„Globale Bedrohung“: Antibiotika-Einsatz bei Tieren schadet Gesundheit der Menschen
Der Antibiotika-Einsatz bei Nutztieren bedroht die Gesundheit der Menschen. Forschende fordern deswegen strengere Richtlinien.
London – Mit immer mehr Antibiotika-Nutzung bei Tieren steigen auch die Antibiotikaresistenzen von Bakterien beim Menschen. Diese Entwicklung kann gefährlich werden. Da Antibiotika bei Infektionen oft wirkungslos bleiben, werden jährlich Hunderttausende Tote gezählt. Die steigende Tendenz haben Forschende um Laith Yakob von der Londoner „School of Hygiene und Tropical Medicine“ der University of London untersucht.
Antibiotika: Zusammenhang zwischen Nutzung bei Tieren und Resistenzen beim Menschen
Es gebe einen Zusammenhang zwischen Nutzung und Resistenz von Antibiotika, schreibt das Forschungsteam im Fachmagazin The Lancet Planetary Health. Demnach kommen beim Menschen antibiotikaresistente Bakterien häufiger vor, wenn Antibiotika oft verabreicht werden. Auch bei Nutztieren sei der Trend derselbe. Je höher die Antibiotika-Nutzung bei Nutztieren ausfalle, desto höher sei zudem der Wert der resistenten Keime beim Menschen. Andersherum sei das auch der Fall. Insgesamt würden jährlich 100.000 Tonnen Antibiotika für die Nutztierhaltung verkauft.
Im Zuge der Studie wurden unterschiedliche Einflüsse auf eine Antibiotikaresistenz analysiert. Mittels verschiedener Quellen sowie Daten bezüglich der Bevölkerung, Umwelt und Sozioökonomie, der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Vereinten Nationen (UN), baute das Team die umfassendste Datenbank auf, so die Forschenden.
Resistenzen: Jährlich hunderttausende Tote in Deutschland
Antibiotika sind Arzneimittel zur Behandlung von bakteriellen Infektionen. Bei häufiger Nutzung oder falscher Einnahme können sich die Keime genetisch verändern – und werden so resistent. Als multiresistent gelten Erreger, wenn mehrere oder alle Antibiotika gegen sie wirkungslos sind. „Die Antibiotika-Resistenz ist eine globale Bedrohung, sowohl für die öffentliche Gesundheit als auch die Wirtschaft“, sagte WHO-Expertin Catharina van Weezenbeek in einem Bericht. Schätzungsweise sterben jährlich 1,3 Millionen Menschen weltweit an den antibiotikaresistenten Bakterien.

Ende 2022 berichtete die EU-Gesundheitsbehörde ECDC von jährlich mehr als 35.000 Todesfällen durch Antibiotikaresistenzen im Europäischen Wirtschaftsraum. Vergleichbar seien die gesundheitlichen Folgen mit denen von Influenza, Tuberkulose und HIV/Aids vereint, so die Behörde. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) würden jährlich 2500 Menschen an multiresistenten Bakterien und zusätzlich Tausende durch Einzelresistenzen sterben.
Antibiotika-Nutzung: Forscherteam fordert strengere Richtlinien
Laut den Forschenden sei in Deutschland der Wert der antibiotikaresistenten Keime unterdurchschnittlich, obwohl große Mengen an Antibiotika in die Tierzucht fließen würden. Solche Abweichungen können auftreten. Demnach gebe es auch andere Indikatoren, die auf ein hohes Niveau an antibiotikaresistenten Bakterien deuten – unter anderem die Sterberate wegen nicht ausreichender Hygienemaßnahmen und ein niedriges Bruttoinlandsprodukt.
Antibiotika-Resistenzen gehören weltweit zu den häufigsten Todesursachen. Mit dem Anstieg der Nutzung und zusammenhängenden Rückständen von Antibiotika wächst auch die Wahrscheinlichkeit von neuen Resistenzen. Deswegen fordert das Forschungsteam strengere Richtlinien für die Verschreibung und Nutzung von Antibiotika – sowohl bei Menschen, als auch bei Tieren. Trotzdem seien Kontrollmethoden nicht ausreichend. Im Fokus müsse die Verbesserung der staatlichen Steuerung und die Transparenz mit dem Antibiotika-Umgang stehen. Das gelte besonders für Länder, die einen hohen Wert an Resistenzen aufweisen. (hk)