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Wahre Liebe rastet nicht

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Kaiserpinguine müssen viel Wärme spenden, bis das Küken groß ist. imago images
Kaiserpinguine müssen viel Wärme spenden, bis das Küken groß ist. imago images © Imago Images

Am Sonntag ist Muttertag – unter Menschen eine gute Gelegenheit, sich für Mamas Mühen erkenntlich zu zeigen. Aber auch im Tierreich leisten die Damen der Schöpfung mitunter Erstaunliches

Tiermütter haben es auch nicht immer leicht. Mama Blauwal zum Beispiel - sie bringt immerhin ein Baby von zwei bis drei Tonnen Gewicht zur Welt. Und damit nicht genug. Das etwa sieben Meter lange Neugeborene hat mächtig Durst. Bis zu 200 Liter Milch trinkt der kleine Racker, pro Tag wohlgemerkt und das sieben Monate lang. Dafür legt er aber auch gut zu, mehr als drei Kilogramm in der Stunde. Das Ganze funktioniert nur, weil die Milch eines Blauwals etwa zehnmal so viel Fett und Eiweiß enthält wie die eines Menschen.

Andere Tiermütter machen es sich etwas leichter – im wahrsten Sinne des Wortes. Die Eier, die Mutti Mondfisch legt, sind gerade einmal so groß wie ein Stecknadelkopf und wiegen fast gar nichts. Für den über drei Meter langen Fisch mit mehr als zwei Tonnen Körpergewicht ist das eine leichte Übung, möchte man meinen. Allerdings muss Mutti Mondfisch 300 Millionen Stück davon pro Laichvorgang legen. Das schlaucht dann wohl doch.

Auf dem Festland ist es Mutter Kiwi, die sich beim Eierlegen wohl am meisten abmüht. Das Ei, das sie legt, ist bis zu 13 cm lang und hat ein Gewicht von bis zu 500 Gramm. Für einen Afrikanischen Strauß wäre das kein Problem: Straußeneier wiegen mehr als eineinhalb Kilogramm bei einer Länge von bis zu 20 Zentimetern. Allerdings ist Mama Strauß auch fast zwei Meter groß und 100 Kilo schwer. Der Nördliche Streifenkiwi ist derweil gerade einmal so groß wie ein Huhn und wiegt nur zwei bis drei Kilogramm. Mit anderen Worten: Das Ei, das Mutter Kiwi legt und anschließend rund 80 Tage bebrütet, ist im Verhältnis zur Körpergröße gigantisch und kann durchaus ein Drittel des Körpergewichts des Muttertieres ausmachen. Nun ist es in Neuseeland, der Heimat der Kiwis, schön warm, so dass Mutter Kiwi nicht frieren muss.

Bei Mama Kaiserpinguin sieht das ganz anders aus, denn sie brütet im antarktischen Winter bei minus 40 Grad. Die Sturmböen, die dort mit 180 Kilometern pro Stunde übers Eis fegen können, erleichtern das Vorhaben nicht gerade. Das Ei, das Mama Kaiserpinguin schließlich legt, muss Papa Pinguin unablässig auf seinen Füßen balancieren und mit seinem Körper wärmen, damit es nicht aufs Eis fällt und gefriert.

Das macht Vater Pingiun dann ganze 64 Tage lang, bis das Küken schlüpft. Wenn es soweit ist, wechseln sich beide Partner ab, das Küken auf ihren Füßen zu balancieren und zu füttern. Aber das ist eine andere Geschichte.

Dass es gar nicht so einfach ist, die lieben Kleinen groß zu kriegen, wissen schließlich auch andere Tiermuttis. Denn im Tierreich hat so manch einer den Nachwuchs zum Fressen gern. Oftmals sind es die Väter oder auch beide Elternteile, die dafür sorgen, dass es nicht soweit kommt, aber längst nicht bei allen Spezies ist das der Fall. Hier muss dann die Mutti wieder einmal einspringen und auch noch Security spielen. Besonders genau nimmt anscheinend Mama Tiefseekrake diesen Job, zumindest dasjenige Weibchen der Art Graneledone boreopacifica, das US-amerikanische Forschende mit ihrem Tauchroboter in 1397 Meter Wassertiefe beobachteten. Ganze 53 Monate lang – fast viereinhalb Jahre – bewachte die Mutter ihr Gelege. „In der Zeit, in der wir sie beobachteten, ließ sie das Gelege nicht ein einziges Mal unbeobachtet“, berichtete im Jahr 2014 ein nachhaltig beeindruckter Biologe namens Bruce Robison vom Monterey Bay Aquarium Research Institute.

Etwas entspannter lassen sich die Kleinen unter Kontrolle halten, wenn man sie mit sich herumträgt. Aber auch das kann mühsam sein, wie Mutti Ohrwurm weiß, die sich ganz liebevoll um ihre Nachkommen kümmert, was bei Insekten eher die Ausnahme ist. Die gut 50 Eier, die sie legt, werden geputzt und gewendet, damit sich der Nachwuchs im Inneren auch optimal entwickeln kann. Wenn die Kleinen schlüpfen, hilft ihnen Mutti sogar dabei, die Schale zu durchbrechen. Ja, selbst gemeinsame Ausflüge in die Botanik stehen auf dem Programm. Kommt einer aus der Rasselbande dabei mal zu weit vom Weg ab, kommt Mutti Ohrwurm herbeigeeilt und sammelt den kleinen Racker wieder ein.

Bei den Gliederfüßern ist die Mutterliebe übrigens ein alter Hut, ein ganz alter Hut sogar. Im besonders feinen Schiefer der kanadischen Burgess-Shale-Formation fanden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 2015 Fossilien des 508 Millionen Jahre alten krebsartigen Gliederfüßers Waptia fieldensis, der bis zu 24 Eier geschützt bei sich trug. „Bei fünf der aufgefundenen Tiere entdeckten wir Gruppierungen eiförmiger Objekte“, resümiert Jean-Bernard Caron von der Universität Toronto, „die am vorderen Drittel des Körpers gut geschützt unter dem Panzer lagen. Sie liefern uns einen der ältesten Belege für ein Lebewesen, das sich um seinen Nachwuchs sorgt.“ Vor 508 Millionen Jahren haben sich Tiermütter also auch schon rührend um ihren Nachwuchs gekümmert.

Einigen Tiermüttern schlägt der Nachwuchs auch ganz schön auf den Magen und zwar wörtlich. Zumindest war das einmal so, bevor die Magenbrüterfrösche vor einigen Jahren ausgestorben sind. Mutti Magenbrüterfrosch verschluckte ihr Gelege und brütete die Fröschlein im eigenen Magen aus. Damit dieser die gesamte Nachkommenschaft nicht gleich wieder in ihre Bestandteile auflöste, produzierten jene im Magen der Mutter das Hormon Prostaglandin E2, das die Produktion von Magensäure hemmte. Wie gesagt: Das ist Mutterliebe von gestern, denn die Magenbrüterfrösche sind ausgestorben, auch wenn Wissenschaftler:innen mit Hochdruck daran arbeiten, die kleinen Fröschlein eines schönen Tages wiederzubeleben.

Dass man den Mund in Sachen Mutterliebe gar nicht voll genug nehmen kann, wissen einige Maulbrüter nur zu genau. So nennt sich ein Gruppe von Fischen, die ihre Nachkommen im Maul ausbrüten oder auch die schon geschlüpften Jungfische ins Maul nehmen, um sie zu beschützen. Eine ganze Reihe von Buntbarschen aus dem afrikanischen Malawisee und auch aus dem Tanganjikasee zählen dazu. Der Vorteil liegt auf der Hand, um nicht zu sagen: im Maul. Vor Gefahren ist die Rasselbande dort gut geschützt. Allerdings sollte sich Mutti nicht vor Schreck verschlucken.

Es gibt aber noch einen weiteren Nachteil: Wer seine Babys im eigenen Maul ausbrütet, der kann in dieser Zeit auch nichts essen. So kann durchaus eine Zeit ins Land gehen, in der Mutti Buntbarsch Kohldampf schieben muss. Aber es lohnt sich ja.

Bei vielen Tieren kümmern sich die Mütter noch sehr viel länger um ihren Nachwuchs und unterweisen die Heranwachsenden etwa in der Jagd oder Nahrungssuche und vermitteln ihnen soziale Verhaltensweisen. Bei manchen Spezies erstreckt sich diese Fürsorge bis ins Erwachsenenalter und kann unter Umständen sogar ein ganzes Leben lang andauern, wie etwa bei den Asiatischen Elefanten. Auch Orang Utans sind solche Supermuttis. Sechs bis acht Jahre kümmern sie sich um Ihre Nachkommen und geben in der Zeit ihr Können und Wissen an ihre Kinder weiter. Hotel Mama weiß man also auch im Tierreich durchaus zu schätzen.

Mondfische legen winzige Eier, davon aber 300 Millionen. Imago Images
Mondfische legen winzige Eier, davon aber 300 Millionen. Imago Images © Imago Images
Putzt und wendet ihre Eier mit Sorgfalt: Mutter Ohrwurm. imago images
Putzt und wendet ihre Eier mit Sorgfalt: Mutter Ohrwurm. imago images © Imago Images

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