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Diagnose unheilbarer Krebs: Das sind Tamaras (26) letzte Träume

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Von: Susanne Sasse

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Krebspatientin Tamara (26) ist unheilbar an Magenkrebs erkrankt.
Ihr Mut berührt die Herzen: Tamara (26) erfuhr im August letzten Jahres, dass sie Krebs im Endstadium hat. © Marcus Schlaf

Tamara (26) leidet an unheilbarem Magenkrebs. Sie weiß nicht, wie viel Zeit ihr noch bleibt. Ihre Lebenslust und ihren Mut bewahrt sie sich dennoch.

Königsbrunn – Plötzlich war alles anders. Alle Zukunftspläne, die Tamara gemacht hatte, platzten wie Seifenblasen. Völlig unerwartet. Zwar hatte die 26-jährige Kinderpflegerin schon seit Jahren unter Bauchschmerzen gelitten. Obwohl sie bei verschiedenen Ärzten war, kam niemand darauf, dass Krebs die Ursache war. Doch die Schmerzen waren dann im August und September so schlimm, dass die junge Frau zweifelte, ob sie ihre Weiterbildung zur Erzieherin fortsetzen kann.

Mit der Diagnose unheilbarer Magenkrebs wurde, dass dann tatsächlich unmöglich. Dennoch bewahrt sich Tamara ihre Lebenslust und ihren Mut. „Die Ärzte können mir nicht sagen, wie viel Zeit ich noch habe“, sagt sie. Deshalb zählt jeder einzelne Tag. Sie träumt von Reisen und ist froh, ihren Lebensgefährten Florian G. zu haben, der sie ständig unterstützt.

„Die Sonne schien, als der Arzt sagte, mein Krebs sei unheilbar“

Der Tag, an dem sich der bösartige Krebs im Körper von Tamara zum ersten Mal mit grausamer Macht meldete, hat sich auch tief in Florians Gedächtnis eingebrannt. „Es war nach einem Auswärtsspiel der Tölzer Löwen in Zell am See, als Tamara plötzlich die allerschlimmsten Bauchschmerzen bekam“, erzählt der 28-Jährige. Die beiden sind Eishockeyfans, begleiten die Tölzer Löwen schon seit Jahren. Nach diesem Spiel Ende August krümmte sich Tamara in Bett und schrie vor Schmerzen. Florian brachte sie in die Notaufnahme des Universitätsklinikums in Augsburg.

Dort aber entdeckte man den Krebs nicht. „Man ließ die Flüssigkeit abfließen und behielt mich zwei Tage dort. Dann hieß es, man könne nichts sehen außer freie Flüssigkeit“, erzählt Tamara. Die Ärzte gingen von einer geplatzten Zyste am rechten Eierstock aus. „Die erste Panik war also verflogen und nach ein paar Tagen stationären Aufenthalts ging es mir wieder ganz normal“, erzählt sie. Doch der Schein trog. Die Besserung war vor allem den starken Schmerzmitteln zu verdanken. Und ein paar Wochen später waren die Schmerzen mit voller Wucht zurück.

Krebspatientin Tamara und ihr Lebensgefährte Florian G.
Lebensgefährte Florian G. steht fest an Tamaras Seite. Er begleitet sie überall hin.  © Marcus Schlaf

„Es kam Schlag auf Schlag“, erzählt Tamara. Wieder hatte sie starke Schmerzen rechts im Bereich des Unterbauchs. „Ich ließ mir am 4. Oktober einen Notfalltermin bei meiner Frauenärztin geben“, erzählt sie. Die entdeckte mit dem Ultraschallgerät am rechten Eierstock etwas, das da nicht hingehört. „Es war neun Zentimeter groß und die Ärztin vermutete, dass es eine Zyste sei.“ Sie warnte die Patientin, dass sie verbluten könne, wenn eine Zyste in dieser Größe platzt. „Ich schrieb weinend meiner Mutter eine Nachricht, dass ich ins Krankenhaus muss und sie mir bitte eine Tasche bringen soll.“

Nach Diagnose brach Tamaras Welt zusammen

In der Notaufnahme hieß es dann, dass die Zyste so groß sei, dass es nicht sicher wäre, ob man ihren rechten Eileiter retten könne, erzählt Tamara. Für sie war das ein Schock: „Ich wollte unbedingt Kinder und bat den Arzt, alles zu tun, um den Eileiter zu retten“, sagt sie. Noch in der Nacht wurde sie operiert. Als sie frühmorgens aufwachte, fragte sie den Arzt als Erstes, ob die OP gelungen sei. „Da wurde der Arzt still und erzählte, es sei nicht gelungen. Es sei auch keine Zyste gewesen, sondern ein Karzinom. Zudem habe man mehrere Metastasen im Bauchraum gefunden“, erzählt die 26-Jährige. „Die Begriffe schwirrten in meinem Kopf durcheinander, Metastasen, Karzinom, ich dachte erschrocken, das ist ja Krebs.“ Der Arzt bestätigte – und sagte, man wisse noch nicht, wo der Ursprung des Tumors ist, gehe aber momentan von Eierstockkrebs aus.

Die Welt der 26-Jährigen brach zusammen. „Ich habe vier Geschwister und wünschte mir ebenfalls eine große Familie, Kinder, ein Haus mit einem Garten. All diese Träume zerfielen in diesem Augenblick zu Staub“, sagt sie. Kurz darauf ergab eine Computertomographie (CT), dass im Magen ein großer Tumor der Ausgangspunkt für die Erkrankung ist. Der Tumor drücke gegen den Darm und hatte bereits viele Metastasen erzeugt.

„Mir wurde klar, dass ich nie Kinder bekommen werde“

Wie schlimm es um sie steht, wurde Tamara dann im Vorgespräch vor der ersten Chemotherapie klar. „Die Sonne schien, als der Arzt sagte, die Chemotherapie könne mich nicht heilen, und der Tumor sei nicht mehr zu operieren“, erzählt die 26-Jährige. Die Chemotherapie solle nur helfen, ihr Leben zu verlängern und die Beschwerden zu lindern. „Aber ich werde an dem Krebs sterben, medizinisch könne man mich nicht mehr heilen. Diese Worte des Arztes haben mich schwer getroffen“, erzählt sie. Es war ein furchtbarer Moment, Tamaras Welt brach zusammen. „Mir wurde klar, dass ich nie Kinder bekommen werde, vielleicht nie mehr mit Kindern arbeiten kann und bald sterbe, ohne viel von der Welt gesehen zu haben“, sagt sie.

Und als ob all dieses Unglück nicht schon genug wäre, kam dann auch noch die finanzielle Katastrophe: Weil Tamara genau im vergangenen September ihre Weiterbildung zur Erzieherin begonnen hatte, hatte sie ihre Stunden als Kinderpflegerin im Kindergarten auf 30 reduziert. Die Krebsdiagnose Anfang Oktober bedeutete dann das Aus für ihre Weiterbildung. Schon alleine wegen der Gefahr, sich während der Chemotherapie mit einer anderen Krankheit anzustecken.

Nach sechs Wochen Krankheit endete die Lohnfortzahlung und seitdem bekommt Tamara Krankengeld – dieses liegt zwischen 70 und höchstens 90 Prozent des letzten Gehalts. Das sind 1200 Euro monatlich. Da schon alleine ihre Miete 800 Euro warm beträgt, muss sie jeden Monat an ihre Ersparnisse gehen, um zu überleben. „Ich musste jeden Cent umdrehen und an Reisen war nicht zu denken“, sagt Tamara.

Krebspatientin Tamara und ihre Familie.
Tamara und ihre Familie. Die 26-Jährige hatte eine behütete Kindheit, für die sie sehr dankbar ist. © Privat

„Die vielen großzügigen Spenden rühren mich zu Tränen“

Ein Bekannter brachte sie auf die Idee, auf der Internetseite GoFundMe ihre Geschichte zu erzählen, um Spenden zu sammeln. „Ich möchte meiner Familie Geld zurückgeben und träume davon, einmal noch wohin zu reisen, wo der Sand weiß, das Meer tiefblau und der Himmel weit ist“, erzählt Tamara. Das könnte klappen. Inzwischen sind mehr als 15.000 Euro an Spenden zusammengekommen. „Es rührt mich zu Tränen, dass es so viele Menschen gibt, die anonym Geld spenden, um mir zu helfen“, sagt sie. Damit sie sich ihre letzten Träume erfüllen kann. Und Dinge kaufen, die sie jetzt braucht. Wie zum Beispiel die Perücke, da sie durch die Chemo ihre Haare verloren hat.

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