Ein Plakat aus dem Jahr 2007 bittet um Mithilfe bei der Suche nach Maddie McCann.
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Ein Plakat aus dem Jahr 2007 bittet um Mithilfe bei der Suche nach Maddie McCann.

Verdächtiger sitzt bereits Haftstrafe ab

Anklage gegen Verdächtigen im Fall Maddie: Landgericht Braunschweig sieht sich „nicht zuständig“

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig klagte den Verdächtigen im Fall Maddie McCann wegen anderer Straftaten an, doch das Landgericht Braunschweig sieht sich nicht zuständig.

Braunschweig – Am 3. Mai 2007 verschwand die damals dreijährige Maddie McCann aus einem Ferienappartement im portugiesischen Praia da Luz. Bis heute ist der Fall nicht gelöst, doch es gibt einen Tatverdächtigen, der im Fall Maddie unter Mordverdacht steht. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig klagte den 46-jährigen Deutschen im Oktober 2022 wegen anderer Straftaten an, die nicht im Zusammenhang mit dem Fall Maddie stehen. Am Donnerstag (20. April) teilte das Landgericht Braunschweig nun mit, in der Anklage gegen den 46-Jährigen „nicht zuständig“ zu sein.

Das mysteriöse Verschwinden im Urlaub und ein Deutscher unter Verdacht: Der Vermisstenfall Maddie McCann

Maddie McCann gilt seit 2007 vermisst. Das britische Mädchen ist aus einer Ferienanlage in Portugal (Algarve) verschwunden.
Am 3. Mai 2007 verschwindet Madeleine McCann, genannt Maddie, spurlos. Die Suche nach der damals Dreijährigen entwickelt sich zu einem der kompliziertesten Kriminalfälle aller Zeiten. Weltweit bewegt das Schicksal der kleinen Britin die Menschen. Ihre Eltern geben die Suche und die Hoffnung, dass Maddie am Leben ist, bis heute nicht auf.  © afp
02.05.2017, Großbritannien, Praia Da Luz: Der Pool des "Ocean Clubs", der neben dem Apartment 5A liegt, in dem die britische Familie McCann 2007 Urlaub machte. Im Fall des vor gut 13 Jahren in Portugal verschwundenen britischen Mädchens Madeleine "Maddie" McCann steht ein 43 Jahre alter Deutscher unter Mordverdacht.
Die Familie McCann war zum Urlaub in der Ferienanlage „Ocean Club“ im portugiesischen Praia da Luz. Am Abend des 3. Mai 2007 gehen die Eltern Kate und Gerry mit Freunden zum Abendessen in ein Restaurant in der Anlage. Maddie und ihre jüngeren Geschwister, die Zwillinge Amelie und Sean, schlafen im Apartment. Keine 100 Meter von ihren Eltern entfernt. Bei einem Kontrollbesuch bemerkt Kate, dass Maddie verschwunden ist, berichtete die Mutter. © Steve Parsons/PA Wire/dpa
Die portugiesische Polizei sucht zwei Tage nach dem Verschwinden von Maddie McCann die Umgebung des Hotels in Praia de Luz ab.
Kate McCann ruft sofort Hilfe. Grenzpolizei und Flughafen-Security werden alarmiert. Die portugiesische Polizei startet eine große Suchaktion nach dem Mädchen. Beamten durchforsten mit Hunden die Umgebung des Hotels und große Teile der Algarve. Hunderte Freiwillige schließen sich der Suche an.  © Vasco Celio/AFP
Verschwinden von Maddie
Maddie taucht nicht wieder auf. Ihre Eltern wenden sich im Juni 2007 an die Öffentlichkeit und bitten um Hilfe. Im August, 100 Tage nach Maddies Verschwinden, teilen Ermittler mit, dass das vermisste Mädchen wohl nicht lebendig gefunden werden würde. Kate und Gerry glauben bis heute daran, dass ihre Tochter am Leben sein könnte.  © Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa
Der Appartmentkomplex in Praia da Luz an der portugiesischen Algarveküste, aus dem Madeleine McCann verschwand.
Im Juni 2007 wird bekannt, dass bei der Durchsuchung des Ferienapartments der McCanns Fehler passiert sein sollen. Ein Polizeichef aus Portugal gibt zu, dass möglicherweise entscheidende Spuren zerstört wurden, weil der Tatort nicht gründlich gesichert war. © picture alliance/dpa / Armando Franca
Kate und Gerry McCann
Kate und Gerry McCann geben die Hoffnung auch sechs Jahre später nicht auf. 2011 veröffentlichen sie das Buch mit dem Titel „madeleine“. 2012 gehen die Eltern mit einem computergenerierten Bild an die Öffentlichkeit, das zeigen soll, wie Maddie im Alter von neun Jahren aussehen könnte. Die Eltern hoffen, jemand könnte ihre Tochter gesehen haben. © John Stillwell/PA Wire/dpa
Ein computergeneriertes Bild zeigt, wie Maddie im Alter von neun Jahren aussehen könnte.
Mit diesem Foto suchten die McCann nach Zeugen. So könnte Madeleine McCann sechs Jahre nach ihrem Verschwinden ausgesehen haben. Mit einem Computerprogramm wurde die künstliche Alterung aus einem anderen Bild erstellt. Einen Tag vor diesem Aufruf teilte die portugiesische Polizei mit, sie werde den Fall nicht wieder aufnehmen. © fkn
Suche nach Maddie McCann Algarve
Im Januar 2014 fliegt die britische Polizei nach Portugal und plant nach eigenen Aussagen eine Festnahme. Im Juni durchsucht Scotland Yard erneut die Gebiete südwestlich des „Ocean Clubs“. Einen Monat später werden vier Verdächtige befragt, aber es ergeben sich keine neuen Erkenntnisse.  © Filifpe Farinha /dpa / picture alliance
Schlechte Nachrichten für Maddies Eltern: Ihre Tochter bleibt weriterhi verschwunden.
2015 berichtet die Scotland Yard, die Suche nach Madeleine McCann habe bislang über zehn Millionen Pfund gekostet. Im April 2017 schließen die britischen Ermittler die vier bislang Verdächtigen aus, sprechen aber von einer neuen Spur.  © AFP
Ist Christian B. für das Verschwinden von Maddie verantwortlich?
Führt diese Spur nach Deutschland? Im Juni 2020 hat die deutsche Polizei einen Hauptverdächtigen gefunden: Der 43-jährige Christian B. soll Maddie entführt und womöglich umgebracht haben. Die deutschen Behörden ermitteln in einem Mordfall und gehen davon aus, dass Madeleine tot ist. Dafür sollen Beweise sprechen, die die Polizei aus „ermittlungstechnischen Gründen“ nicht veröffentlichen möchte. © epa/Luis_Forra/Fotomontage
04.06.2020, Portugal, Praia Da Luz: Das undatierte Foto zeigt das Ferienressort, in dem die britische Familie McCann 2007 Urlaub machte. Im Fall des vor gut 13 Jahren in Portugal verschwundenen britischen Mädchens Madeleine "Maddie" McCann steht ein 43 Jahre alter Deutscher unter Mordverdacht.
Zwischen 1995 und 2007 soll Christian B. im Süden Portugals gelebt haben. 2007, zum Zeitpunkt von Maddies Verschwinden, hielt er sich laut den Ermittlungen unweit von Praia da Luz auf. Ihm werden mehrere Sexualstraftaten vorgeworfen, alle soll er in Portugal verübt haben. Für eine davon sitzt er seit 2017 in einem deutschen Gefängnis.  © Steve Parsons/PA Wire/dpa
War Maddie in diesem Bus? Die Polizei veröffentlichte Fotos des VW T3 Westfalia – Christian B. nutzte das Fahrzeug in Portugal.
Das soll das Auto sein, mit dem Christian B. in der Algarve unterwegs war. Die britische Polizei veröffentlichte Fotos von dem Fahrzeug, in der Hoffnung, Zeugen zu finden. War Maddie etwa in diesem VW T3 Westfalia? © AFP Photo/Metropolitan Police
Ex-Chefermittler erhebt schwere Vorwürfe gegen Madeleines Eltern
Der ehemalige Chefermittler Goncalo Amaral erhebt im Juni 2020 schwere Vorwürfe gegen die Eltern von Madeleine McCann. Er sagt, sie hätten die Entführung nur simuliert. Das Indiz für ihn: Ein Fenster, „von dem niemand sicher sagen konnte, ob es geschlossen oder offen war“. Ein Jahr später bestärkte er diese These erneut. © picture-alliance/ dpa / epa Lusa Antonio Cotrim
Polizisten stehen in einem Garten neben einem Bagger.
Im Juli 2020 hofften die deutschen Behörden auf einen echten Durchbruch. Im Kleingarten von Christian B., unweit von Hannover, wurde ein geheimer Keller gefunden. Die Polizei baggerte den Garten auf.  © AFP/HAUKE-CHRISTIAN DITTRICH
Auf Instagram weist Julia W. auf angebliche Ähnlichkeiten zwischen ihr und der verschwundenen Maddie hin
Der nächste vermeintliche Durchbruch folgt Anfang 2023. Eine Frau aus Polen behauptet, die vermisste Maddie McCann zu sein. Sie sei als Kind entführt worden und unter anderem Namen aufgewachsen, behauptet sie. Auf Instagram postet sie Fotos, die das beweisen sollen. Eine Hellseherin unterstützt die 21-Jährige. Wochen später beweist ein DNA-Test, dass sie nicht Maddie ist.  © Instagram
Seit 2007 wird Madeleine McCann vermisst.
16 Jahre nach ihrem Verschwinden, ist der Fall um Madeleine McCann noch immer ein Rätsel. Ihre Eltern glauben nach wie vor daran, dass sie noch lebt. Im Mai 2023, um Maddies Geburtstag am 12. Mai, tat sich in Deutschland neuer Wirbel um den Verdächtigen auf. Das Landgericht Braunschweig will für eine Anklage in anderen Fällen gegen den Tatverdächtigen nicht zuständig sein. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat jahrelang ermittelt, jetzt droht der Fall nach Sachsen-Anhalt zu gehen. Die Behörde hat Beschwerde gegen die Gerichtsentscheidung eingelegt. © AFP/Handout

Tatverdächtiger im Fall Maddie McCann vor Flucht ins Ausland offenbar nicht in Braunschweig wohnhaft

Ein Rückschlag in der Anklage gegen den deutschen Tatverdächtigen, der auch mit dem Verschwinden von Maddie McCann in Verbindung gebracht wird. Das Landgericht Braunschweig sieht sich für die Anklage wegen sexuellen Missbrauchs und schwerer Vergewaltigung in mehreren Fällen „nicht zuständig“. Der Grund: Der letzte Wohnsitz des Deutschen lag offenbar außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Gerichts. Demnach sei der 46-Jährige vor seiner Flucht ins Ausland zuletzt in Sachsen-Anhalt wohnhaft gewesen, nicht in Braunschweig.

Der Fall müsste demnach bei einer anderen Staatsanwaltschaft weiterverfolgt werden. Allerdings will der Staatsanwalt Hans Christian Wolters Beschwerde beim Oberlandesgericht Braunschweig einreichen, wie der NDR berichtete. Solange dort nichts entschieden sei, gehe die Braunschweiger Staatsanwaltschaft unverändert davon aus, für den Verdächtigen im Fall Maddie zuständig zu sein. Auch die Ermittlungen gingen weiter, hieß es.

Ein Untersuchungshaftbefehl gegen den Verdächtigen wurde wegen der Entscheidung des Gerichts Braunschweig indes aufgehoben. Einfluss auf die Verbüßung der derzeitigen Straftat des 46-Jährigen habe dies nicht, hieß es vonseiten des Landgerichtes in Braunschweig. Der Verdächtige sitzt derzeit eine siebenjährige Haftstrafe wegen einer anderen Straftat ab.

Wer ist der Tatverdächtige im mutmaßlichen Mordfall Maddie McCann?

Der Tatverdächtige soll der Staatsanwaltschaft Braunschweig zufolge zwischen Dezember 2000 und Juni 2017 in Portugal drei Fälle schwerer Vergewaltigung und zwei Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern begangen haben. Aktuell verbüßt der Mann eine siebenjährige Haftstrafe nach einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Vergewaltigung in Portugal im Jahr 2005. Ein Haar am Tatort hatte damals den DNA-Beweis geliefert. Die Haftzeit des Mannes wäre nach früheren Angaben der Staatsanwaltschaft im September 2025 voll verbüßt, dann könnte der Tatverdächtige also auf freien Fuß gesetzt werden.

Der 46-Jährige saß bereits bis 2018 wegen einer anderen Straftat im Gefängnis und war wegen einer mutmaßlichen Justizpanne vorübergehend für vier Wochen freigekommen. Der 46-Jährige ist wegen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs einschlägig vorbestraft und soll deutschen Ermittlern zufolge früher regelmäßig in Portugal in Ferienanlagen und Hotels eingebrochen sein und dabei auch Sexualstraftaten begangen haben. Mindestens 17 Einträge finden sich im Bundeszentralregister vom Tatverdächtigen, darunter neben sexuellem Missbrauchs auch Drogendelikte, Diebstahl und Körperverletzung.

Offiziell gilt der 46-Jährige seit dem Jahr 2020 als Verdächtiger im Fall Maddie McCann, als die Staatsanwaltschaft Braunschweig Ermittlungen gegen ihn einleitete. Unter anderem belegen Handydaten, dass der Tatverdächtige nahe der Ferienanlage in Praia da Luz eingeloggt war, als die dreijährige Maddie verschwand. Auch weitere Indizien sollen laut Braunschweiger Staatsanwaltschaft dafür sprechen. Man gehe davon aus, dass das Mädchen tot ist, hatte Wolters im Jahr 2020 gesagt und sich auf „Sachbeweise“ berufen, die seinen Angaben zufolge aus ermittlungstechnischen Gründen jedoch nicht öffentlich gemacht werden können. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung (dpa/AFP/bme).

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