+++ 16.00 Uhr: Die SPD steckt bereits tief in den Vorbereitungen für die Koalitionsverhandlungen um eine Ampelkoalition mit den Grünen und die FDP. Laut einem SPD-internen Papier mit der Überschrift „AG Struktur“, das dem Redaktionsnetzwerk Deutschland vorliegt, haben die Sozialdemokraten schon einige Verhandler:innen beschlossen, die in den Arbeitsgruppen der Koalitionsverhandlungen die Interessen der SPD vertreten sollen.
Demnach sind die Hauptverhandlungsgruppe sechs Politiker:innen, die bereits für die SPD mit Grünen und FDP sondiert haben: Olaf Scholz, die Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und Generalsekretär Lars Klingbeil.
SPD-Vize Kevin Kühnert wird die Themen Bauen und Wohnen verhandeln. Die Verhandlungsgruppe für innere Sicherheit hat gleich zwei prominente Namen: Justizministerin Christine Lambrecht und Europaabgeordnete Katarina Barley. In der Gruppe für Klima, Energie und Transformation soll SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch Verhandlungsführer sein, Unterstützung erhält er vom niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil und Umweltministerin Svenja Schulze.
Carsten Schneider, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, soll die Verhandlungsgruppe Wirtschaft leiten. Zwei bekannte Politiker bleiben bei ihren Ressorts: Arbeitsminister Hubertus Heil führt demnach die Verhandlungen über das Thema Arbeit, Außenminister Heiko Maas ist Verhandlungsführer für Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik. Laut RND wird SPD-Vize Serpil Midyatli die Verhandlungen für Kinder, Familie und Jugend leiten. Die saarländische SPD-Chefin Anke Rehlinger verhandelt das Thema Mobilität. Der nordrhein-westfälische SPD-Vorsitzende Thomas Kutschaty wird Verhandlungsführer für das Thema moderner Staat.
Insgesamt sind in dem Papier 22 Verhandlungsgruppen aufgeführt, darunter auch digitale Innovationen und digitale Infrastruktur. Laut RND können sich aber noch Änderungen ergeben.
+++ 13.25 Uhr: Die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP sollen Ende dieser Woche starten. Ein exakter Zeitpunkt steht laut Annalena Baerbock allerdings noch nicht fest, wie sie am Dienstagmorgen im ZDF-„Morgenmagazin“ erklärte: „Wir werden jetzt schauen, ob es Donnerstag, früh, spät oder wann auch immer ist. Das klären wir gerade in diesem Augenblick.“
Ein Aspekt, der in den Sondierungsgesprächen kontrovers diskutiert wurde, war die Finanzierung der angestrebten Projekte, wie beispielsweise der verstärkte Klimaschutz. Laut Baerbock ist bereits geklärt, wie die politischen Planungen bezahlt werden sollen: In den Sondierungen sei darüber gesprochen worden, „dafür auch mögliche Kredite, die im Rahmen der Schuldenbremse möglich sind, entsprechen aufzunehmen für die Investitionen, die wir brauchen“, so Baerbock. Jährlich seien bis zu 50 Millionen Euro nötig, um die anstehenden Aufgaben zu bewältigen und „das Land zu modernisieren“.
Die von Baerbock angesprochene Schuldenbremse spielt eine entscheidende Rolle in der Finanzierungsfrage. Sie schränkt die Ampel-Parteien maßgeblich ein (s. Update v. 13.00 Uhr).
+++ 13.00 Uhr: In ihrem Sondierungspapier bekennen sich die Ampel-Parteien zur Schuldenbremse. Zukunftsinvestitionen sollen „im Rahmen der grundgesetzlichen Schuldenbremse“ ermöglicht werden, besonders für Klimaschutz, Digitalisierung und Bildung. Zugleich sollen Einkommen-, Unternehmen- und Mehrwertsteuer nicht erhöht werden, auch neue Substanzsteuern wie eine Vermögensteuer sind nicht geplant. Für die Finanzierung der milliardenschweren Ampel-Vorhaben ist somit ein enger Rahmen gesteckt – ein Überblick:
Update vom Dienstag, 19.10.2021, 7.30 Uhr: Die Grünen rechnen mit schwierigen Verhandlungen über eine mögliche Ampel-Koalition. „Es gibt eine gute Grundlage, aber uns stehen noch harte Verhandlungen bevor“, sagte Grünen-Vize Ricarda Lang mit Blick auf die anstehenden Gespräche mit SPD und FDP dem Handelsblatt: „Natürlich werden wir bei der Finanzierung, dem Klimaschutz oder etwa der Sozialpolitik noch vieles mit SPD und FDP klären müssen.“
Auch die Bundestagsabgeordnete Claudia Roth erwartet harte inhaltliche Auseinandersetzungen um die Details des geplanten Regierungsbündnisses. Forderungen der FDP-Politiker Marco Buschmann und Wolfgang Kubicki, das Finanzministerium an Liberalen-Chef Christian Lindner zu vergeben, wies Roth als unpassend zurück. „Das ist eine Dissonanz, die den Sound, der bisher wirklich gut war, stört“, sagte sie. „Erst einmal verhandeln wir jetzt über die Inhalte, die Ressortaufteilung folgt zum Schluss.“ Lang und Roth gehören beide dem Sondierungsteam der Grünen an.
+++ 15.30 Uhr: FDP-Chef Christian Lindner ist verhalten optimistisch, was die Verhandlung zu einer möglichen Ampelkoalition angeht: „Die Ampelkoalition wäre ein Zweckbündnis“, so Lindner nach einer Sitzung der Führungsgremien der Liberalen am Montag in Berlin. Er betonte, man sehe am Wahlergebnis der Bundestagswahl eindeutig, dass ein „Linksrutsch“ in Deutschland von den Wähler:innen nicht gewünscht sei. Daher müsse eine Ampel-Regierung eine Regierung der Mitte sein.
Der FDP sei klar, dass es „große inhaltliche Unterschiede“ zwischen den drei Parteien gebe, sagte Lindner. Deutschland brauche aber eine stabile Regierung und dürfe nicht führungslos sein. Die Liberalen dürften sich jedoch „keiner Illusion“ hingeben, dass es noch deutliche Bewertungsunterschiede der Ampel-Parteien bei bestimmten Themen gebe. Dies erfordere von allen Seiten „Bereitschaft zu neuem Denken“. Man sei voller Zuversicht und Tatendrang, verspricht der FDP-Bundesvorsitzende.
+++ 14.45 Uhr: Als letzte der drei Ampel-Parteien hat die FDP der Aufnahme formeller Koalitionsverhandlungen zugestimmt. Bundesvorstand und Bundestagsfraktion votierten am Montag einstimmig für die Aufnahme der Gespräche zur Bildung einer Regierung mit SPD und Grünen, wie aus Parteikreisen verlautete. Für 15.00 Uhr ist eine Pressekonferenz der FDP-Spitze angekündigt. Parteichef Christian Lindner hatte am Wochenende nachdrücklich für das Ampel-Bündnis geworben.
Am Sonntag hatte ein Länderrat der Grünen für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen gestimmt, bereits am Freitag hatte sich der SPD-Vorstand dafür ausgesprochen. Spitzenvertreter der drei Parteien hatten zuvor an mehreren Tagen Sondierungsgespräche geführt und schließlich am Freitag ein zwölfseitiges Ergebnispapier präsentiert.
Wann genau die Koalitionsverhandlungen starten, ist noch unklar. Möglicherweise beginnen sie bereits in der laufenden Woche.
+++ 14.29 Uhr: Vertreterinnen und Vertreter der FDP haben den Weg für Koalitionsverhandlungen mit der SPD und den Grünen freigemacht. Einen entsprechenden Beschluss fassten am Montag der Bundesvorstand und die neugewählte Bundestagsfraktion, wie die Deutsche Presse-Agentur von Teilnehmern einer Sitzung erfuhr.
+++ 11.30 Uhr: Führende FDP-Politiker lehnen die von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz angekündigte strikt paritätische Besetzung des Kabinetts einer rot-grün-gelben Bundesregierung ab. „Bei der Besetzung von Kabinettsposten sollte immer die Qualifikation und die Fähigkeit, ein Ministerium zu führen, eine Hauptrolle spielen“, sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Starre Quotenregelungen sind in der Regel kontraproduktiv, weil sie Menschen auf äußere Merkmale reduzieren.“
Es sei deshalb auch möglich, dass mehr Frauen als Männer im Kabinett säßen. Scholz hatte im Wahlkampf stets betont, sein Kabinett werde zu gleichen Teilen mit Frauen und Männern besetzt sein.
Berlin – Die Bundestagswahl 2021* ist nun drei Wochen her, und SPD*, Grüne und FDP stehen kurz vor Koalitionsverhandlungen. Als letzte der drei Parteien wollen an diesem Montag (18.10.2021) über die Aufnahme von Koalitionsgesprächen für eine neue deutsche Regierung entscheiden. Parteichef Christian Lindner* rechnet fest mit Zustimmung: „Scheitern ist hier keine Option“, sagte Lindner am Sonntagabend im ZDF*. „Wir brauchen eine stabile Regierung in Deutschland. Sie sollte auch schnell gebildet werden.“
Wenn die Spitzengremien der FDP zustimmen, ist der Weg für Koalitionsverhandlungen frei. Nachdem der SPD-Vorstand am Freitag einstimmig für formelle Gespräche über eine Ampel-Koalition* votiert hatte, stimmte am Sonntag auch ein kleiner Parteitag der Grünen* bei zwei Nein-Stimmen und einer Enthaltung zu. Die Verhandlungen könnten schon in wenigen Tagen beginnen.
Christian Lindner äußerte die Erwartung, dass in der neuen Bundesregierung ein Ministerium geschaffen wird, das sich federführend um den Klimaschutz kümmert. „Das ist aber keine bereits bestehende Verabredung“, betonte er im ZDF. Zuvor hatte er in der ARD* gesagt: „Es gibt das Bundeskanzleramt, es gibt das Finanzministerium, es gibt ein neues Klimaministerium. Und ich bin der Meinung, jeder der Partner muss eine Möglichkeit haben, auch gestalterisch zu wirken.“
Damit bekundete der FDP-Chef erneut sein Interesse am Finanzministerium. Parteifreunde wie Wolfgang Kubicki und Marco Buschmann hatten zuvor offen für Lindner als Finanzminister geworben. Das Thema Klimaschutz gilt als Kernthema der Grünen; ins Kanzleramt wird im Fall einer Ampel-Koalition SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz* einziehen, der das Finanzressort bisher geführt hat.
Im TV-Sender von Springer (Bild) erklärte Lindner, dass nicht die Stärke der Fraktionen von Grünen und FDP* darüber entscheide, wer den nächsten Bundesfinanzminister stellt. „Es ist auch nicht so, dass es einfach danach geht, welche Prozentpunkte erreicht worden sind“, sagte er auf eine entsprechende Frage. In einer Ampel-Koalition würden die Liberalen die kleinste Fraktion stellen.
Bei den Grünen stießen die Personalspekulationen auf Verärgerung. Parteichef Robert Habeck* bezeichnete sie als „nicht hilfreich“. „Es gehört zur Fairness, zum guten Ton und auch zur politischen Klugheit, das jetzt nicht zu tun. Man erhöht im Zweifelsfall nur die eigene Fallhöhe“, sagte er in der ARD. Grüne und FDP hätten sehr unterschiedliche finanzpolitische Vorstellungen. „Das Vertrauen, dass das dann passiert, wie es verabredet ist, muss sich erst noch beweisen, auch in den Koalitionsgesprächen.“
Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz hatte als eine von mehreren Grünen zuvor allerdings selbst für Habeck als Bundesfinanzminister geworben. Er könne sich niemand besseren in diesem Amt vorstellen, schrieb er auf Twitter.
Am Freitag hatten die Unterhändler der Parteien ihre Sondierungen beendet und ein Ergebnispapier vorgestellt. Danach soll es keine Steuererhöhungen geben und die Schuldenbremse eingehalten werden. Der gesetzliche Mindestlohn soll auf 12 Euro pro Stunde steigen. Beim Klimaschutz sind unter anderem ein beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien und ein Kohleausstieg im Idealfall schon bis 2030 geplant.
Scholz und Lindner wiesen den Vorwurf zurück, die potenziellen Regierungspartner hätten die Finanzierbarkeit ihrer Vorhaben nicht geklärt. Es gehe um einen großen Aufbruch, die Modernisierung des Landes, sagte Scholz im ZDF. Dabei gehe es zu einem erheblichem Teil darum, privatwirtschaftliche Investitionen zu ermöglichen.
Klar sei aber auch, dass man „zusätzliche Mittel mit öffentlichen Investitionen“ bereitstellen müsse. „Es geht also darum, die Dinge richtig zu kombinieren“, betonte Scholz. Zu Vorschlägen, öffentliche Investitionsgesellschaften einzurichten, verwies er darauf, dass es so etwas längst gebe. Als Beispiel nannte er die Deutsche Bahn und die KfW. „Insofern ist das nur die Beschreibung eines Prinzips, das es schon gibt und das in den Rahmen der Handlungsmöglichkeiten mit einbezogen werden muss.“ (ktho/tu mit AFP/dpa) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.