Wie viele Jahre sind es, 5, 7, 10? Das ist uns scheißegal“, schreit einer der Soldaten, nachdem der angeblich aus Kaliningrad stammende Kommandeur sie erfolglos davon zu überzeugen versucht hat, den Befehlen zu gehorchen und die ukrainischen Stellungen zu stürmen. Nie seien sie als Teil eines Angriffsteams vorgesehen gewesen, sondern nur um das eroberte Territorium zu verteidigen, sagten die Männer.

Die vom Kreml unterstützten Separatistengruppen im Donbass selbst bezeichnen sie sich als Kämpfer der „Volksrepublik Donezk“ und der „Volksrepublik Luhansk“, befänden sich ihrer Meinung nach auf „Selbstmordmissionen“. Kommandeure und sonstige Befehlshaber würden hingegen „weglaufen“ oder abseits des Geschützfeuers herumsitzen. Daher würde man lieber ins Gefängnis gehen, als „für wer weiß was“ zu sterben.

Die Wutrede sei jedoch mit „schwachen Argumenten“ gespickt, entgegnete der russische Kommandeur. Ein Soldat drohte seinem Vorgesetzten daraufhin Gewalt an: „Das werden wir nicht verzeihen, wir werden einfach Kopf an Kopf gegen Sie vorgehen“. Im Anschluss sagte er, dass man bereits „darauf vorbereitet“ sei und fragte die Gruppe, „sind alle bereit dazu?“ – „Ja, alle!“ hallte es zurück.

Revolte in Militärstützpunkten: Russische Wehrpflichtige wollen nicht in der Ukraine kämpfen

Berichten zufolge kommt es in russischen Militärstützpunkten und Kasernen immer wieder zur Verhaftung von Aufständischen. Auch in diesem Fall beschwerte sich einer der Soldaten bei seinem Kommandeur über die Vorfälle: „Sie kamen nachts. Was ist das? Ist es 1939? NKVD? Schwarze Raben?“, sagte er und bezog sich dabei auf die sowjetische Geheimpolizei, die bei nächtlichen Razzien „Feinde“ zusammentrieb.

Dieser Aufstand der Wehrpflichtigen ist nur der jüngste von vielen. Aufgrund der schweren Verluste, die Russland seit Monaten im Ukraine-Krieg erleidet, müssen immer mehr junge Männer an die Front. „Früher wurden die Wehrpflichtigen von Donezk und Luhansk als entbehrliches Material benutzt, aber jetzt sind es die Russen“, sagte der Militäranalyst Kirill Michailow dem russischen Investigativportal iStories. „Sie können nicht anders kämpfen. Wenn sich der Ansatz nicht grundlegend ändert, was ich bezweifle, dann werden die russischen Wehrpflichtigen weiterhin auf diese Weise sterben.“ (nak)

Auch interessant

Kommentare