Uneins im Graubereich

Wie können Elefanten in Afrika besser geschützt werden? Oder sind die Dickhäuter nicht vor allem eine Gefahr für die Menschen? In diesen Fragen gibt es auch nach der Elefanten-Konferenz in Simbabwe noch keine gemeinsame Linie
Erfolgsmeldungen aus Simbabwe sind rar: Der südafrikanische Ruinenstaat macht gewöhnlich mit Hiobsbotschaften über Hungerkrisen oder staatliche Repressionswellen auf sich aufmerksam. Umso erfreulicher die Meldung, dass es wenigstens der Elefantenpopulation des Landes gut geht: Sie wächst jährlich um rund fünf Prozent.
Für die Regierung unter Präsident Emmerson Mnangagwa (Beiname: „das Krokodil“) ist allerdings auch diese Nachricht eine Schreckensbotschaft. Denn die Dickhäuter gefährdeten das Wohl der Bevölkerung, heißt es in der Hauptstadt Harare: 35 Menschen seien schon in diesem Jahr von Elefanten getötet worden. Außerdem zertrampelten die Jumbos Felder und brächten die Menschen auf dem Land um ihre Nahrungsgrundlage. Inzwischen sollen in dem Land von der ungefähren Fläche Deutschlands fast 100 000 Dickhäuter leben: Doppelt so viele, wie die Nationalparks Simbabwes verkraften könnten.
Schon seit Jahren drängt die Regierung in Harare deshalb auf eine Lockerung des Elefantenschutzes: Zumindest will Simbabwe die 135 000 Tonnen Elfenbein verkaufen können, die nutzlos in hochgesicherten Lagerstätten vor sich hin rotten. Nach den Berechnungen der Regierung könnten sie bis zu 600 Millionen US-Dollar einbringen. Um für den Vorschlag zu werben, trommelte Umweltminister Nqobozitha Ndhlovu in der vergangenen Woche seine Kolleginnen und Kollegen aus dem Kontinent zusammen: Sie sollten im Nationalpark Hwange zu einer Stimme finden, die dann bei der Konferenz des „Cites“ genannten Artenschutzabkommens Ende November in Panama eine Aussetzung des Verbots des Elfenbeinhandels erwirken könnte.
Seine Nachbarstaaten Botswana, Namibia und Sambia wusste Simbabwe hinter sich: Auch sie erheben seit Jahren dieselbe Forderung, die allerdings stets an der Blockade anderer afrikanischen Staaten scheitert, vom globalen Norden wie der EU und den USA ganz zu schweigen. Doch schon unter den 16 in Hwange versammelten afrikanischen Staaten scheiterte der südafrikanische Vorstoß: Jetzt droht Simbabwe mit dem Austritt aus Cites.
Bereits im Vorfeld der dreitägigen „Elefantenkonferenz“ hatten sich 50 Natur- und Tierschutzorganisationen aus aller Welt gegen den simbabwischen Vorschlag gewandt: Er sende „ein gefährliches Signal an alle Wilderer und kriminellen Syndikate“, heißt es darin. Zur vorübergehenden Aussetzung des Elfenbeinhandelsverbots war es bereits 1999 und 2008 gekommen. In deren Folge kam es zu einer „scharfen Eskalation“ der Wilderei, so die Tierschutzverbände: Nach dem Moratorium 2008 schossen die Fälle von Stoßzahn-Schmuggel um mehr als 70 Prozent in die Höhe. Eine Aufhebung des Handelsverbots rege die Nachfrage nach Elfenbein an, argumentieren die Tierschützer:innen: Schmuggler nützten den erzeugten Boom für ihre Zwecke aus. Alleine in den vergangenen zwei Jahrzehnten verringerte sich die Zahl afrikanischer Elefanten von 1,3 Millionen auf gerade noch 420 000 Exemplare.
Regierungen im südlichen Afrika klagen darüber, dass Organisationen aus dem globalen Norden über die Naturschutzmaßnahmen der afrikanischen Staaten mit den höchsten Wildtieraufkommen entscheiden. „Sie sitzen in ihren Lehnstühlen in New York oder London, während unsere Bevölkerung zu Tode getrampelt wird“, schimpft der Sprecher der simbabwischen Nationalpark-Behörde, Tinashe Farawo. Nur wenn die einheimischen Bevölkerungen durch den Verkauf des Elfenbeins auch wirtschaftlich profitierten, könne ihnen zugemutet werden, sich am Naturschutz zu beteiligen. meint der Sprecher.
Es gibt skeptische Menschen, die an dieser Stelle zu Recht einwenden, dass das Geld aus den Verkäufen in einem der korruptesten Staaten der Welt ohnehin nicht bei der Bevölkerung ankomme.
