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Trauer um Peter R. de Vries

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Von: Peter Riesbeck

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Peter R. de Vries im Mai 2017. AFP
Peter R. de Vries im Mai 2017. AFP © AFP

Niederländischer TV-Fahnder stirbt neun Tage nach dem Attentat, das womöglich mit der Arbeit des Reporters in Verbindung steht.. Ein Nachruf.

Nachdenken konnte er am besten auf dem Fahrrad. „Ich fahre das ganze Jahr über. Im Sommer draußen, im Winter drinnen“, sagte Peter R. de Vries im Interview mit der niederländischen Zeitung „de Volkskrant“ und gab unumwunden zu: „Ich bin da ein bisschen zwanghaft. Wenn ich 75 Kilometer fahren will, fahr ich mindestens 75 und nicht 74.“ Kein Zweifel, der Mann war nicht abzubringen von seinem Ziel.

Das ließ der Journalist de Vries auch andere spüren. Wenn es ihm nicht schnell genug ging, zog er alleine weiter. 1978 beginnt de Vries seine Karriere als Polizeireporter beim Boulevardblatt „Telegraaf“, er berichtet über die Entführung des Brauereilöwen Freddy Heineken. Bald kommt ein Buch über den Fall heraus. Bald merkt de Vries aber auch, dass ihm Schreiben zu wenig ist. Er ermittelt selbst, auf eigene Faust, mit unkonventionellen Mitteln. Einen der Heineken-Entführer spürt er selbst in Südamerika auf, mit dem anderen, Cor van Hout, war er befreundet.

Stets ein wenig unberechenbar, aber immer geradlinig. „On bended knee is no way to be free“, ließ sich de Vries auf seinen Unterschenkel tätowieren. Mit gebeugtem Knie, heißt niemals frei. Eine Erinnerung an die Grabinschrift seines Vaters: „Lieber aufrecht sterben als gebückt.“

De Vries ging stets aufrecht durchs Leben. Als arrogant empfanden ihn mitunter die einen, als Pitbull die anderen. Wobei das anerkennend gemeint war. De Vries verstand sich als Kämpfer für Gerechtigkeit. In einem Land wie den Niederlanden, in dem die Justiz leicht als zu nachsichtig empfunden wird, machte ihn das zu einem Helden. In seiner Fernsehsendung „Peter R. de Vries, misdaadsverslaaggever“ rief er nicht nur zu Fahndungstipps für die Ermittler auf. De Vries ermittelte selbst, stellte Mörder und holte zu unrecht Verurteilte aus dem Gefängnis. „Ich bin nicht mehr nur Journalist“, sagte de Vries, „ich bin eine Institution geworden.“

Er wusste das. Und ließ es auch andere spüren. Nie aber die, die auf ihn vertrauten. Noch am Dienstag dieser Woche saßen die Eltern von Tanja Groen im Studio der Sendung „RTL boulevard“ und sammelten mehr als eine Million Euro an Spenden ein. Mit der Belohnung wollen sie endlich Klarheit über das Verschwinden ihrer seit 1993 vermissten Tochter erlangen. De Vries hatte sich des Falls angenommen. Selbst aufklären kann er ihn nicht mehr. Am Donnerstag ist de Vries im Alter von 64 Jahren seinen schweren Verletzungen erlegen – neun Tage, nachdem er in Amsterdam niedergeschossen worden war.

Zwei Männer waren kurz nach der Tat festgenommen worden. Einer von ihnen soll der Schütze sein. Die Polizei hatte sich laut dpa bisher nicht zu Hintergründen der Tat geäußert. Vieles deutet jedoch daraufhin, dass der Mord in Verbindung steht mit der Arbeit des Reporters.

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