Rauchverbot in der Außengastronomie: Auch in Deutschland denkbar?

In einigen Ländern gibt es Initiativen, um Rauchen aus der Außengastronomie zu verbannen. Wissenschaftler fordern in Deutschland strengere Maßnahmen.
Kassel – Die Einführung des Rauchverbots in Restaurants und Gaststätten sorgte 2007 für einen Aufschrei in Deutschland. Inzwischen herrscht in allen Bundesländern ein mehr oder weniger strikter Tabakbann in der Gastronomie. Aber was wäre, wenn man künftig nicht einmal mehr im Biergarten rauchen dürfte?
Mittlerweile ist es selbstverständlich geworden, dass Raucher zum Rauchen vor die Tür gehen. Gleichzeitig ist es ebenso selbstverständlich, dass an Biergartentischen und in der Außengastronomie weiter geraucht wird. Viele Menschen stört es jedoch auch draußen, wenn der Rauch in ihre Richtung zieht. Daher gibt es in anderen Ländern Pläne, auch in der Außengastronomie das Rauchen zu verbieten.
Städte in England führen Rauchverbot in Außengastronomie ein
In England planen mehrere Städte, das Rauchen zunehmend aus der Außengastronomie zu verbannen. Manchester, Newcastle und andere Kommunen haben Lizenzen für erweiterte Sitzflächen auf Bürgersteigen nur unter der Auflage vergeben, dass diese rauchfrei gestaltet werden, berichtet der Guardian.
Die Grafschaft Oxfordshire kündigte sogar an, schon bis 2025 rauchfrei werden zu wollen. Und nicht nur dort sind die Pläne ambitioniert, auch Neuseeland will laut Guardian bis 2025 rauchfrei sein. Dort soll es ein Verkaufsverbot für alle geben, die nach 2004 geboren sind - junge Menschen sollen gar nicht erst mit dem Rauchen anfangen.
Könnte auch in Deutschland das Rauchverbot ausgeweitet werden? Im Vorfeld der Nichtraucherschutzgesetze gab es Sorgen, die Gastronomie könne pleitegehen. Das habe sich letztendlich nicht bewahrheitet und man habe sich „in Windeseile daran gewöhnt“, sagt der Psychologe und Soziologe Reiner Hanewinkel, Leiter des Kieler Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung. „In Ländern wie NRW und Bayern mit einem strikten Rauchverbot sieht es leider anders aus. Hier sind die Umsätze in der getränkegeprägten Gastronomie eingebrochen, viele kleine Eckkneipen sind mit den Jahren auf der Strecke geblieben“, meint hingegen der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband.
Rauchverbote ausweiten: Forscher wollen tabakfreies Deutschland bis 2040
Für eine Ausweitung des Rauchverbots und weitere einschneidende Schritte sieht Hanewinkel die Gesellschaft noch nicht bereit. „Das würde großes Geschrei geben“, so der Psychologe.
Eine Gruppe von Krebsforscherinnen um das Krebsforschungszentrum (DKFS), die Deutsche Krebshilfe und andere Organisationen fordern von der Bundesregierung, den Zigaretten-Konsum durch strenge Maßnahmen zu reduzieren. Die Strategie für ein tabakfreies Deutschland bis 2040 sieht vor, den Anteil rauchender Erwachsener auf fünf Prozent und den Anteil rauchender Jugendlicher auf weniger als zwei Prozent zu senken.
Der Weg dahin führt aus Sicht der Forscherinnen und Forscher vor allem über die Preise: Sie fordern eine radikale Erhöhung der Tabaksteuer, um die Preise für Tabak jährlich um mindestens zehn Prozent zu steigern. Die Bundesregierung plant für 2022 bis 2026 allerdings nur mit Anhebungen der Tabaksteuer von etwa 2,5 Prozent* pro Jahr. Aktuell liegt der Anteil rauchender Erwachsener bei etwa 28 Prozent. Die Tendenz ist sinkend. Auch der Anteil rauchender Jugendlicher hat sich laut Angaben der Bundesregierung innerhalb der vergangenen 10 bis 15 Jahre um zwei Drittel verringert. Allerdings steige der Konsum von E-Zigaretten insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
Rauchverbot in der Außengastronomie: Könnte das auch in Deutschland kommen?
Die Wissenschaftler fordern auch ein komplettes Verbot von Tabakwerbung, eine Anhebung des Verkaufsalters und „vollständig tabakfreie Lebenswelten“ zu schaffen. Letzteres sieht Gesetze für eine vollständig rauchfreie Gastronomie in allen Bundesländern, einschließlich eines Verbots der Nutzung von Tabakerhitzern, E-Zigaretten und Wasserpfeifen vor, aber auch die Durchsetzung und Erweiterung von Rauchverboten in öffentlichen Verkehrsmitteln.
Draußen gar nicht mehr zu rauchen - das wäre ein weiterer Schritt eines Prozesses, bei dem man die Menschen mitnehmen müsse, meint Hanewinkel. Zuerst müsse laut dem Experten jedoch ein komplettes Rauchverbot in den Gasträumen her. Denn das gibt es aktuell nur in Bayern, Nordrhein-Westfalen und im Saarland. Auch an Bushaltestellen solle das Rauchen verboten werden, schlägt er vor. „Da würden viele mitgehen.“ Was weitere Verbote im Auto oder im Stadion angeht, mein Hanewinkel: „Wir haben uns an Verbote sehr schnell gewöhnt.“ In den Zügen der Deutschen Bahn sei der Anteil der Raucherbereiche im Laufe der Jahrzehnte immer weiter gesunken, sagt eine Bahn-Sprecherin. Seit vielen Jahren schon darf man in Zügen nun gar nicht mehr qualmen.
Nach Einschätzung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes berücksichtigen Rauchverbote mit klar definierten Ausnahmen nicht nur Nichtraucher- und Jugendschutz, sondern auch Wünsche der rauchenden Gäste und der Wirte. Es gelte: Wo gegessen wird, wird nicht geraucht. Das sei ein „guter Kompromiss“, heißt es in einer Stellungnahme. (sne/dpa) *hna.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.