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Vatikan: Ist der Papst jetzt etwa pleite?

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Von: Dominik Straub

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Papst Franziskus in der Schuldenfalle
Papst Franziskus in der Schuldenfalle © picture alliance/Alessandra Tarantino

Kosten explodieren, Einnahmen sinken: Laut einem Enthüllungsbuch steckt Franziskus in einer schweren Finanzkrise. Dem Kirchenstaat soll sogar der Bankrott drohen.

Das Defizit, unter dem der Heilige Stuhl leidet, hat ein besorgniserregendes Ausmaß angenommen; es besteht die Gefahr, dass es zu einem Default führen könnte“, heißt es in einem Dokument, das der italienische Enthüllungsjournalist Gianluigi Nuzzi in seinem neuen Buch „Giudizio Universale“ – „Das Jüngste Gericht“ – vorlegt. Das brisante Dokument war am 18. Mai 2018 vom vatikanischen Wirtschaftsrat verfasst worden, einem von Papst Franziskus geschaffenen Kontrollorgan für die diversen Finanzinstitutionen des Kirchenstaats.

Insgesamt verwertete Nuzzi in seinem Buch dreitausend vertrauliche Dokumente, die ihm aus dem Innern des Vatikans zugespielt wurden. Default, Zahlungsunfähigkeit, Bankrott, Pleite: Dieses Szenario sei „zum konkreten Albtraum innerhalb der heiligen Palazzi“ geworden, schreibt die Zeitung „La Repubblica“, die über das Sonntagabend vorgestellte Enthüllungsbuch berichtete.

Papst Franziskus hatte 2014 Sparmaßnahmen eingeleitet 

Der Zustand der vatikanischen Finanzen sei „dramatisch“. Die Einnahmen aus Spenden und Diözesen seien – nicht zuletzt wegen des durch den Missbrauchsskandal verursachten Vertrauensverlusts – eingebrochen, die Kosten insbesondere für das Personal „unkontrolliert“ gewachsen, der Buchwert vieler Vermögenswerte habe nach unten korrigiert werden müssen, lautet die Diagnose von Nuzzi. Hinzu komme eine vermutlich gravierende Finanzierungslücke in der Pensionskasse der Vatikanangestellten.

Trotz der von Papst Franziskus im Jahr 2014 eingeleiteten Sparmaßnahmen seien allein zwischen 2015 und 2017 die Vatikan-Ausgaben um 62 Prozent gewachsen, berichtet Nuzzi. Das Defizit im laufenden Jahr werde um 63 Millionen Euro steigen, was einem Plus von fast 200 Prozent entspräche.

Intransparenz bleibt ein Problem beim Papst und dem Vatikan

Ob diese Zahlen korrekt sind, ist nicht klar: Der vom deutschen Kardinal Reinhard Marx präsidierte Wirtschaftsrat bemängelte laut Nuzzi schon vor über einem Jahr, dass von einzelnen vatikanischen Behörden „fundamentale Informationen“ zurückgehalten würden. Diese Angaben wären erforderlich, „um das Defizit exakt und korrekt bestimmen“ zu können.

Intransparenz bleibt das Problem: Die letzten offiziellen Angaben zu den Budgets des Heiligen Stuhls und der Vatikanstadt stammen aus dem Jahr 2006. Der Etat des Heiligen Stuhls lag damals bei 228 Millionen Euro, für den Vatikanstaat wurde das Gesamtvolumen im gleichen Jahr auf 150 Millionen Euro geschätzt.

Nicht der Papst, Vetternwirtschaft und Ineffizienz regieren den Vatikan

Es ist bekannt, dass der Vatikan auf einem Vermögen an Wertanlagen und Immobilien sitzt. Aber vor allem bei der Verwaltung des Grundbesitzes regiert Vetternwirtschaft und Ineffizienz. Von rund 4400 vatikanischen Immobilien stünden 800 leer, 3200 weitere seien zu teils lächerlichen Vorzugsmieten vergeben worden, so Nuzzi. Trotz der Billig-Mieten verzeichne die vatikanische Güterverwaltung Apsa Mietausstände von 2,6 Millionen Euro.

Der frivole und zum Teil auch kriminelle Umgang mit den Geldern des Kirchenstaats durch Prälaten und Vatikanangestellte ist seit langem bekannt. Erst Anfang Oktober ist ein neuer Skandal aufgeflogen: Fünf Vatikanangestellte sind wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch, Korruption, Unterschlagung und Geldwäsche von ihren Ämter suspendiert worden.

Papst Franziskus - isoliert im Vatikan?

Es geht um illegale oder zumindest fragwürdige Immobilien-Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe im Ausland, außerdem sollen 250 Millionen Dollar aus den Vatikan-Kassen in eine Ölplattform vor der Küste Angolas investiert worden sein.

Nuzzis neues Buch führt dem Leser vor Augen, wie wenig Erfolg Papst Franziskus bisher mit seinen Reformbemühungen im Finanzwesen hatte. In der Kurie werde weiterhin gemauert, Behörden verweigerten Kontrollen und lehnten die Zusammenarbeit mit den neuen, vom Papst geschaffenen Aufsichtsbehörden ab, schreibt die „Repubblica“. 

Viele Finanzverantwortliche rückten nur einen Teil der Unterlagen heraus, das vatikanische Staatssekretariat stehe ganz außerhalb des Einflussbereichs der Kontrolleure. Franziskus bemühe sich nach Kräften, die alten Seilschaften zu zerschlagen und die Strukturen zu erneuern – aber er sei nach wie vor mit erbittertem Widerstand konfrontiert. Der Papst sei „isoliert“, schreibt die „Repubblica“.

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