1000 Euro Strafe für Kleber in der Tasche: Was wie ein Witz klingt, bestätigt die Polizei
Ein Münchner Klimaaktivist behauptet, eine Geldstrafe wegen unerlaubten Besitzes von Sekundenkleber bezahlen zu müssen. Die Polizei klärt auf.
München – Am Montag, 20. März, veröffentlichte ein Fotograf aus München ein Video auf der Plattform Vimeo. Darauf ist ein Klimaaktivist zu sehen, der vor laufender Kamera behauptet, 1000 Euro Geldstrafe zahlen zu müssen. Die Münchner Polizei hätte ihn mit einem Sekundenkleber in der Tasche erwischt. Passiert sein soll der Fall am Dienstag, 14. März, bei der Straßenblockade der Letzten Generation am Mittleren Ring in München-Sendling. Der Titel des Videos lautet „Letzte Generation. Wolli“.

„Ich habe heute einen Sekundenkleber bei mir in der Tasche gehabt“, spricht der Mann in dem Video. „Ich hab ihn nicht benutzt. Ich habe ihn nur transportiert. Ich habe allerdings ein Sekundenklebertransportverbot für München. Das heißt, ich muss 1000 Euro Strafe zahlen für einen Sekundenkleber, den ich nicht benutzt habe und nur in der Tasche hatte.“ Im Hintergrund sind Polizist:innen zu sehen, die den Fall vermutlich gerade aufnehmen.
Nach einem Perspektivwechsel droht der Klimaaktivist mit einem Protestverhalten: „Ich möchte hiermit in aller Öffentlichkeit dagegen protestieren, dass ich ein Sekundenklebertransportverbot habe. Das werde ich auch öffentlich brechen. Ich werde am Marienplatz Sekundenkleber transportieren und dazu die Presse öffentlich einladen. Danke.“
Der #Sekundenklebertransportverbot entfacht eine riesige Debatte auf Twitter
Ein Klimaaktivist twitterte einen Post mit dem Video einen Tag später, am 21. März, und entfachte damit eine riesige Debatte unter dem Hashtag #Sekundenklebertransportverbot. „Der bloße Transport von Sekundenkleber kann mit einer Strafe von 1000 Euro belegt werden“, schreibt er auf dem Nachrichtenportal.
Twitter-Nutzer:innen zweifeln mehrheitlich den Wahrheitsgehalt des Videos aus München an
Daraufhin spekulieren die Twitter-Nutzer:innen über den Wahrheitsgehalt der Nachricht. Ein Nutzer fragt: „Für ihn gilt das, nicht für ganz München, oder?“ Ein anderer wendet sich direkt an die Polizei: „Gilt das #Sekundenkleberverbot für die ganze Stadt? Wie setzt Ihr das durch? Wird jeder Supermarkt gerazzt, der Sekundenkleber verkauft? Kassieren Eure Kolleg*innen das Geld direkt ein, oder wird‘s über den Stadtaccount dann an BMW überwiesen?“
Ein Mitleser ist skeptisch und kommentiert: „Vermutlich ist das Desinformation. Es gibt kein allgemeines ‚Sekundenklebertransportverbot‘, das müsste veröffentlicht sein.“ Es gebe konkrete polizeiliche Maßnahmen gegen einzelne Personen, die sich zuvor rechtswidrig verhalten haben. Einige bringen ihre Wut zum Ausdruck: „Kann sowas in Deutschland wirklich wasserdicht rechtens sein?“
Andere sehen den Tweet mit Humor und vergleichen ihn mit anderen Geldstrafen. Wie zum Beispiel im Vergleich zur Tempolimitüberschreitung. „Mit 120 km/h durch die Stadt zu rasen kostet übrigens 300 Euro weniger. Na klar“, schreibt ein Twitter-Nutzer.
Münchner Polizei erklärt: Für einzelne Aktivisten gilt das Mitführ-, Transport- und Benutzungsverbot von Klebstoffen
Tatsächlich ist das Video auf Twitter kein Fake. Auf Anfrage teilt die Polizei München unserer Redaktion mit, dass es sich bei dem Mann aus dem Video um einen Aktivisten handelt, gegen den ein Mitführ-, Transport- und Benutzungsverbot für Klebstoffe gilt. „Im Einzelfall kann das Kreisverwaltungsreferat auf Grundlage des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes Anordnungen treffen, um Straftaten zu verhüten und Gefahren abzuwehren“, sagt Jakob Siebentritt, Polizeihauptkommissar.
„Insgesamt wurden durch das Kreisverwaltungsreferat gegen sieben Personen Anordnungen erlassen, die das Mitführen, Transportieren und Benutzen von Sekundenklebern und vergleichbaren Klebstoffen im Stadtgebiet München untersagen.“ Bei einem Verstoß folge ein Zwangsgeld in Höhe von 1000 Euro. Die Bescheide seien befristet und mit Ausnahmen versehen.
Die betroffenen Personen sind in der Vergangenheit wiederholt bei den Klimaklebeaktionen aufgetreten. Zur Verhütung von Straftaten und Gefahren habe das Kreisverwaltungsreferat daher für einzelne Aktivisten dieses Verbot erlassen. „Durch die Anordnung wird die Meinungs- und Versammlungsfreiheit der Betroffenen nicht eingeschränkt“, versichert Siebentritt.
Weiter betont der Polizeipräsident, dass es sich bei den Anordnungen nicht um Strafmaßnahmen, sondern um Präventivmaßnahmen handelt, um künftig Straftaten und Gefahren abzuwehren, die durch das Festkleben auf Straßen oder an Gegenständen entstehen.
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