Vom Scheitern einer Vision

Mit seiner Rhino-Farm in Südafrika wollte John Hume beides: Nashörner retten und reich werden. Das mit dem Geld wurde nichts – und die Tiere will auch niemand haben.
Die Chance, zweitausend Nashörner zu besitzen, reizt offenbar keinen. Diese Erfahrung musste jetzt der Südafrikaner John Hume machen, der vermutlich größte und erfolgreichste Nashorn-Züchter der Welt. Als der 81-Jährige versuchte, seine 8500 Hektar große und wenige Kilometer außerhalb der Provinzstadt Klerksdorp gelegene „Platinum Rhino Farm“ mitsamt ihren rund 2000 altertümlich anmutenden Bewohnern unter den Hammer zu bringen, stieg kein einziger Bieter ein.
Ob es an den lächerlichen zehn Millionen US-Dollar lag, die Hume für die vom Aussterben bedrohten Paarhufer verlangte, oder an den rund drei Millionen Dollar, die ihn der Betrieb der Farm jährlich kostet, sei dahingestellt: Jedenfalls ging bis zum Ende einer Internet-Auktion Anfang dieser Woche kein einziges Angebot ein. Allerdings hätten mehrere Personen ein Interesse außerhalb der Auktion angemeldet, hielt Hume gegenüber der Frankfurter Rundschau an seiner Hoffnung fest.
Am heutigen Freitag soll bekanntgegeben werden, ob es tatsächlich zu einem Verkauf kommen wird. Alles andere wäre „zu schrecklich, um es sich vorzustellen“, sagte seine Schwiegertochter, die Sprecherin der „Platinum Rhino Farm, Tammy Hume. Dann müssten die Nashörner womöglich einzeln verkauft werden – falls sich dafür überhaupt jemand interessiere.
Rhinozerosse sind von einem wertvollen Gut zu einer Bürde geworden. Wilderer haben zu einem Zusammenbruch der Nachfrage nach Nashörnern geführt: Für Nationalparks oder private Wildfarmer ist der Schutz der Dickhäuter zu teuer geworden. Hume gibt für die Sicherheit seiner Mega-Herde jährlich fast eine Million Dollar aus. Seit 2009 wurden alleine in Südafrika, wo gut 80 Prozent der Südlichen Breitmaulnashörner leben, fast 10 000 Tiere getötet. Heute leben gerade noch 16 000 Exemplare, knapp 13 Prozent davon auf John Humes Farm. Dort wurde in den vergangenen sechs Jahren kein einziges Nashorn Opfer von Wilderern. Hi-Tech-Zäune mit Sensoren und Videokameras, ein gutes Dutzend an Sicherheitskräften und ein Hubschrauber sorgen dafür.
Sein Schatz: 80 Tonnen Horn
Der knorrige Hume hatte es als Minenbesitzer und Bauträger von Hotels zu erheblichem Wohlstand gebracht und als Pensionär sein Herz für Nashörner entdeckt. Er begann sie erst in der Nähe des Kruger-Parks und dann auf der zwei Autostunden westlich von Johannesburg gelegenen „Platinum Rhino Farm“ zu züchten. Dabei zeigte er ein dermaßen erfolgreiches Händchen, dass seine Herde über die Jahre von einigen Dutzend auf fast 2000 Exemplare anschwoll.
Inzwischen erblicken auf seinem Gut jährlich rund zweihundert Nashorn-Babys das Licht die Welt. Da Hume nicht nur ein Tierfreund, sondern vor allem ein Geschäftsmann ist, hatte er bei der Gründung seiner Nashorn-Zucht auch ein Geschäftsmodell im Kopf. Er wollte seine Investitionen über den Verkauf der regelmäßig „geernteten“ Hörner der Rhinozerosse amortisieren. Der Schönheitsfehler: Deren Verkauf ist schon seit fast einem halben Jahrhundert verboten.
Hume hielt dennoch an seinen Plänen fest. Noch heute sägt ein vollzeitlich eingestelltes Team Tag für Tag die wieder nachwachsenden Nasenfortsätze seiner zu diesem Zweck betäubten Rhinos ab: Derzeit sitzt der Farmer auf einem unter Geheimverschluss gehaltenen Schatz von mehr als 80 Tonnen Horn. Bei einem Preis von 60 000 Dollar, den ein Kilo der mit dem Keratin unserer Fingernägeln vergleichbaren Substanz in China oder Vietnam zu Boomzeiten einbringt, ein Wert von fast fünf Milliarden Dollar. Hartnäckig versuchte Hume, ein Ende des Horn-Handelsverbot zu erreichen und konnte zumindest Südafrikas Regierung dafür gewinnen. Doch für den wirklich lukrativen internationalen Handel scheiterte er an den Wärtern des Artenschutzabkommens Cites. Sie lassen die Argumentation des Rhino-Farmers nicht gelten, dass die Dickhäuter nur eine Chance aufs Überleben haben, wenn sich ihr Erhalt rechnet.
Das Handelsverbot bleibt
Dem halten traditionelle Naturschützer:innen entgegen, dass durch einen legalisierten Hornhandel die Nachfrage und damit das Schwarzmarktvolumen eher noch steigt: Das hatte eine vorübergehende Aufhebung des Handelsverbot für Elfenbein gezeigt. In Vietnam ist das Horn der Rhinozerosse vor allem als Potenzmittel begehrt, in China eher als Rohstoff für Schnitzereien.
Als Humes Bemühungen erfolglos blieben, suchte er wenigstens einzelne seiner Tiere an Nationalparks oder Privatgehege zu verkaufen. Doch auch das stellte sich als illusorisch heraus, weil sich keiner mit der kostspieligen Bürde belasten wollte. Hume wurde mit der Zeit immer missmutiger: Vor allem zogen „Öko-Fundamentalisten“ seine Verachtung auf sich, die dem erfolgreichsten Nashornzüchter der Welt sagen wollten, wie Rhinos zu schützen sind. Die Probleme beim Verkauf seiner Farm sind für Hume aber nur die Spitze des Eisbergs: „Mein Lebenswerk droht einfach ausradiert zu werden.“
