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Psychologe Slepian rät: Nicht alles, was uns bewegt, sollte hinter Schloss und Riegel bleiben. imago images
Psychologe Slepian rät: Nicht alles, was uns bewegt, sollte hinter Schloss und Riegel bleiben. © Imago

Welche Geheimnisse tragen wir mit uns herum – und wenn ja, wie viele? Um das herauszufinden hat ein US-Psychologe Menschen auf der ganzen Welt befragt.

Gedanken gehören zu den bestgehütetsten Geheimnissen weltweit. Konkreter: Gedanken, die sich ums Fremdgehen drehen. Das hat der Psychologe Michael Slepian herausgefunden. Der Forscher der Columbia-Universität in New York hat 50 000 Menschen auf der ganzen Welt gefragt, welche Geheimnisse sie haben.

Auf den vorderen Plätzen in Slepians Hitliste der größten Geheimnisse, die außer den Befragten selbst niemand kannte, landeten neben Gedanken auch konkrete Handlungen. Platz zwei belegten etwa sexuelle Verhaltensweisen, von denen niemand etwas wissen sollte. Auf weiteren vorderen Plätzen rangierten Diebstahl sowie Selbstverletzung.

Es ist kein Geheimnis, dass wir alle wenigstens ein Geheimnis mit uns herumtragen, jetzt in diesem Moment. Laut Slepians Studie gaben 97 Prozent der Befragten an, zur Zeit mindestens ein Geheimnis zu hüten. Die meisten Menschen gaben an, Lügen zu verschweigen (69 Prozent), Beziehungsprobleme (61 Prozent) oder Finanzen (58 Prozent).

Im Mittelfeld fand sich das Betrügen bei der Arbeit oder in der Schule (36 Prozent). Die wenigsten der Befragten hielten es für nötig, eine Schwangerschaft (12 Prozent) oder Hochzeitsplanungen (10 Prozent) vor anderen Menschen geheim zu halten.

Im Durchschnitt bewahrte jede und jeder der Befragten mindestens 13 Geheimnisse, von denen fünf so geheim waren, dass sie mit niemandem geteilt wurden und nur die befragte Person selbst sie kannte. Das liegt daran, dass Geheimnis eben nicht gleich Geheimnis ist. Es macht schließlich einen sehr großen Unterschied, ob wir lediglich ein Geburtstagsgeschenk nicht im Voraus verraten wollen oder ein schweres Trauma verheimlichen. Manche Geheimnisse verraten wir niemandem und nehmen sie sogar mit ins Grab. Andere wiederum beichten wir innerhalb der Partnerschaft, einem Familienmitglied oder auch guten Bekannten.

Was uns wichtig ist und was nicht, ist natürlich individuell ganz verschieden. Während das Verheimlichen von gesundheitlichen Problemen oder verstecktem Drogenkonsum für einige Menschen nicht der Rede wert ist, so können andere schwer darunter leiden, sich niemandem anzuvertrauen.

Die Angst vor Offenlegung, aber auch Schuldgefühle, Scham, Unsicherheit und Stress können die Folge sein. Da fragt sich natürlich: Wann sollte man ein Geheimnis besser bewahren und wann kann man es mit anderen teilen? „Geheimnisse, die mich selbst betreffen, kann ich natürlich offenbaren, wem ich will“, sagt die Diplom-Psychologin Felicitas Heyne aus Annweiler am Trifels. „Alle Geheimnisse, die andere Menschen mir anvertraut haben, muss ich aber für mich behalten.“ Das Geheimnis gehört also der Person, die es betrifft, könnte man sagen. Doch dabei sollte man genau hinschauen. „Manche Geheimnisse betreffen Dinge, bei denen Menschen sich selbst oder anderen schaden, zum Beispiel wenn es um Gewalt oder Suchterkrankungen geht. Die sollte man sogar unbedingt mit jemandem teilen, hier ist Schweigen unangebracht“, meint Heyne.

Das ist allerdings nicht immer ganz einfach, denn was oft übersehen wird: Auch die Person, die ins Vertrauen gezogen wird, kann das Wissen um das Geheimnis sehr belasten. Sie muss schließlich ihrerseits Stillschweigen bewahren, vielleicht sogar schauspielern oder lügen, um nichts zu verraten, ganz unabhängig vom Inhalt des Geheimnisses, der seinerseits eine Bürde darstellen kann.

Hilfe bei Dritten suchen

Manchmal werden Geheimnisse sogar regelrecht auf andere abgeladen, so dass sich die beichtende Person anschließend zwar besser fühlt, dafür aber die zuhörende Person ein Problem hat. „Wenn ein Geheimnis mich zu sehr belastet, sollte ich das dem Betreffenden sagen. Ich kann ihn auch darum bitten, sein Geheimnis zu lüften. Es bleibt aber weiterhin seine Verantwortung, das zu tun!“

Nur, was macht man, wenn die betreffende Person das Geheimnis nicht offenlegen will? Psychologin Heyne rät in so einem Fall: „Wenn ein Geheimnis Sie sehr belastet oder Sie unsicher sind, wie Sie mit Ihrem Wissen umgehen sollen: Suchen Sie Hilfe bei einem Profi, der von Berufs wegen erstens zur Verschwiegenheit verpflichtet und zweitens darin geübt ist.“ Bei psychotherapeutischen Fachkräften, psychosozialen Beratungsstellen und bei der Seelsorge seien Geheimnisse gut aufgehoben.

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