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Analysen aus den Tiefen der Rüstungsspirale

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Von: Daniel Roßbach

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Die Arms Contorl Wonks“ beobachten untere anderem Nordlkoreas Atomprogramm genau.
Die Arms Contorl Wonks“ beobachten untere anderem Nordlkoreas Atomprogramm genau. © dpa

Im Podast und Blog „Arms Control Wonk“ werden Aufrüstungs-Entwicklungen technisch seziert, aber auch politisch eingeordnet. Das Portal ist so nicht nur für Fachleute interessant. Die politische Medienkolumne „Polopolis“.

Diese Kolumne beginnt als selbstkritischer Beitrag: In manchen Themen und Situationen sind allgemeine Nachrichtenmedien, auch Zeitungen wie diese – inklusive ihrer digitalen Formen – nicht das allerbeste Medium, um sich wirklich tiefgreifend mit den jeweiligen Entwicklungen zu beschäftigen. Das kann daran liegen, dass Berichterstattung oft (nur) zu bestimmten Nachrichten-Anlässen stattfindet, dass es nur beschränkt Platz gibt, oder auch, dass Reporterinnen und Reporter keine technischen Fachleute sein können.

Stattdessen gibt es aber in manchen Themengebieten spezialisierte Medien oder Foren, die es ermöglichen, sich in der jeweiligen Materie sehr viel tiefer und präziser zurechtzufinden.

Ein solches (englischsprachiges) Angebot ist „Arms Control Wonk“, ein Projekt eines Teams um den Abrüstungs-Forscher Jeffrey Lewis. Als Blog wurde es schon 2004 gegründet, zehn Jahre später begannen die Konfliktforscher:innen dort auch damit, Podcasts aufzunehmen. Die häufigsten Themen dabei waren in jüngerer Zeit das nordkoreanische Raketenprogramm und die Auseinandersetzung mit dem Iran über dessen Atomwaffen-Ambitionen, aber auch die Bemühungen anderer Staaten, die Nicht-Verbreitung von Atomwaffen zu fördern oder diese zu unterlaufen - und natürlich immer auch, wie die Vereinigten Staaten als Weltmacht damit umgehen – die verschiedenen Administrationen in Washington boten da immer wieder Anlass zu Kritik, in sehr unterschiedlichem Ausmaß und Tonfall. Gerade Lewis zeigt dabei weder in dem Podcast noch im Gespräch mit anderen Medien allzu große diplomatische Zurückhaltung.

Wer diesen Podcast hört, war zuletzt weder von Nordkoreas Raketen-Tests noch von Russlands Ausstieg aus dem New-Start-Abkommen überrascht. Denn Folge um Folge (die in unregelmäßigen Abständen erscheinen) wird darin sehr detailliert und realistisch analysiert, wie es um atomare und konventionelle Auf- und Abrüstung weltweit steht. Im Fokus stehen dabei sowohl politische Strategien als auch technische Fähigkeiten der verschiedenen Mächte (und wie beides zusammenpasst, oder eben auch nicht).

Gerade die technische Betrachtung ist sehr detailliert: Es ist der Forschungsgegenstand der Beteiligten, aus öffentlich zugänglichen Informationen („open source intelligence“) Rückschlüsse auf den aktuellen Stand der Waffenentwicklung verschiedener Staaten zu ziehen. Wer in diesem Bereich über Expertise verfügt oder noch tiefer einsteigen möchte, kann dies auch im Austausch mit den Autor:innen in einem eigenen Forum tun.

Freilich hat dieses tief in der Materie steckende Format (eben eines von und für „Wonks“) auch seine Schwierigkeiten: Den Diskussionen zu folgen, ist inmitten von Raketennamen, abgekürzten Institutionen und technischem Jargon nicht immer leicht. Die politische Relevanz der Details verschiedener Waffen- und Verteidigungssysteme ist ohne viel Vorwissen teils nicht unmittelbar verständlich.

Und auch nach einer längst dreistelligen Anzahl von Episoden könnte – ganz trivial – die Audioqualität oft besser sein. Apropos: Vielleicht zeigt sich gerade darin, Informationen aus solchen spezialisierten Formaten aufzunehmen und sie leichter zugänglich zu machen, dann auch wieder der Wert klassischer journalistischer Medien.

Aber auch, wenn Berechnungen der Flugkurven und Reichweiten von Interkontinentalraketen über den eigenen Kopf hinweg gehen, kann man aus den Diskussionen wichtige Lehren ziehen. Eine davon ist, die technischen Fähigkeiten von Staaten wie Nordkorea nicht aus Arroganz zu unterschätzen. Eine andere, ihre strategischen Ziele, taktischen Überlegungen und interne Logik nicht als komplett irrational abzutun, auch wenn das angesichts bizarr wirkender Eigen- oder Fremddarstellung vielleicht naheliegen könnte. Und schon das ist ein hilfreicher Beitrag zum politischen Diskurs.

Hier geht es zur Webseite des Blogs und Podcasts.

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