Fast alle, die Al-Kaida geholfen haben, sind wieder an der Macht und „eng mit Taliban verbunden“

In Afghanistan mischt nun auch das weltweit operierende Terrornetzwerk Al-Kaida mit. Darunter der Anführer der ehemaligen „Black Guards“ von Osama bin Laden. Die Taliban begrüßen sie herzlich.
Kabul – Innerhalb kürzester Zeit übernahmen die Taliban fast kampflos Afghanistan. Nach ihrer Machtübernahme betonte die radikale Miliz immer wieder, dass von dem Land keine Terrorgefahr ausgehen würde. Nun wurde auch dieses Versprechen gebrochen: Mit Hunderten von Fahrzeugen kehrten Al-Kaida-Unterstützer zurück nach Dschalalabad, einer afghanischen Stadt etwa 160 Kilometer östlich von Kabul.
Mit dabei war auch Anwar Ul Haq Mujahid, der von den Taliban bei dessen Ankunft freudig begrüßt und bejubelt wurde. Er war einer der Anführer der ehemaligen „Black Guards“ von Osama bin Laden, der 2001 bei der Planung seiner Flucht vor den heftigen US-Bombardierungen auf Tora Bora half und dessen Untergebene nach Guantanamo Bay ins Gefängnis geschickt wurden. Wie das Nachrichtenportal The Daily Beast erfuhr, soll Anwar Ul Haq Mujahid nun wieder verantwortlich für die Taliban-Kämpfer im Osten Afghanistans sein.
Afghanistan: Al-Kaida unterstützt Taliban-Regierung
Auf das Versprechen der Taliban war erneut kein Verlass. Ihre Ankündigung, dass sich keine Terrorgruppen in Afghanistan ausbreiten würden, erwies sich als Schall und Rauch. Ein kürzlich abgesetzter hochrangiger afghanischer Geheimdienstbeamte beklagte, dass Anwar Ul Haq Mujahid wieder zum Machtsitz seiner Familie zurückgekehrt sei und einen „heroischen Empfang in Dschalalabad“ erlebt habe: „Jeder, der 2001 eng mit Al-Kaida zusammengearbeitet hat, ist wieder in seinem Gefolge. Er ist nun sowohl für die Taliban als auch für ausländische Kämpfer im Osten Afghanistans verantwortlich.“
Ein hochrangiger UN-Funktionär und ein schweizerisch-italienischer Journalist, der sich in der Provinz aufhielt, bestätigten die Rückkehr Anwars nach Dschalalabad sowie seine Rolle als Militärkommandant am Freitag (17.09.2021). Laut diesen Angaben wurde der Anführer der „Tora Bora Front“ täglich in der weitläufigen Empfangshalle seines Clans auf afghanischen Teppichen gesehen, während Hunderte von Kämpfern und Dorfbewohnern zu ihm nach Hause strömten, um seinen Ratschlägen zur Umsetzung der Scharia zu lauschen.
Terrorismus: Al-Kaida Anführer wollen in Afghanistan neue Autorität ausüben
Zusammen mit dem früheren „Black Guard“ Amin ul Haq dürfte sich Anwar nun die Autorität in Afghanistan teilen. Allein ihre Anwesenheit in Dschalalabad, Bin Ladens alter Heimatstadt, sei ein Beweis für die fehlgeleiteten Bemühungen der USA, den Terror in Afghanistan zu beseitigen, sagten die beiden Insider dem Daily Beast. Während zahlreiche Afghanen, insbesondere Hazara-Minderheiten, im benachbarten Pakistan Zuflucht suchten, seien sie von schweren Schikanen und „Einschüchterungen durch Soldaten unter dem Kommando der beiden Männer“ betroffen gewesen. Das Ziel der beiden Al-Kaida-Kommandeure sei, unpopuläre Scharia-Gesetze durchzusetzen“.
Beide Anführer von Al-Kaida haben Hunderte von Kämpfern unter ihrem Kommando, auch wenn einige Afghanen wütend darüber seien, dass ihre ehemaligen Peiniger aus Pakistan zurückkehren durften, wo sie nach der US-Invasion Zuflucht gesucht hatten. Auch der pakistanische Geheimdienst (ISI) wurde lange Zeit beschuldigt, Bin Laden in einem bewachten Gelände nahe ihrer Militärakademie in Abbottabad beherbergt zu haben, bis er 2011 bei einem unangekündigten Angriff der US-Spezialkräfte getötet wurde.

„Al-Kaida bleibt in Afghanistan und ist eng mit den Taliban verbunden“
Die Verbindung zwischen Taliban und Al-Kaida wurde bereits nach der Machtübernahme in Afghanistan deutlich, als Al-Kaida die Taliban mit einer Videobotschaft beglückwünschten. Trotzdem würden die Taliban weiterhin leugnen, dass sie mit Al-Kaida verbündet seien, während sie Unterstützung aus dem Westen einholen, sagten afghanische, US-amerikanische und UN-Quellen.
„Al-Kaida bleibt in Afghanistan und ist eng mit den Taliban verbunden. Dies sind Tatsachen, die von den Vereinten Nationen und anderen dokumentiert werden“, sagte Ronald Neumann gegenüber The Daily Beast. Der ehemalige US-Botschafter in Afghanistan fügte hinzu: „Al-Kaida-Gruppen feiern bis nach Nordafrika den Sieg der Taliban in Afghanistan.“
Trotz der Zusicherungen des US-Außenministers glauben viele Analysten, dass es wenig Hoffnung gibt, der breiten afghanischen Öffentlichkeit zu helfen, solange die Taliban an der Macht sind. „Die internationale Gebergemeinschaft geht ein großes Risiko ein, wenn sie davon ausgeht, dass die Taliban die Hilfe neutral und bedarfsorientiert verteilen werden“, sagte der Politikwissenschaftler Jonathan Terra dem Daily Beast. „Sie sind eine brutale, eigennützige, meist ethnisch paschtunische pakistanische Stellvertreterregierung, deren Anführer nur durch finanzielle Unterstützung, Zuflucht und die Rückendeckung der pakistanischen Streitkräfte an die Macht gelangen konnten.“ (Yasemin Kamisli)