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Afghanistan: Familien verkaufen Töchter, um an Lebensmittel zu kommen

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Von: Max Schäfer

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Ein Mädchen in Afghanistan sitzt in einem Klassenzimmer.
Sobald die Mädchen in Afghanistan verheiratet sind, haben sie so gut wie keine Chance mehr auf ein selbstbestimmtes Leben © Oliver Weiken/dpa

Die humanitäre Krise treibt Menschen in Afghanistan dazu, ihre Töchter zu verkaufen. Für die Mädchen hat das fatale Konsequenzen.

Badghis – Die Hungerkrise in Afghanistan verschärft sich weiter. 93 Prozent der Haushalte haben laut UN-Zahlen nicht genug zu essen, die Grundversorgung steht vor dem Zusammenbruch. Angesichts des kommenden Winters fordern die Taliban und Hilfsorganisationen erneute Unterstützung für das Land am Hindukusch, nachdem die internationale Gemeinschaft die Entwicklungshilfe nach der Machtübernahme der Taliban eingestellt hatten.

Afghanistan: Vor allem Mädchen von steigender Hungerkrise in Afghanistan betroffen

Im September 2021 beschlossen zahlreiche Staaten Hilfszahlungen in Höhe von etwa einer Milliarde Euro, wovon etwa 600 Millionen Euro den dringendsten Bedarf der Menschen in Afghanistan decken sollen. Die Geldgebernationen machten jedoch klar, dass eine weitere Zusammenarbeit mit dem Taliban-Regime von deren Umgang mit ausländischen Helfenden, Frauen, Kindern und Minderheiten abhänge.

Isabelle Moussard Carlsen vom UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten und Heather Barr, Frauenrechtlerin bei Human Rights Watch, sehen zwar die Notwendigkeit, die Taliban für Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen. Je länger Afghanistan ohne Entwicklungshilfe und Finanzhilfen auskomme, desto mehr Menschen drohe der Hungertod, warnen sie gegenüber CNN. Es seien vor allem die Armen und Schwachen, die unter den ausbleibenden Zahlungen litten.

Afghanistan: Immer mehr Familien verkaufen aus Verzweiflung ihre Töchter

In Afghanistan sind das vor allem Mädchen, die von ihren Familien verkauft werden. Die Zahl der Familien, die ihre Kinder verkaufen, nehme Tag für Tag zu, sagt Menschenrechtsaktivist Mohammad Naiem Nazen. Zu wenig Essen und zu wenig Arbeit seien die Gründe für die Entscheidung. Die zum Teil sehr verschuldeten Familien glauben, sie müssten das tun. Das Geld reiche jedoch auch nur einige Monate, berichtet CNN.

Hochzeiten unter 15 Jahren sind in Afghanistan zwar illegal. Dennoch sind sie weit verbreitet, besonders in ländlichen Gegenden und in Lagern für Vertriebene. Seit der Machtübernahme der Taliban nehme der Verkauf von Kindern weiter zu, so CNN.

Afghanistan: „Es ist eine absolute Katastrophe“

„Es ist eine absolute Katastrophe“, sagte Heather Barr gegenüber CNN. „Wir haben keine Monate oder Wochen, um den Notfall zu verhindern. Der Notfall ist bereits eingetreten.“ Besonders akut sei das Problem für Mädchen, die nicht mehr zur Schule gehen dürfen. „Sobald ein Mädchen aus der Schule ausscheide, wird es plötzlich wahrscheinlicher, dass sie verheiratet wird“, sagte Barr. Wenn ein Mädchen als Ehefrau verkauft worden ist, liegen ihre Chancen auf Bildung oder ein selbstbestimmtes Leben bei null. Die Unsicherheit und steigende Armut treibe viele Mädchen auf den Heiratsmarkt.

Die verheirateten Mädchen müssen dann mit viel älteren Männern zusammenleben und für sie im Haushalt arbeiten. Das Kinderkriegen ist für die Mädchen ebenfalls ein großes Risiko. Wegen ihrer noch unterentwickelten Körpern drohen ihnen Komplikationen bei der Geburt. Die Sterblichkeitsrate im Zusammenhang mit Schwangerschaften ist in der Altersgruppe zwischen 15 und 19 doppelt so hoch, wie in der Gruppe der Frauen im Alter von 20 bis 24.

Afghanistan: Auch Taliban wollen Verkauf von Kindern bekämpfen

Auch die Taliban wollen jedoch den Verkauf von Kindern verhindern. Sie wollen mehr Nahrung verteilen, damit die Familien nicht mehr ihre Kinder verkaufen müssen, erklärte ein Taliban-Anführer aus der Region Badghis gegenüber CNN. Danach drohen Familien schwere Konsequenzen: Wer dann noch seine Kinder verkaufe, komme ins Gefängnis, so Sprecher Mawlawai Jalaludin. (Max Schäfer)

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