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Klare Mehrheit: Katholische Kirche befürwortet Segensfeiern für homosexuelle Paare

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Von: Marcus Giebel

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Regenbogenflagge vor blauem Himmel
Reform der katholischen Kirche: In Deutschland sind Segensfeiern homosexueller Paare möglich. © IMAGO / Addictive Stock

Die Synodalversammlung in Frankfurt hat mit großer Mehrheit dafür gestimmt, dass Segensfeiern für homosexuelle Paare in der katholischen Kirche möglich sein sollen. Nun folgen die nächsten Schritte.

München – Die katholische Kirche in Deutschland öffnet ihre Pforten offiziell auch für gleichgeschlechtliche Paare. Mit überwältigender Mehrheit beschloss die Synodalversammlung in Frankfurt/Main, die eine Reform vorantreibt, dass homosexuelle Paare Segensfeiern unter dem Dach der Kirche abhalten dürfen. 176 der 202 Versammlungsmitglieder votierten dafür, bei zwölf Enthaltungen gab es 14 Gegenstimmen.

Zudem sollen wiederverheiratete Geschiedene ihre Beziehung von der katholischen Kirche segnen lassen können. Der Abstimmung ging eine kontroverse Debatte voraus, wie die Süddeutsche Zeitung schreibt. Nach der Verkündung des Ergebnisses brandete Applaus in der Frankfurter Messehalle auf.

Von den Bischöfen stimmten knapp 81 Prozent zu, womit die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht wurde. Das verabschiedete Papier mit dem Titel „Segensfeiern für Paare, die sich lieben“ beinhaltet die Empfehlung, zeitnah angemessene liturgische Feiern zu entwickeln und einzuführen.

Reform der katholischen Kirche: Handreichung für Segensfeiern von homosexuellen Paaren kommt

Allerdings war im ursprünglichen Entwurf die direkte Forderung enthalten gewesen, Segensfeiern einzuführen. Dies wurde also nun abgeschwächt. Eine noch zu bildende Arbeitsgruppe „soll eine Handreichung für Segensfeiern für verschiedene Paarkonstellationen“ erstellen, die den Ablauf dieser Feiern konkretisiert.

Ist diese Handreichung fertig, kann jeder Bischof diese Segensfeiern in seinem Bistum umsetzen. Für 2026 ist eine Evaluierung der Erfahrungen geplant. Interessierten Paaren sollen zur Vorbereitung Gespräche mit Seelsorgern und gegebenenfalls Seminare angeboten werden.

Festgehalten wurde auch, es sei unbarmherzig und diskriminierend, sich zu weigern, eine Beziehung zweier Menschen zu segnen, „die ihre Partnerschaft in Liebe, Verbindlichkeit und Verantwortung zueinander und zu Gott leben wollen“. Ein solcher Schritt lasse sich „gnadentheologisch nicht überzeugend“ begründen.

Katholische Kirche: Segensfeiern von gleichgeschlechtlichen Paaren sind bislang Grauzone

Segensfeiern für homosexuelle Paare zuzulassen, war eine Hauptforderung des 2019 begonnenen Reformprozesses Synodaler Weg. Dieser Punkt galt als Prüfstein für die Veränderungsfähigkeit der katholischen Kirche in Deutschland. Zwar werden diese Segensfeiern in vielen Gemeinden schon heute praktiziert, es handele sich jedoch um eine kirchenrechtliche Grauzone. So würden sie in Kirchenräumen ohne große Ankündigung oder sogar in Wohnzimmern abgehalten.

Dies soll der Vergangenheit angehören. Priester, die Homosexuellen oder Wiederverheirateten den Segen spenden, sollen keine Sanktionen mehr befürchten müssen. Festgehalten wurde jedoch auch, dass im Falle von gleichgeschlechtlichen Paaren der Unterschied zur Ehe immer deutlich gemacht werden soll.

Erst 2021 hatte der Vatikan klargestellt, es sei „nicht erlaubt“, homosexuelle Partnerschaften zu segnen, denn diese Verbindungen könnten „nicht als objektiv auf die geoffenbarten Pläne Gottes hingeordnet anerkannt werden“.

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Katholische Kirche erlaubt Segensfeiern von homosexuellen Paaren: „Wichtiges Signal“

Während die Ordensschwester Katharina Ganz den verabschiedeten Text als „wichtiges Signal in die Weltkirche“ bezeichnete, betonte Emeka Ani als Vertreter der Katholiken anderer Muttersprache: „Katholiken aus der afrikanischen Kultur sind strikt gegen gleichgeschlechtliche Partnerschaften.“ Dem Delegierten zufolge sollte das Thema auf Ebene der Weltsynode behandelt werden, dort aber sehe er keine Mehrheit.

Dagegen fand Essens Bischof Franz-Josef Overbeck: „Ich halte uns als Weltkirche für so interkulturell divers, dass wir an dieser Stelle sagen müssen, wir müssen es in unserem Land anders beantworten als anderswo.“ Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke warnte indes vor einer innerkirchlichen Zerrissenheit und nannte die anglikanische Kirche als warnendes Beispiel.

„Segen schenken ist die ureigene Mission von Kirche“, stellte die mit einer Frau verheiratete Theologin Mirjam Gräve fest, die sich mit ihrer Partnerin gegen den heimlichen Segen entschied, weil sie sich dann als Bittstellerinnen gefühlt hätten. Die Theologieprofessorin Julia Knop unterstrich: „Wenn Liturgie genutzt wird, um Menschen durch Verweigerung von Segen zu demütigen, widerspricht das dem Willen Gottes.“

Von der relativ geräuschlosen Einführung von Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare in Belgien berichtete der Antwerpener Bischof Johan Bonny. Papst Franziskus habe ihnen die Entscheidung überlassen und betont, der Weg sei mit Weisheit zu gehen.

Gottesdienst in einer Kirche
Blick in die Kirche: Ein katholischer Gottesdienst wird während der Anfangsphase der Corona-Pandemie abgehalten. © IMAGO / Funke Foto Services

Synodalversammlung der katholischen Kirche: Kritik an Verhalten der Bischöfe

An diesem Samstag schließen die deutschen Katholiken ihren Reformprozess Synodaler Weg vorläufig ab. Die Synodalversammlung, die dann zum letzten Mal zusammentritt, beschloss unter anderem auch eine Stärkung der Kompetenzen von Laien, so dürfen Frauen im Gottesdienst die Predigt halten oder Nicht-Kleriker Tauffeiern abhalten und Kranke segnen.

Kritik setzte es jedoch auch, weil Beschlussvorlagen von den Bischöfen „verwässert“ und „weichgespült“ worden seien. Zudem warfen viele Synodale den Bischöfen Erpressung vor: Diese würden gnadenlos ausnutzen, dass ohne sie nichts beschlossen werden könne.

Große Einigkeit gab es bei der Prävention von Missbrauch und sexualisierter Gewalt. Zwei Texte, die sich in zweiter beziehungsweise erster Lesung mit dem Thema befassen, wurden ohne Gegenstimmen bei nur wenigen Enthaltungen angenommen. An einem Text, in dem es auch um Maßnahmen gegen Missbrauch an Frauen in der Kirche geht, soll weiter gearbeitet werden. (mg/dpa)

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