Kühe laufen panisch in Abgrund und sterben: Sie sind offiziell G7-Opfer – Landwirt erhält Entschädigung

Als im Juni 2022 in der Jachenau neun Kühe in Panik in einen Abgrund gelaufen waren, wurde über den Grund gerätselt. Nun bekam der Landwirt eine Entschädigung.
Jachenau – Knapp ein Jahr ist es her, dass der Vorfall im Isarwinkel für Gesprächsstoff sorgte. Im Juni 2022 waren im Gemeindegebiet Jachenau neun Kühe in Panik geraten und abgestürzt. Warum die Tiere Reißaus nahmen und ins Unglück rannten, war zunächst unklar. Mittlerweile – so zeigt eine Recherche unserer Zeitung – hat der betroffene Landwirt eine Entschädigung erhalten, und zwar von der G7-Schadensausgleichstelle. Damit wurde offenbar die These anerkannt, dass die Kühe durch Fluglärm im Zusammenhang mit dem G7-Gipfel aufgeschreckt wurden.
Almvieh war unterhalb der Benediktenwand abgestürzt
Die G7-Schadensausgleichstelle ist am Landratsamt Garmisch-Partenkirchen angesiedelt. Dessen Pressestelle teilt auf Anfrage des Tölzer Kurier mit: „Der Schaden, der dem Landwirt durch den Verlust seiner Rinder entstanden ist, wurde im Rahmen der Richtlinie zum Ausgleich von Schäden im Zusammenhang mit dem G7-Gipfel 2022 erstattet.“ Zur Höhe der Entschädigung und zur Begründung der Entscheidung macht die Behörde keine Angaben. Nur noch so viel: „Aus dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen gab es nur diesen einen Antrag auf Schadensausgleich im Rahmen des G7-Gipfels.“
Zur Erinnerung: Die neun Tiere, die einem Landwirt aus dem Landkreis gehören, standen im Juni vergangenen Jahres als Pensionsvieh nahe der Scharnitzalm unterhalb der Benediktenwand, als der Almhirte eines Tages das Fehlen der Tiere bemerkte. Ein Elektrozaun, der die Almwiese von einem Steilhang trennte, war auf einer Länge von 80 Metern komplett niedergerissen, wie damals Augenzeugen berichteten. Eine Gruppe von Helfern machte sich auf die Suche. Sie fanden einen Teil der Rinder tot, andere teils schwer verletzt. Sie waren in unwegsamem Gelände abgestürzt beziehungsweise abgerutscht.
Jachenau: Acht der neun abgestürzten Rinder tot
Damals bestätigte das Tölzer Landratsamt, dass sechs von neun abgestürzten Tieren verendet waren. Zwei Tiere, die zunächst überlebt hatten, mussten aufgrund ihrer erheblichen Verletzungen später doch noch getötet werden. „Sie waren trächtig und wurden nach dem Abkalben geschlachtet“, erklärt der Jachenauer Bürgermeister Klaus Rauchenberger, der seinerzeit mit auf der Suche nach den Kühen war.
Was die Panikreaktion der Tiere ausgelöst hatte, darüber konnte damals nur spekuliert werden. Zur Möglichkeit, dass ein Wolf die Ursache für die Fluchtreaktion gewesen sein könnte, stellte das Tölzer Veterinäramt klar, dass in der Nähe der Absturzstelle „kein Beutekreis eines Wolfs bekannt“ war und auch keine Fraßspuren festgestellt wurden. Was dagegen offensichtlich war: Im fraglichen Zeitraum waren über der Region im Zusammenhang mit dem G7-Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Elmau vermehrt Hubschrauber unterwegs.
Lärm von oben kann bei Tieren Panikreaktion auslösen
Ob Hubschrauberlärm eine Panikreaktion ausgelöst hat? Kreisbäuerin Ursula Fiechtner hält dies zumindest für eine schlüssige Erklärung. „Lärm von oben macht den Tieren Angst“, sagt sie. Und gerade in den Bergen könne sich der Schall besonders laut an Felswänden brechen. Dass da beim Almvieh Panik ausbrach, hält sie zumindest für „logisch“. So etwas könne zum Beispiel auch schon durch das laute Zischen eines Heißluftballons beim Luftablassen ausgelöst werden. „Der Mensch hält sich dann die Ohren zu.“ Rinder aber seien Fluchttiere. „Für sie heißt es dann nur noch: laufen, laufen, laufen“, so Fiechtner. Auf so einer panikartigen Flucht könne nichts die Rinder aufhalten. So könnten sie auch Menschen niedertrampeln – oder aber in den Abgrund laufen.
Dass der betroffene Landwirt nun eine Entschädigung erhalten hat, findet Ursula Fiechtner gut. Auch Rauchenberger bezeichnet es als „tolle Reaktion“. Er merkt an: „Bei den ganzen Kosten des G7-Gipfels werden die Rinder nicht ins Gewicht fallen.“
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