Experten äußern sich zu Massensterben: Über 600 Seelöwen an Vogelgrippe gestorben

Der Erreger der Vogelgrippe überträgt sich möglicherweise nun auch von Säugetier zu Säugetier. Das Virus H5N1 könnte so für Menschen gefährlicher werden.
Lima – „Wir berichten über die weltweit erste Infektion mit einem hochpathogenen Influenzavirus (H5N1) bei Seelöwen in Peru und die damit verbundene hohe Sterblichkeit. Der Übertragungsweg von H5N1 könnte durch den engen Kontakt von Seelöwen mit infizierten Wildvögeln erfolgt sein“, lautet die Zusammenfassung eines Forschungspapiers südamerikanischer Wissenschaftler. Über 600 Seelöwen sollen hier nachweislich an der neuartigen Geflügelpest gestorben sein.
Es ist damit das erste Massensterben dieser Art in Südamerika. Die Tiere leiden vor ihrem Tod an Lähmungen, Zittern und Krampfanfällen, an Atemnot und Lungenödemen. Einige der weiblichen Tiere hätten kurz vor ihrem Tod eine Fehlgeburt erlitten, so heißt es. Die Obduktionen zeigten außerdem, dass neben den Lungen teilweise auch das Gehirn von den Viren der Geflügelpest befallen war.

Die Forschenden vermuten, dass das Virus wahrscheinlich bei der Nahrungsaufnahme von den Wildvögeln auf die Säugetiere überging. Seelöwen könnten die befallenen Vögel gefressen haben und daraufhin selbst erkrankt sein. Doch auch eine Ansteckung von Seelöwe zu Seelöwe schließen sie nicht aus.
Vogelgrippe: Virus-Übertragung unklar – Pest auch in Deutschland bei Robbe nachgewiesen
Auch bei einer toten Kegelrobbe in einer Seehundstation in Schleswig-Holstein ist das Geflügelpest-Virus festgestellt worden. Das hatte das Landesagrarministerium in Kiel Anfang März mitgeteilt. Ein sporadisches Überspringen von Vogelgrippe-Viren auf Säugetiere konnte bereits früher beobachtet werden, erklärte das Ministerium. Der Fall einer Nerzfarm in Spanien hatte schon im Januar aufhorchen lassen.
In den Jahren 2021 und 2022 war das Geflügelpestvirus den Angaben zufolge bereits bei drei toten Seehunden aus dem schleswig-holsteinischen Wattenmeer nachgewiesen worden. Doch das Sterben der schieren Masse von Seelöwen in Peru bereitet Sorge. Seuchenschützer beobachten das Geschehen genau, um die Gefahr für den Menschen einschätzen zu können. Der aktuelle Sprung von Geflügel auf Säugetier hätte überrascht: „Die derzeitigen H5N1-Ausbrüche sind beispiellos und waren nicht vorherzusehen“, warnt Ron Fouchier, Professor für Molekulare Virologie in Rotterdam.
Vogelgrippe: Virus mittlerweile in Deutschland heimisch
In Deutschland mussten laut Angaben der Deutschen Presse-Agentur (dpa) unlängst wegen einer Infektion mit dem Virus 15.000 Puten auf einem Hof im Landkreis Ansbach getötet werden. Zudem wird allen Halter von Hausgeflügel in der Schutzzone zwecks Stichproben ein Besuch vom Veterinäramt abgestattet. „Das nationale Referenzlabor am Friedrich-Loeffler-Institut konnte das Virus vom Typ H5N1 nachweisen“, erläuterte das Landratsamt. Um eine Ausbreitung der Geflügelpest auf weitere Bestände zu verhindern, wurden eine Schutzzone um den Ausbruchsbetrieb festgelegt.
Die Geflügelpest wird in Deutschland inzwischen nicht mehr nur von Zugvögeln eingeschleppt, sondern hat sich in den hiesigen Populationen verfestigt. Es ist daher verboten, in und aus den Schutzzonen lebendes Geflügel, Eier und Geflügelfleischprodukte an einen anderen Ort zu bringen. Neben Beförderungsverboten und Stallpflicht gehören auch Hygienemaßnahmen wie die Desinfektion von Zu- und Abfahrtswegen zu den Schutzvorkehrungen.
Vogelgrippe: Auch in Hessen Virus-Fälle gemeldet
Auch am Rhein zwischen Mainz und Wiesbaden ist Anfang März die Vogelgrippe bei fünf toten Lachmöwen festgestellt worden. Die Tiere wurden unterhalb der Theodor-Heuss-Brücke gefunden, so die Informationen der dpa. Die Stadt Wiesbaden hat deswegen für alle Geflügelhaltungen im Stadtgebiet Schutzmaßnahmen verfügt, wie die Pressestelle mitteilte.
Die auch Vogelgrippe genannte Geflügelpest gilt als hoch ansteckende Tierseuche. Die Influenza-Viren können, ähnlich wie bei der Corona-Pandemie, grundsätzlich auch auf Menschen übertragen werden. Ein erhöhtes Risiko für die Allgemeinbevölkerung besteht laut Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) bislang nicht. Gefährdet seien aber Menschen mit engem Kontakt zu infiziertem Geflügel. (na/dpa/afp)