„Russen ziehen sich zurück“: Bericht lässt nun auf Strategie-Wechsel in Putins Armee schließen
Geben die Russen auf und ziehen sich zurück? Es gibt Meldungen über aufgegebene Stellungen in der Ostukraine. Möglich ist auch eine Großoffensive der Ukraine.
Kiew / München – Zieht sich die russische Streitmacht zurück? Offenbar hat die Armee von Wladimir Putin in der Ukraine damit begonnen, viele Stellungen aufzugeben. Das berichtet die als Kreml-kritisch bekannte russische Zeitung Nowaja Gazeta. Konkret heißt es dort: „Die Russen ziehen sich zurück“. Bedeutet dies einen Wendepunkt im Ukraine-Krieg, oder handelt es sich eher um einen strategischen Kniff des Aggressors?
Wende im Ukraine-Krieg? Moskau fürchtet offenbar ukrainische Offensive in Bachmut
Es geht um Positionen in der Ost-Ukraine: Wuhledar, Awdijiwka und Nowoselowka. In Wuhdelar gibt es einen riesigen Panzerfriedhof, der vom russischen Scheitern zeugt. Auch im seit Wochen umkämpften Bachmut gibt es laut der Zeitung Vorbereitungen für einen russischen Abzug. Eilig aber scheinen es die Russen nicht zu haben, denn die Vorbereitungen würden „sehr langsam“ passieren. Auch die Denkfabrik Institute Study of War (ISW) hatte festgestellt, dass es die russische Offensive in Bachmut kaum noch Fortschritte macht. Ebenso gab Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin eine düstere Prognose über die russische Stellung in Bachmumt.
Dies aber könne laut Nowaja Gazeta darauf hindeuten, dass sich Moskau auf eine bevorstehende ukrainische Offensive vorbereitet, denn auch Schlüsselpositionen für eigene Angriffe werden demnach aufgegeben, um stattdessen bessere Verteidigungspositionen zu besetzen und die Frontlinie zu verkürzen. So seien die Truppen beispielsweise bei Awdijiwka nicht imstande gewesen, weiter vorzurücken, da sie ihre personellen und materiellen Ressourcen erschöpft hatten.

Wende im Ukraine-Krieg? Putins „Offensive gescheitert – Verluste waren hingegen sehr bedeutend“
Eine Erklärung liefert auch der Militärexperte Juri Fjodorow. Auf dem YouTube-Kanal von Kreml-Kritier Alexej Nawalny sagt er: „Einerseits hat die russische Militärführung verstanden, dass ihre Offensive gescheitert ist. In dem Sinne gescheitert, dass die russische Armee keine bemerkenswerten Erfolge erzielen konnte. Die Verluste waren hingegen sehr bedeutend.“
Fjodorow weiter: „Wenn man große Kontingente bei Bachmut oder Awdijiwka gebunden hat und es keine großen Chancen auf Erfolg hat (...) muss man sie zurückziehen, um eine Offensive zurückzuschlagen. (...) Das heißt, dass man die Kräfte so konzentrieren muss, dass man in der Lage ist, Flankenangriffe auf den Gegner durchzuführen.“
Folgt eine Großoffensive der Ukraine? Russische Truppen „ziehen sich zurück“
Der Chef des Centre for Military and Legal Studies, der Ukrainer Alexander Musienko, sagte, Russlands Truppen hätte „ihr Offensivpotenzial ausgeschöpft“ und gehen nun „zu einer defensiven Strategie über und ziehen sich auf zuvor vorbereitete Linien zurück.“ Während der wenig erfolgreichen Winter-Offensive war demnach ein großer Teil des Heeres bereits damit beschäftigt, befestigte Gebiete und Verteidiungslinien zu schaffen. Ein anderer ukrainischer Kriegsexperte, Roman Svintan, sieht die Ukraine noch bis Ende des Monats in der Vorbereitung für eine Großoffensive zur Befreiung der Ukraine.
Der ukrainische Militärfachmann Oleg Schdanow dagegen glaubt nicht daran, dass Russland in der Defensive ist. Er macht für die nachgelassene Intensität eher das schlammige Wetter verantwortlich und sagt, von Rückzügen könne keine Rede sein. Es wird seit geraumer Zeit über Möglichkeiten, wie der Krieg in der Ukraine zu Ende geht, spekuliert. Ein Experte sieht Russlands Niederlage noch im Jahr 2023 kommen. Er stellte eine überraschende Prognose für das Land auf.(cgsc)