Politisch Verfolgte: Fachleute warnen vor Abschiebungen in die Türkei
Forderungen nach einem Ende der Abschiebungen in die Türkei werden laut. Denn dort droht den Betroffenen meist langjährige Haft.
Frankfurt – Experten und Expertinnen und Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Abschiebungen politisch Verfolgter in die Türkei. Den Betroffenen drohen in dem Land langjährige Haft und auch Folter. Viele der Kritiker von Präsident Recep Tayyip Erdogan und seiner Regierungspartei AKP werden wegen Terrordelikte angeklagt. Sie trifft es besonders hart.

„Begriff Terrorismus in der Türkei sehr weit gefasst“
„Politisch Verfolgte bekommen in der Türkei kein faires Verfahren. Das betrifft vor allem diejenigen, die in dem Land mit Terrorismus in Verbindung gebracht werden, warnt Dündar Kelloglu vom Flüchtlingsrat Niedersachsen. Der Rechtsanwalt vertritt mehrere Fälle von Asylsuchenden aus der Türkei in seiner Kanzlei in Hannover. Man dürfe nicht außer Acht lassen, dass der Begriff „Terrorismus“ in der Türkei sehr weit gefasst sei, so Kelloglu im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau.

„Abschiebungen 2021 gegenüber Vorjahren sprunghaft angestiegen“
Auch bei Dr. Kerem Schamberger von der Menschenrechtsorganisation „medico international“ stoßen die Abschiebungen in der Türkei auf Unverständnis. „Die Zahl der Abschiebungen in die Türkei ist 2021 gegenüber den Vorjahren sprunghaft angestiegen. Und das obwohl die Bundesregierung zugibt, dass die Situation in der Türkei für linke und kurdische Oppositionelle höchst besorgniserregend ist und sich ständig verschlechtert. Trotzdem lehnt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Anträge auf Asyl von kurdischen Geflüchteten ständig ab“, kritisiert Schamberger gegenüber der Frankfurter Rundschau.

Toprak: „Betroffene bekommen in der Türkei kein rechtsstaatlichen Verfahren“
Auch der Vorsitzende der Kurdischen Gemeinde Deutschland, Ali Ertan Toprak, warnt vor einer Abschiebung in die Türkei: „Die Türkei ist kein Rechtsstaat. Die Betroffenen bekommen in dem Land kein rechtsstaatliches Verfahren. In so ein Land darf man nicht abschieben“, so Toprak auf Anfrage unserer Redaktion.

Dass die Bundesregierung offenbar die Abschiebungen in der Türkei nicht stoppt, stößt dabei auf Unverständnis. „Die neue Bundesregierung hatte sich bei ihrem Amtsantritt den Menschenrechten verschrieben. Daran sollte sie erinnert werden“, sagt Toprak. (Erkan Pehlivan)