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Schwarz-Konzern setzt auf IT
Wird Lidl zu Amazon 2.0? Die großen Pläne des Discounter-Giganten
Programmierschule, KI, Cloud-Plattform - das Lidl-Mutterunternehmen setzt auf IT-Ausbau. Am Firmensitz in Neckarsulm passiert aber noch viel mehr.
Frankfurt – Die Schwarz-Gruppe, das Mutterunternehmen von Lidl, will, ähnlich wie einst Amazon, sein IT-Geschäft stark ausbauen. Das berichtet die Deutsche Presse-Agentur. Ähnlich wie der Handelsriese Amazon investiert das Imperium von Lidl-Gründer Dieter Schwarz in das profitable Cloud-Geschäft und gehört laut Branchenfachleuten schon heute zu den größten deutschen Anbietern. Um mit den drei weltweiten Schwergewichten Amazon, Google und Microsoft mithalten zu können, ist es aber noch ein weiter Weg. Künftig könnte sich allgemein das Einkaufserlebnis verändern. Derzeit experimentieren viele Einzelhändler bereits mit autonomen Supermärkten, also Supermärkten ohne Personal.
Ein Bildungscampus, eine Programmierschule, etliche Institute und bald auch ein großer Forschungspark für künstliche Intelligenz (KI): Unterstützt durch die Schwarz-Stiftung werden in Heilbronn immer mehr Forschungs- und Bildungseinrichtungen aus dem Boden gestampft. Das nächste Großprojekt steht auch schon an: ein KI-Park. Auf einem 23 Hektar großen Areal soll eine Art kreisrunder KI-Stadtteil für 5000 Beschäftigte entstehen. In spätestens zehn Jahren soll das Projekt abgeschlossen sein, wie das RedaktionsNetzwerk Deutschland berichtet. Die Stiftung und das Land Baden-Württemberg investieren zunächst 100 Millionen Euro.
Amazon 2.0: Lidl hat große Pläne für den IT-Ausbau
„Wir wollen hier ein Ökosystem bauen und die besten Köpfe im Bereich Cyber nach Heilbronn holen“, erklärt Rolf Schumann, Digitalchef der Schwarz-Gruppe, die Motivation für den Park gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. IT-Fachleute könnten sich heute die Jobs aussuchen – da müsse die Umgebung stimmen. Rund 7000 Menschen arbeiten bereits bei der Schwarz IT und Schwarz Digital.
Wenn Schumann in das Herzstück seiner Sicherheitsarchitektur führt, sieht es ein bisschen aus wie in einem Science-Fiction-Film. Steril wirkende Räume, Zugang nur über einen Scanner, der die Venenmuster der Hand erfasst - und auf einmal taucht hinter einer zuvor milchigen Glasscheibe ein riesiger Bildschirm voller Zahlen und Graphen auf. Davor sitzen ein paar Menschen an PCs und arbeiten die offenen Punkte ab. Oder eher: die Schwachstellen, die Hackerinnen und Hacker als mögliches Einfallstor in die Systeme der Schwarz-Gruppe nutzen könnten.
Nicht nur Lidl, auch andere Kunden könnten vom IT-Ausbau profitieren
„Die Systeme sind so komplex geworden, dass sie nicht mehr beherrschbar sind“, sagt Schumann. Die einzige Chance bestehe darin, das System in Echtzeit zu simulieren und Schwachstellen zu priorisieren, so der Digitalchef weiter. Zuständig dafür ist eine Software des israelischen Sicherheitsspezialisten XM Cyber, den Schwarz Ende 2021 kaufte. Einer der Gründer ist laut Firmenhomepage der frühere Chef des Geheimdienstes Mossad, Tamir Pardo.
Unternehmen | Lidl Stiftung & Co. KG |
Gründung | 1930 |
Gründer | Josef Schwarz |
Hauptsitz | Neckarsulm |
Umsatz (2021) | 100,8 Milliarden Euro |
Tochtergesellschaften | Lidl, Lidl France, Lidl Asia Pte. Limited, Lidl Czech Republic |
Lidl setzt bei seinem IT-Ausbau auch auf Cloud-Dienste für externe Kunden als weiteres Standbein
Dabei ist das Thema nur eines der neuen Standbeine, die sich die Schwarz-Gruppe aufbaut. Denn auch als Cloud-Anbieter mit eigenen Rechenzentren in Deutschland macht sich Schwarz einen Namen. Stackit heißt die Cloud-Plattform, die das Unternehmen ursprünglich für sich selbst aufbaute - die Online-Systeme von Lidl und Kaufland etwa laufen darüber. Seit einem Jahr stehen die Speicher aber auch Unternehmen und Verwaltungen offen. Wie viele Kunden aufgesprungen sind, verrät Schwarz nicht.
Das Vorgehen erinnere ein bisschen an Amazon, die zuerst für sich selbst eine Lösung suchten und deren Cloud-Dienst AWS mittlerweile zu den meistgenutzten Diensten weltweit gehöre, sagt Cloud-Experte Lukas Klingholz vom IT-Branchenverband Bitkom. Es werde ein System, das zunächst nur für sich selbst entwickelt worden sei, nach außen angeboten. „Cloud ist nicht nur ein relevanter Markt mit einer hohen Marge, sondern auch ein Markt, der zunächst einmal hohe Investitionen erfordert. Da steigt man nicht mal eben als Start-up mit drei Leuten ein. Die Kosten für den Markteinstieg sind hoch.“
Wird Lidl das nächste Amazon oder Google? „Wenn es passiert, dann passiert es“
Neben Anbietern wie der Deutschen Telekom und Ionos gehöre Stackit bereits zu den größten deutschen Firmen in dem Bereich. Darüber hinaus gebe es etliche kleinere Anbieter. Vor allem für Verwaltungen, für regulierte Industrien, aber auch für kleinere und mittlere Unternehmen erhofften sich die Anbieter Potenziale. An die Grenzen komme das Konzept aber, wenn es darum gehe, Daten auch global im Ausland abrufbar zu machen. Da hätten die weltweit tätigen Anbieter aufgrund globaler Verfügbarkeiten von Rechenzentren Vorteile. Christian Müller, der Chef der Schwarz-IT, übt sich daher noch in Zurückhaltung. Das Ziel sei nicht, das nächste Amazon oder Google zu werden.
„Wenn es passiert, dann passiert es. Aber wir streben das nicht an.“ Es seien schon viele Mittelstandkunden auf Stackit unterwegs. Konkrete Zahlen nennt der Konzern auch hier nicht. Auch Supermarktkonzern Rewe hat das Thema Digitalisierung auf die Agenda gehoben. Im Herbst verschmolzen dort zwei Einheiten zu „Rewe digital“ mit rund 2200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ziel sei die Weiterführung der Handels-IT innerhalb der Rewe-Gruppe. Ob IT-Dienstleistungen auch außerhalb der Gruppe angeboten werden, teilte das Unternehmen nicht mit. Aldi Süd wollte sich aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht zu dem Thema äußern. (Niklas Mülle/dpa)
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