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Kifferparadies USA

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Von: Damir Fras

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Schlaraffenland für Kiffer: In Colorado ist der Konsum vom Marihuana seit 2014 legal
Schlaraffenland für Kiffer: In Colorado ist der Konsum vom Marihuana seit 2014 legal © imago

In der kommenden Woche entscheiden neun Bundesstaaten in den USA über die Freigabe von Marihuana. Der Bundesstaat Colorado macht vor, welche Vorteile eine Legalisierung hat.

Damian Marley hat schon vorgesorgt. Vor kurzem kaufte der jüngste Sohn von Reggae-Legende Bob Marley zusammen mit Partnern für mehr als vier Millionen US-Dollar ein aufgelassenes Gefängnis im kalifornischen Coalinga. Wo früher Menschen wegen Drogendelikten eingesperrt waren, soll künftig Marihuana angebaut werden.

Das Projekt des Musikers ist das jüngste Beispiel für einen Trend, der sich in den USA durchzusetzen scheint: 25 US-Bundesstaaten haben die Droge bereits zu medizinischen Zwecken als Schmerzmittel freigegeben.

In vier Staaten und dem Hauptstadtbezirk Washington, D.C., ist sogar das Kiffen ohne Krankenschein legal. Und nach der Präsidentschaftswahl am 8. November könnte ein noch größerer Teil der USA legal dem Cannabis verfallen. In neun Bundesstaaten finden an diesem Tag Volksabstimmungen über die Freigabe von Marihuana statt.

Kalifornien mit Signalwirkung

Für die Befürworter der Marihuana-Legalisierung ist vor allem Kalifornien wichtig. Sollten die Wähler dort das Rauschmittel für legal erklären, dann wäre das ein Signal für den Rest des Landes. Im bevölkerungsreichsten Bundesstaat der USA mit knapp 40 Millionen Einwohnern ist Cannabis als Schmerzmittel auf Rezept schon seit 1996 legal. 2010 lehnten die Wähler die vollständige Freigabe der Droge als Genussmittel für den Freizeitgebrauch ab. Nach aktuellen Umfragen hat sich das Meinungsbild allerdings zugunsten der Drogenlegalisierung verändert.

Ähnlich sieht es in den Bundesstaaten Arizona, Nevada, Maine und Massachusetts aus, wo ebenfalls über die Freigabe des Rauschmittels unter Auflagen an Erwachsene über 21 Jahren entschieden wird. In Arkansas, Florida, Montana und North Dakota geht es zwar nur um die Legalisierung von Marihuana als Schmerzmittel, für das Konsumenten ein Rezept verlegen müssen.

Doch der Trend wäre nach Ansicht von Experten kaum noch aufzuhalten, wenn der US-Bundesstaat Kalifornien das Cannabis zu einer legalen Droge wie Tabak und Alkohol erklärt. „Wenn wir erfolgreich sind“, sagt Kaliforniens Vize-Gouverneur Gavin Newsom, ein Befürworter der Freigabe, „dann ist das der Anfang vom Ende des Krieges gegen Marihuana.“ Dann werde das auch in Kaliforniens Nachbarland Mexiko und anderen Staaten Lateinamerikas zu Debatten über die Freigabe von Cannabis führen.

„Dann ist der Zug nicht mehr zu stoppen“, sagt auch Ricardo Baca, der in Denver im Bundesstaat Colorado für die örtliche Zeitung als erster und bislang einziger Marihuana-Redakteur der USA arbeitet. Die Website thecannabist.co der „Denver Post“ gilt inzwischen US-weit als Autorität in Sachen Cannabis. In Colorado ist Marihuana seit Anfang 2014 legal. Der Bundesstaat sei wie ein Labor für die USA, sagt Baca. Das Geschäft ist lukrativ. In Colorado allein wurde im Cannabis-Geschäft im Jahr 2015 mehr als eine Milliarde US-Dollar umgesetzt. US-weit waren es fast sieben Milliarden Dollar. Der Umsatz, so sagen Branchenkenner, werde bis zum Jahr 2020 auf mehr als 22 Milliarden Dollar ansteigen. Es gibt inzwischen einen Aktienindex für die Branche. In Denver haben sich Arbeitsvermittler niedergelassen, die Jobbörsen für die sogenannte Marihuana-Industrie veranstalten. Selbst der (bei der Wahl am 8. November chancenlose) Präsidentschaftsbewerber Gary Johnson ist in das Geschäft eingestiegen.

Während Marihuana-Gegner kurz vor den Abstimmungen in Zeitungsanzeigen, Fernsehspots und im Internet gegen die Legalisierung zu Felde ziehen, ist in der US-Bevölkerung allgemein die Zustimmung zur Cannabis-Freigabe gestiegen. Mittlerweile, so eine Umfrage des Instituts Gallup, halten mehr als 60 Prozent der US-Amerikaner ein Marihuana-Verbot für überholt. Vor zehn Jahren waren es gerade einmal gut 30 Prozent.

Druck beim neuen Präsidenten

Das übt auch Druck auf den nächsten Präsidenten aus, das Marihuana-Verbot auf US-Bundesebene zu überdenken. Amtsinhaber Barack Obama hat zwar Sympathien für die Entscheidungen in den einzelnen Bundesstaaten gezeigt, sich aber nie daran gemacht, die US-weit immer noch gültige Marihuana-Prohibition zu beenden. Das führt zu bemerkenswerten Problemen. US-weit tätige Banken geben kaum Kredite für das Marihuana-Geschäft auf lokaler Ebene aus, weil sie fürchten müssen, wegen Geldwäsche belangt zu werden. Und im Hauptstadtbezirk Washington, wo das Kiffen zu Genusszwecken legal ist, haben Cannabis-Konsumenten auch ein Problem. Weil viele Grundstücksflächen in der Hauptstadt unter Bundesverwaltung stehen, machen sie sich theoretisch strafbar, wenn sie Parkanlagen wie die National Mall überqueren und Marihuana in der Tasche haben.

Die Befürworter einer Marihuana-Freigabe in Kalifornien und anderswo argumentieren, dass sich am Beispiel Colorado ablesen lasse, wie gänzlich unproblematisch eine Legalisierung in Wirklichkeit sei. Es sei nachweisbar, dass der Schwarzmarkt für Marihuana einen heftigen Schlag erlitten habe. Auch habe die Freigabe weder die Zahl der minderjährigen Kiffer erhöht noch zu mehr drogenbedingten Verkehrsunfällen geführt. Stattdessen seien die Steuereinnahmen für die Bundesstaaten in die Höhe geschossen.

So hat etwa der Musiker Damian Marley dem zentralkalifornischen Städtchen Coalinga nach einem Bericht des Magazins „Billboard“ aus der Finanzmisere geholfen. Coalinga hatte Schulden von 3,3 Millionen US-Dollar. Dann kam der Sohn der Reggae-Legende Bob Marley und blätterte mehr als vier Millionen hin, um ein altes Gefängnis zur Marihuana-Plantage umzubauen.

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