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Katja Krasavice vs. Dieter Bohlen: Die Waffen der Frau

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Von: Jana Ballweber

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DSDS-Jury: Leony (l-r), Katja Krasavice, Pietro Lombardi und Dieter Bohlen, Jury-Mitglieder der Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“.
Hier sitzt die DSDS-Jury noch einträchtig beieinander. © dpa

Nicht mal im Trash-TV kann Mann sich heutzutage noch vor dem Feminismus verstecken.

Der alte Mann versteht die Welt nicht mehr. Noch vor wenigen Jahren fanden es alle super, wenn er Teenager vor laufender Kamera in Grund und Boden beleidigte, während Frauen und andere Sprechpuppen still neben ihm saßen und gut aussahen. Er wurde geliebt, er wurde gefeiert, alles drehte sich um ihn – und die Namen der wechselnden Dekoration am Jury-Tisch neben ihm besaßen keinerlei Relevanz.

Und jetzt hat Dieter Bohlen plötzlich Stress am Hals. Er hat eine Kandidatin der RTL-Show „Deutschland sucht den Superstar“ übel sexistisch beleidigt. Also dasselbe getan, was er im Fernsehen seit zwanzig Jahren tut. Was haben plötzlich alle für ein Problem?

Jahrzehntelang galten unangefochten die drei heiligen Gebote des Trash-TV. Erstens: Es darf keine anderen Götter neben dem alten Mann geben. Zweitens: Der Kern der Unterhaltung steckt nie in dem, was die Kandidierenden tun, sondern in dem, wie sie dabei scheitern. Drittens: Frauen sind schmückendes Beiwerk.

Damit ist RTL und die gesamte privaten Fernsehbranche lange gut gefahren. Der Siegeszug der Frauenrechte konnte ihnen nicht einmal oberflächliche Kratzer zufügen. Denn für jeden smarten und gewissenlos gierigen Programmdirektor war immer sonnenklar: Eine Frau, die ihre operativ aufgehübschten Brüste zeigt, schleppt einem den Feminismus sicher nicht ins Haus.

Diese Rechnung ging für so lange Zeit auf, weil auch der Feminismus für schönheitsoperierte Brüste nur ein Naserümpfen übrig hatte. Im Elfenbeinturm rückte sicherlich keine Feministin ein Stück zur Seite, um Platz zu machen für jemanden, der sich selbst als „Bad Bitch“ bezeichnet, den schönheitsoperierten Körper stolz vor sich herträgt und (vermutlich) nicht mal Simone de Beauvoir gelesen hat. Sie rückten keinen Millimeter beiseite für jemanden wie Katja Krasavice : Rapperin, Jury-Mitglied bei DSDS und not amused darüber, wie der alte Mann in ihrer Gegenwart mit anderen Frauen umspringt.

Seit Anbeginn wetterte der Feminismus über DSDS und den alten Mann. Doch er wetterte von außen, mit erhobenem Zeigefinger und immer ausreichend moralischem Sicherheitsabstand. Mittlerweile hat sich das Arsenal der Waffen der Frau aber vergrößert. Brüste und moralische Zeigefinger liegen dort jetzt neben Krasavices drei Millionen von TikTok-Followern, ihrer Deutungshohheit im öffentlichen Diskurs, ihrem Humor, ihrer Unabhängigkeit und Disstracks. Vor allem und in erster Linie Disstracks. Shakira kann es und trällerte über ihren untreuen Ex-Mann Gerard Piqué. Miley Cyrus betont, dass sie keinen Mann braucht und sich selbst Blumen kaufen kann. Taylor Swift serviert seit Jahren die Schwächen ihrer Ex-Freunde mit einem derart charmanten Schlagerlächeln, dass gar keiner merkt, was sie sich da von der Seele singt. Und Katja Krasavice zerlegt den alten Mann in genau 46 Sekunden auf ihrem TikTok-Kanal: „Erzähl einer Badbitch nicht, was sie niemals wird, nur weil sie Badbitch ist. Da sitzt ne Multi Million Badbitch neben dir am selben Tisch“, rappt Krasavice, mit tiefem Ausschnitt auf einem Sportwagen sitzend. Sie erledigt den alten Mann mit seinen eigenen Waffen, denen des Trash-TV. Und lässt ihn damit älter aussehen denn je.

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