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Ronna, Quetta, Ronto, Quecto: Neue Präfixe für extreme Zahlen

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Von: Thomas Kaspar

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Die Welt steht unter Druck, zahllose Krisen muss die Menschheit bewältigen. Dabei bedeutet das Wort Krise in seinem ursprünglichen Wortsinn nicht nur Höhe-, sondern auch Wendepunkt.
Ein Ronnagramm: Durch die neuen Präfixe lässt sich mit einem einzigen Wert annäherungsweise beschreiben, wie viel die Erde wiegt © Boris Roessler/dpa

Das Internationale Einheitensystem SI wird erstmals seit 1991 erweitert. Vier neue Vorsilben vergrößern den Wortschatz um sehr große und sehr kleine Messeinheiten.

Extrem große und extrem kleine Maßeinheiten haben einen neuen offiziellen Namen: Die Generalkonferenz für Maß und Gewicht (Conférence Générale des Poids et Mesures, CGPM) hat bei ihrer Tagung im November vier neue Bezeichnungen für sehr große und sehr kleine Zahlen eingeführt. Ronna, abgekürzt R, steht für eine Eins mit 27 Nullen. Bei Quetta (Q) sind es 30 Nullen. Die bisher kleinsten Einheiten bezeichnen Ronto (r) und Quecto (q) mit jeweils 26 und 29 Nullen nach dem Komma.

Mega: Wenn wissenschaftliche Ausdrücke Umgangssprache werden

Deka, Hekto, Kilo, Mega, Giga – diese Vorsilben sind längst Teil der Umgangssprache. Dabei konnte sich etwa das erst spät eingeführte „mega“ damals kaum jemand vorstellen. Inzwischen ist es nicht nur Teil der Jugendsprache, sondern auch aus der Benennung von Messgrößen nicht mehr wegzudenken.

Wissenschaftlich werden mit diesen SI-Präfixen Potenzmultiplikationen der Zahl Zehn von der CGPM bei regelmäßigen Treffen standardisiert, um weltweit einheitliche Bezeichnungen verwenden zu können. Die Abkürzung „SI“ leitet sich vom Namen dieses Systems auf Französisch ab, Le Système International d’Unités, kurz SI. Diese Vorsilben werden dann zusammen mit Maßeinheiten verwendet: Hektoliter, Kilometer oder Gigabyte sind damit in ihrer Größe eindeutig bestimmbar.

In der Forschung und in Anwendungsgebieten wie der Datenverarbeitung sind längst größere Dimensionen nötig, weshalb immer neue Namen gesucht werden. Die Vorsilben Exa (eine Quintillion) und Peta (eine Billiarde) wurden 1975 dem Internationalen Einheitensystem hinzugefügt. Zetta (eine Sextillion) hat die Konferenz bei der vorigen Sitzung im Jahr 1991 zu den metrischen SI-Präfixen hinzugefügt. Treiber für die erneute Erweiterung sind die Datenforschung und die wachsenden digitalen Speicher. Erwartet wird, dass Anfang der 2030er Jahre jedes Jahr rund ein Yottabyte an Daten (Zehn hoch 24) produziert wird. Spätestens dann werden Ronna und Quetta als Größe nicht mehr unvorstellbar sein.

Auf der anderen Seite müssen auch immer kleinere Mengen normiert werden. Dezi, Zenti, Milli oder Nano sind im Alltag geläufig, wenn Deziliter oder Millimeter abgemessen oder mit Nano-Partikeln besonders kleine Größen beschrieben werden. In der ersten Erweiterung des internationalen Einheitensystems seit 1991 fügt die CGPM nach Femto, Atto, Zepto, Yocto in diesem Jahr die neuen, noch kleineren Multiplikatoren Ronto und Quecto hinzu. Treiber für die sehr kleinen Zahlen sind nach Auskunft des britischen Nationalen Physikalischen Labors (NPL), das die Einheiten veröffentlicht hat, vor allem die Quantenforschung und die Partikelphysik.

Bloß kein Schimpfwort: Die Namensfindung dauerte fünf Jahre

Maßgeblich für die Benennung der vier neuen Vorsilben war der britische Metrologe Richard Brown. Fünf Jahre habe er gebraucht, berichtet er dem Wissenschaftsmagazin „Nature“, um die vier neuen Vorsilben zu finden. Es sind die letzten Buchstaben, die noch im Alphabet frei sind. Mit Großbuchstaben werden traditionell die Präfixe für große Zahlen geschrieben, diese enden auf ein „a“, während die winzigen Zahlen mit kleinen Buchstaben benannt werden und mit „o“ enden. Die Vorsilben für r und R und q und Q mussten sich griechisch und lateinisch anhören, so Brown weiter. Eine frühe Fassung von „Quetta“ lautete „Quecca“. Diese musste er verwerfen, da es im Portugiesischen ein gleichlautendes Schimpfwort gibt.

Für die 27. und 30. Potenz von zehn waren bislang schon die Bezeichnungen „hella“ und „bronto“ im Umlauf, die etwa Google als Zählung verwendet hatte. Für Brown ein Horror, denn die Buchstaben werden schon für andere Einheiten verwendet. Seit der Veröffentlichung müssen diese nun ersetzt werden.

Quetta und Quecto: Was lässt sich damit eigentlich beschreiben?

Die Norm-Konferenz ist mit weltweiten Regierungsvertreterinnen und -vertretern besetzt. Sie wird vom Internationalen Büro für Maß und Gewicht veranstaltet, das 1875 gegründet wurde und die älteste internationale wissenschaftliche Einrichtung ist. Am 18. November folgten die Regierungsfachleute bei ihrer jüngsten Tagung in Paris Browns sorgfältig erarbeitem Vorschlag und machten diesen damit unmittelbar wirksam.

Bleibt noch die Frage, was eigentlich gemessen wird, was sich nur noch mit den neuen Begriffen ausdrücken lässt? Beispiele für so riesige Mengen gibt es noch nicht viele. Der Planet Erde wiegt etwa nahezu ein Ronnagramm. Oder die Masse eines Elektrons liegt bei rund einem Quectogramm. Das ist ja mega – oder wie wir ab heute sagen: total quetta!

Transparenzhinweis:

In einer früheren Fassung dieses Textes war Richard Brown als „Meterologe“ vorgestellt worden. Die ursprünglich korrekt angegebene Berufsbezeichnung „Metrologe“ ist so selten, dass sie in der veröffentlichten Fassung überschrieben wurde. Ob dies eine menschliche oder maschinelle Fehlkorrektur war, können wir nicht rekonstruieren - der Lapsus tut uns in jedem Fall leid. Richtig ist zudem, dass es 26 und 29 Nullen nach dem Komma sind und nicht wie zunächst angegeben 27 und 30.

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