Dafür verantwortlich - auch das macht das Gutachten klar - seien aus Sicht der Anwälte vor allem die Münchner Bischöfe und Generalvikare.
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) verlangte ein Ende „der organisierten Verantwortungslosigkeit“ in der Kirche. Zugleich kritisierte Präsidentin Irme Stetter-Karp am Donnerstag in Bonn, dass der emeritierte Papst einen Missbrauchstäter immer wieder versetzt habe. Dass er offenbar nach wie vor kein Fehlverhalten einräume, sei erschreckend. Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, warf der katholischen Kirche nach der Vorstellung des Missbrauchsgutachtens „kalten Pragmatismus“ vor. Auch nach zehn Jahren im Amt habe ihm das Gutachten fast die Sprache verschlagen, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller sagte, das Gutachten überführe Benedikt XVI. „der Unwahrheit“. Mit seiner Stellungnahme habe Ratzinger „die letzte Chance verspielt, reinen Tisch zu machen mit seiner Verantwortung als Erzbischof von München und Freising für seine Vertuschung von Sexualstraftaten“, sagte Schüller der „Rheinischen Post“.
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. habe nach der Veröffentlichung des neuen Gutachtens zum sexuellen Missbrauch im Erzbistum München und Freising „Schock und Scham“ bekundet, wie die Nachrichtenagentur AFP mitteilte. Bis zum Donnerstagnachmittag habe der 94-Jährige keine Kenntnis über den genauen Inhalt des Gutachtens gehabt, teilte sein Sprecher Georg Gänswein in Rom mit. Er werde das Papier nun studieren.
Auch der aktuelle Erzbischof von München und Freising Kardinal Marx zeigte sich in einer ersten Stellungnahme „erschüttert und beschämt“. Gespräche mit Betroffenen hätten bei ihm dazu geführt, seine Kirche heute in einem anderen Licht zu sehen: „Für mich haben die Begegnungen mit Betroffenen sexuellen Missbrauchs eine Wende bewirkt. Sie haben meine Wahrnehmung der Kirche verändert und verändern diese auch weiterhin“, sagte Marx. Er fühle sich „mitverantwortlich für die Institution Kirche in den letzten Jahrzehnten“ und bitte „im Namen der Erzdiözese um Entschuldigung für das Leid, das Menschen im Raum der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten zugefügt wurde“. (ska mit dpa/AFP/kna)