Facebook löscht „Querdenken“-Kanäle als „schädliches Netzwerk“

Mit der Begründung, dass sie einen „koordinierten sozialen Schaden“ verursachen, löscht Facebook knapp 150 Konten im Zusammenhang mit der „Querdenken“-Bewegung.
Frankfurt/Berlin – Facebook hat knapp 150 Konten und Gruppen auf seinen Plattformen gelöscht, die der Internetkonzern der umstrittenen „Querdenker“-Bewegung* zuordnet. Es sei weltweit die erste gezielte Aktion, die sich gegen eine Gruppierung richte, die einen „koordinierten sozialen Schaden“ (Coordinated Social Harm) hervorrufe, teilte Facebook am Donnerstag (16.09.2021) der Deutschen Presseagentur mit.
Das soziale Netzwerk habe ein neues Verfahren entwickelt, um weltweit „schädliche Netzwerke“ von seiner Plattform zu verbannen. Das passierte den „Querdenkern“ nun auf Facebook selbst sowie auf dem Bilder-Onlinedienst Instagram. Nicht betroffen sei der Chatdienst WhatsApp, der ebenfalls zum Facebook-Konzern gehört.
Löschung von Facebook: Auch Konten von Querdenken-Gründer Ballweg betroffen
Facebook-Sicherheitsmanager Nathanael Gleicher warf der Gruppierung vor, in koordinierter Weise wiederholt gegen die Gemeinschaftsstandards von Facebook verstoßen haben. „Hierzu zählen die Veröffentlichung von gesundheitsbezogenen Falschinformationen, Hassrede und Anstiftung zur Gewalt.“ Außerdem hat Facebook Liste von Querdenker-Websites identifiziert, die Facebook-Nutzer:innen künftig nicht mehr verlinken können.
Betroffen seien auch die Accounts von „Querdenker“-Gründer Michael Ballweg, der wiederholt zu Protesten gegen die Corona*-Politik aufgerufen hatte. Ballweg kündigte an, gegen die Löschung rechtlich vorzugehen. Insbesondere die Facebook-Seite von „Querdenken711“ mit über 30.000 Abonnenten habe nur Inhalte zu den Themen Grundrechte und Meinungsfreiheit zum Thema gehabt. Man habe sich bereits in den vergangenen Monaten mehrfach gegen ungerechtfertigte Löschungen rechtlich zur Wehr setzen können, sagte er der dpa.
„Querdenker“ demonstrieren gegen Corona-Maßnahmen
Die Anhänger der „Querdenken„-Initiative gehen seit Monaten gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen auf die Straße. Bei Demonstrationen in Berlin* sowie in anderen Städten kam es mehrfach zu Angriffen auf Polizisten und Medienvertreter. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die Szene ,ähnlich wie beim Salafismus, als „Sammelbeobachtungsobjekt“ im Visier. Bei der Überwachung können auch geheimdienstliche Mittel eingesetzt werden, sowie Bankkonten und Finanzströme zwischen den Akteuren durchleuchtet werden.
Ende Mai hatte bereits die Video-Plattform Youtube den Kanal „Querdenken 711“ offline genommen, mit der Begründung gegen die Richtlinien für Fehlinformationen verstoßen zu haben. Michael Ballweg, Sprecher von „Querdenken 711“, bestritt damals die Vorwürfe und kündigte an, auf eine dezentrale Alternative zu Youtube ausweichen zu wollen. In den sozialen Netzwerken ist Querdenken inzwischen vor allem auf der Plattform Telegram vertreten, auf der selbst extremistische Inhalte nicht gelöscht werden.
„Schädliches Netzwerk“: Facebook löscht viele Telegram-Kanäle
Das „schädliche Netzwerk“ sei von Personen betrieben worden, die mit Gewalt außerhalb der Plattform und anderen „sozialen Schäden“ in Verbindung gebracht würden. An diesen koordinierten Kampagnen seien in der Regel keine Fake-Profile sondern echte Facebook-Nutzer beteiligt, die „sich organisieren, um systematisch gegen unsere Richtlinien zu verstoßen und Schaden auf oder außerhalb unserer Plattform anzurichten“, erklärte Gleicher.
Die Personen in dem Netzwerk nutzten aber auch doppelte Konten, um verletzende Inhalte zu posten und zu verbreiten. „Querdenken“ konzentriere sich in erster Linie darauf, die Verschwörungserzählung zu fördern, dass die Covid-19-Beschränkungen der deutschen Regierung Teil eines größeren Plans sind, um die Bürger ihrer Freiheiten und Grundrechte zu berauben. „Wie aus den öffentlichen Medien bekannt ist, hat diese Gruppe in Deutschland reale Gewalt gegen Menschen ausgeübt, die im Journalismus, bei der Polizei oder im Gesundheitswesen arbeiten“, heißt es in dem Blogeintrag des Facebook-Managers. (FR/dpa) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.