Thrombose-Forschung: Bären könnten bei neuen Therapiemöglichkeiten helfen

Bettlägerige Menschen haben ein erhöhtes Thromboserisiko. Bären, die wochenlang Winterruhe halten, bilden keine Blutgerinnsel. Forschende entdeckten nun den Grund.
Frankfurt – Da die Anzeichen einer Thrombose auf den ersten Blick oft nur schwer zu erkennen sind, bezeichnen Mediziner:innen solche Gefäßverschlüsse auch als „lautlose Gefahr“. Vor allem bei bettlägerigen Betroffenen ist es schwer, die Symptome zu bestimmen, informierte das Aktionsbündnis Thrombose.
Bei einer Thrombose verhindert ein Blutgerinnsel die Blutversorgung und kann Gefäße verstopfen, was besonders in den tiefen Bein- und Beckenvenen gefährlich werden kann. Dem Bündnis zufolge sterben jährlich allein etwa 100.000 Menschen an den Folgen einer Lungenembolie, also einem Gerinnsel in der Lunge. Wichtig ist daher nicht nur eine rechtzeitige Behandlung, sondern auch die weitere Erforschung. Wie Bären dabei helfen können, lesen Sie hier.
Thrombose-Forschung: Forschende beobachten mehr als zehn Jahre Bären
Faktoren, die eine Thrombose begünstigen, sind vor allem längeres Liegen oder Sitzen, etwa bei einem Krankenhausaufenthalt. Auch nach einer Corona-Infektion steigt die Gefahr eines Blutgerinnsels. Braunbären dagegen, die in der Winterruhe wochenlang schlafen, entwickeln keine Thrombose. Querschnittsgelähmte Patient:innen weisen nach der Akutphase ihrer Verletzung ebenfalls kein erhöhtes Thromboserisiko auf. Diesen Fragen ist ein internationales Team von Forschenden unter Leitung von Tobias Petzold aus dem LMU Klinikum in München nachgegangen.
Mehr als zehn Jahre haben die Forschenden, deren Ergebnisse im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht wurden, Braunbären in Schweden untersucht. Die Tiere tragen GPS-Sender, um ihren Aufenthaltsort für eine Blutentnahme zu aufzuspüren, hieß es in einer Mitteilung der LMU München.
Warum Braunbären und Querschnittsgelähmte keine Thrombose entwickeln
Die analysierten Proben zeigten: Winterruhende Braunbären und Querschnittsgelähmte nutzen einen Mechanismus, „der die Interaktionen zwischen Blutplättchen und Immunzellen reduziert und somit die Entstehung von Blutgerinnseln verhindert“, hieß es. Die gleichen Mechanismen konnten die Forschenden nicht nur bei querschnittsgelähmten Patient:innen nachweisen, sondern auch bei gesunden Teilnehmenden, die bei einem Versuch der europäisch-deutschen und amerikanischen Raumfahrtbehörden (DLR und NASA) drei Wochen lang im Bett lagen.
- Bei einem dieser Warnsignale sollten Sie laut Aktionsbündnis Thrombose medizinische Hilfe aussuchen:
- Atemnot
- Hitzegefühl im geschwollenen Bein
- Schmerz in der Wade beim Auftreten
- Bläuliche Verfärbung an einem Bein
- Schwellungen oder Spannungsgefühle
Zentrale Rolle spiele dabei das Hitzeschockprotein 47 (HSP47). Dies war bei den „überwinternden Bären um das 55-fache herunterreguliert“, erklärte Johannes Müller-Reif, einer der Erstautoren der Studie vom Max-Planck-Institut. Dadurch reduziere sich die Interaktion von Blutplättchen und Entzündungszellen – was wiederum Thrombosen verhindert. Auch der beliebte Zuckerersatz Erythrit steht in Verdacht, Thrombose zu begünstigen.
Thrombose-Forschung: So könnten Bären bei neuen Therapiemöglichkeiten helfen
Die Forschenden sehen in ihren Ergebnissen eine weitreichende Entdeckung, die neue Therapiemöglichkeiten eröffnen könnte. Mit einem passenden Molekül könne man bei bettlägerigen Patient:innen das HSP47 blockieren und womöglich die Gefahr eines Blutgerinnsels verhindern.
An dieser Stelle wollen die Forschenden künftig ansetzen. Zwar stehe man noch am Anfang, aber: „Eine Wunschvorstellung von uns wäre, dass wir ein Medikament entwickeln, das man optimalerweise vielleicht auch als Tablette verabreichen kann – und das an den Blutzellen der Patienten bindet und bestimmte Eiweiße blockiert, um die Entstehung von Blutgerinnseln zu verhindern“, sagte Petzold gegenüber Tagesschau.
Auch bei der Behandlung von Krebs hat sich in der Vergangenheit einiges getan. So soll ein neues Medikament die Hoffnung auf Heilung wecken. (kas)
Hinweis der Redaktion: Die in diesem Artikel genannten Informationen ersetzen nicht den Gang zu einem Arzt oder einer Ärztin. Nur Fachleute können die richtige Diagnose erstellen und eine geeignete Therapie einleiten. Die Einnahme von Medikamenten oder auch Nahrungsergänzungsmitteln sollte vorher mit einem Arzt oder einer Ärztin abgesprochen werden.