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Grüne pochen auf schnelle Endlagersuche für Akw-Müll – „Bleibt für 30.000 Generationen gefährlich“

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Von: Andreas Schmid

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Nach 60 Jahren endet die Atomkraft-Ära in Deutschland. Die jahrzehntelange Diskussion um die umstrittene Energieart dauert bis zum letzten Tag fort. Auch wegen der Endlagersuche.

Gorleben – Am Samstag werden die drei letzten deutschen Atomkraftwerke abgeschaltet. Deutschland geht in diesem Zusammenhang einen Sonderweg. Während die letzten Meiler endgültig vom Netz gehen, setzen viele Länder in Europa verstärkt auf AKWs und bauen teils sogar neue Reaktoren. In Deutschland ist der AKW-Ausstieg jedoch beschlossen, trotz Widerstand aus FDP und Union. Grüne und SPD loben den Beschluss, doch ein Streitpunkt bleibt: die Suche nach einem Endlager.

Atommüll: „Abfälle, die noch für 30.000 Generationen gefährlich bleiben“

Laut Umweltministerin Steffi Lemke ist das Finden eines geeigneten Standorts eine „teure Jahrhundertaufgabe“, schrieb die Grünen-Politikerin in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel. „Wir haben etwa drei Generationen lang Atomkraft genutzt in unserem Land und dabei Abfälle produziert, die noch für 30.000 Generationen gefährlich bleiben“, meinte Lemke. „Diese Verantwortung übergeben wir an unsere Enkel, Urenkel und noch viele weitere Generationen.“

1979, Demonstration gegen die Nutzung der Kernenergie, die sich gegen geplante Kernenergieanlagen bei Gorleben im Landkreis Lüchow-Dannenberg richtete.
Eine Demonstration bei Gorleben gegen die Nutzung der Kernenergie im Jahr 1979. © IMAGO / Friedrich Stark

Erstmals startete die Suche nach einem Endlager in Deutschland 1963 - doch egal, wo ein Standort auch nur in die engere Auswahl kam, sofort wurden Proteste und Zweifel laut. Kein anderer Ort in Deutschland ist derart mit dem Protest verbunden wie das kleine Örtchen Gorleben in Niedersachsen. Als der Salzstock unweit der damaligen Grenze zur DDR 1977 als Endlager ausgewählt wurde, formierte sich eine Gegenbewegung, die am Ende auch zur Gründung der Grünen beitrug. 2013 wurde das Projekt beendet.

Allein die Menge hochradioaktiver Abfälle aus Brennelementen wird in Deutschland auf rund 10.500 Tonnen geschätzt. Ursprünglich sollte bis 2031 ein Endlager gefunden werden. Im vergangenen November hatte das Bundesumweltministerium mitgeteilt, dass sich die Suche verzögern werde. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) will bis zur zweiten Jahreshälfte 2027 einen Vorschlag zur Eingrenzung der Suche auf bestimmte Regionen vorlegen.

Endlagersuche: Niedersachsen geeignet

Die Bundesgesellschaft für Endlagerung stellte 2020 einen „Zwischenbericht Teilgebiete“ vor. Darin enthalten sind rund 90 Gebiete in Deutschland – und damit mehr als die Hälfte der Landesfläche. Sie gelten als grundsätzlich geologisch geeignet für ein Endlager. In Niedersachsen wären das bis zu 60 Prozent der Landesfläche, zum Beispiel Bad Zwischenahn im Ammerland, die Siedlungswüstung Wahn im Landkreis Aschendorf-Hümmling oder Sumte in Amt Neuhaus. Das Endlager Konrad in der Nähe von Salzgitter ist zudem das erste nach Atomrecht genehmigte Endlager in Deutschland. Sobald es fertiggestellt ist, soll das Lager Platz für 303.000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktive Abfälle bieten. Niedersachsen bleibt Atomland.

Auch ohne Gorleben bietet Niedersachsen viele potenzielle Standorte für ein Atommüll-Endlager. Gerade die Tonvorkommen und Salzstöcke geraten dabei ins Blickfeld. Eine überirdische Lagerung wäre in alten Kernkraftwerken sowieso möglich.
Auch ohne Gorleben bietet Niedersachsen viele potenzielle Standorte für ein Atommüll-Endlager. Gerade die Tonvorkommen und Salzstöcke geraten dabei ins Blickfeld. Eine überirdische Lagerung wäre in alten Kernkraftwerken sowieso möglich. © Grafik: noz

Auch Flächen in Bayern gelten als geeignet. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sieht das jedoch anders. Er spricht sich zwar für Atomkraft aus, will allerdings kein Endlager im Freistaat haben. „Wir sind überzeugt, dass Bayern kein geeigneter Standort für ein Atomendlager ist“, heißt es im Koalitionsvertrag der bayerischen Staatsregierung aus CSU und Freien Wählern.

Mehr Tempo bei Endlagersuche: „Darf keine Jahrzehnte dauern“

Grüne und SPD dringen auf mehr Tempo bei der Endlagersuche für Atommüll. „Der Zeitraum muss für die Menschen greif- und überschaubar sein und darf deshalb auch keine Jahrzehnte dauern“, sagte der umweltpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Träger der Welt.

Auch der Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, der Grünen-Politiker Harald Ebner, sagte, das Ziel, den hochradioaktiven Atommüll so schnell und so sicher wie möglich untertage zu bringen, dürfe nicht aus dem Blick geraten. Dennoch gelte „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“. Ein Endlager gibt es nach jahrzehntelanger Suche immer noch nicht. (as/dpa)

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