Wolfgang Joop entschuldigt sich für frauenverachtende Äußerungen: „Im Kontext deplaziert“

In einem Spiegel-Interview lästert Wolfgang Joop über Politiker:innen und schwelgt in Erinnerungen an die Zeiten Karl Lagerfelds. Jetzt entschuldigt er sich.
Update vom Montag, 15.11.2021, 07.50 Uhr: Modedesigner Wolfgang Joop hat sich für seine in einem Interview getätigte Aussage zum früheren Umgang mit Models entschuldigt. Im Gespräch mit dem Magazin Spiegel habe er „auf die Korruption und Frivolität der siebziger und achtziger Jahre der Branche“ hingewiesen, „deren Bestandteil bedauerlicherweise auch der respektlose und missbräuchliche Umgang mit Models war“, erklärte Joop am Sonntagabend bei Instagram.
Dafür wolle er sich bei allen entschuldigen, die er verärgert oder verletzt habe. „Meine Aussage bezüglich der Sünde in der Modewelt war im Kontext deplatziert“, erklärte der Modeschöpfer weiter. Er lehne jegliche Form von Machtmissbrauch und Gewalt „damals wie auch heute zutiefst ab“.
Wolfgang Joop empört mit frauenverachtenden Aussagen: Sehnsucht nach „frigiden“ Zeiten
Potsdam – „Wunderbar frivol und frigide“ sei sie gewesen, diese Welt, die Wolfgang Joop beim Tod Karl Lagerfelds in Tränen ausbrechen ließ. Eine Welt, in der Gratis-Nerzmäntel noch mancherorts für gute Presse sorgen konnten, als noch „Unverschämtheit“, „Frechheit“, „Ignoranz“ in der Modewelt den Ton angaben und die Agenturen „die Schlüssel zu den Zimmern der Models, die nicht so viel Geld brachten, an reiche Männer“ gaben. „Mode als böser Spaß“ sei das gewesen, und dem scheint Joop noch heute hinterherzutrauern.
Diesen Eindruck vermittelt jedenfalls ein am Freitag (12.11.2021) veröffentlichtes Spiegel-Interview mit Senior-Modeschöpfer Joop im Vorfeld zu dessen 77. Geburtstag. Da wird nicht nur über die „wunderbaren“ Lagerfeld-Zeiten fabuliert, sondern auch über das Äußere heutiger Politiker:innen und die Entwicklungen der modernen Modewelt („Es gibt einen sehr starken Trend danach, gleich aussehen zu wollen“).
Kritik an Wolfgang Joop und Spiegel-Interview: „Gruseliges, aber aufschlussreiches Dokument“
Auf Twitter und in den Medien hat das Modeschöpfer-Interview bereits für reichlich Empörung gesorgt. Die Autorin Heike Specht („Ihre Seite der Geschichte“) etwa kommentiert die Aussagen Joops: „Das Interview mit #Joop ist ein gruseliges, aber aufschlussreiches Dokument. Es zeigt, wie selbstverständlich privilegierte weisse Männer die Welt und alles in ihr als ihr Eigen betrachteten. Und es zeigt, warum diese Typen heute nicht mehr mitkommen.“ Auch Journalist und Bildblog-Macher Lorenz Meyer äußerte sich mit klaren Worten gegenüber dem einstigen Modestar.
Kritik erhielt jedoch nicht nur Joop selbst für seine Aussagen, sondern auch die Verantwortlichen des Spiegel, die die frauenverachtenden Anekdoten Joops nahezu unkommentiert im Artikel untergehen ließen und mit Aussagen über die Modegeschmäcker heutiger Spitzenpolitiker:innen aufmachten: „Während #Joop davon schwärmt, wie großartig es war, als jungen Frauen noch sexualisierte Gewalt angetan wurde, glaubt der Spiegel, Habecks Kleidungsstil sei interessanter“, twitterte etwa der Kanal „Union Watch“.
Joop in Spiegel-Interview: Merkels Outfits sind „kluger Marketingcoup“ - Habeck nennt er „schlampig“
In einem großen Teil des Interviews beschäftigen sich Joop und die Spiegel-Autoren nämlich mit den Kleidungsvorlieben hochrangiger Politiker:innen. So bezeichnete Joop die Outfits der geschäftsführenden Bundeskanzlerin Angela Merkel („schlecht geschnitten“ und die „Brust wird unter den Arm gedrückt“) etwa als „kluger Marketingcoup“ und sagte: „Merkels Blazer signalisieren Stabilität.“ Grünen-Politiker Robert Habeck würde er „eine Krawatte wünschen“ und kritisierte dessen, aus seiner Sicht fehlende modische Perfektion: „Wenn einer sich schlampig anzieht, denkt er auch schlampig.“
Zum großen Modetrend Nachhaltigkeit äußert Joop, dass man junge Menschen ohne „Greenwashing“ heute nicht mehr erreichen könne und dass es beim Nachhaltigkeitstrend aus der Modeperspektive darum gehe, den Menschen anzubieten „dass sie sich die Freiheit zurückkaufen können“ und kein schlechtes Gewissen haben müssen. „Ich will ehrlich sein: Wenn meine Enkelkinder kämen und mir die Frage stellen würden, wer die Zeche für unsere Maßlosigkeit zu zahlen hat – ich würde sagen: Fragt mich heute nicht, ich habe Kopfschmerzen.“ (Sandra Kathe)