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Außergewöhnliche Kreation: Eismacher aus Baden-Württemberg mischt Insekten ins Eis

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Von: Michelle Brey

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Mit dem neuen Grilleneis sorgt ein Eisdielen-Besitzer für Aufsehen.
Mit dem neuen Grilleneis sorgt ein Eisdielen-Besitzer für Aufsehen. © Marijan Murat/dpa

Ein Eisdielen-Besitzer in Rottenburg am Neckar ist für aufsehenerregende Eissorten bekannt. Seine neueste Kreation dürfte manche aber ekeln.

Rottenburg am Neckar / München - Seine außergewöhnlichen Kreationen sind vermutlich nicht jedermanns Sache - und schon gar nichts für empfindliche Mägen: Thomas Micolino führt eine Eisdiele in Baden-Württemberg. Mit einer neuen Eissorte sorgte der 33-Jährige für Wirbel - und das nicht zum ersten Mal.

Eisdiele aus Baden-Württemberg setzt auf ungewöhnliche Kreation

Frische, hellbraune Eiscreme liegt in der Theke von Micolinos Eisdiele. Sorgfältig abgetrennt von den restlichen, üblichen Sorgen - wie Malaga, Zitrone, Schokolade oder Mango. Ein Sicherheitsabstand vom Spezialeis - damit sich die Gäste nicht ekeln.

Denn was da liegt, ist sicherlich nichts für schwache Nerven: Die spezielle Eiscreme ist garniert mit braunen Insekten. Ein Gedanke an das Dschungelcamp ist dabei wohl nicht ganz überraschend - und eine Verwechslung mit dem üblichen Eis sowieso ausgeschlossen.

Tote Grillen mit stacheligen Hinterbeinchen und langen Fühlern schmücken das Speiseeis. Genauer: es handelt sich um Hausgrillen, sogenannte getrocknete Heimchen. In jeder anderen Küche in Deutschland würde man bei diesem Anblick wohl nach einem kurzen Aufschrei den Kammerjäger rufen. Bei Thomas Micolino hört man die Frage: „Waffel oder Becher?“

Insekten in Lebensmitteln - ist das eigentlich erlaubt?

Am 24. Januar 2023 trat eine neue Verordnung in Kraft. Die EU-Kommission genehmigte sogenannte Novel-Food-Anträge (neuartige Lebensmittel), die sich Proteinalternativen widmeten. Hausgrillen dürfen somit nach EU-Recht in Lebensmitteln verwendet werden. Gefroren, getrocknet oder als Pulver - völlig egal. Neben Hausgrillen zählt auch Getreideschimmelkäfer hinzu. Ähnliche Regeln gibt es unter anderem für Wanderheuschrecken und Larven des Mehlkäfers.

In nicht wenigen Ländern zählen Insekten zu gewöhnlichen Küche, da sie als nahrhaft und proteinreich gelten. Der Meinung von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann wird das zukünftig „eine große Rolle spielen in der Ernährung der Menschheit“. Es sei ein „vernünftiger Weg“, der ökologisch sinnvoll sei, um an Proteine zu kommen, sagte er mit Eintreten der Verordnung. Biologe Mark Benecke hingegen, sieht die Züchtung von Insekten als Nahrungsmittel hingegen als nicht ganz unbedenklich an.

„Mit Ekel werben“: Experte erklärt Hintergrund zu Insekten-Eis

„Mit Ekel zu werben weckt Neugier“, meint Benedikt Jahnke, Experte für Lebensmittelmarketing an der Universität Kassel. Es gebe eine gewisse Konsumentengruppe, die darauf anspringe, sogenannte „sensation seeker“, denen schnell langweilig werde. Da Micolino immer wieder neue Kreationen anbiete, sei die Strategie konsistent, sagt der Forscher. „Er nimmt auf, was gerade gesellschaftlich kontrovers diskutiert wird, und wandelt es um in eine interessante Aktion.“

Zu den Sensationssuchern gehört wohl auch Eismacher Micolino. Ihn habe einfach die Lust am Experimentieren getrieben. Im Urlaub habe er selbst schon Insekten probiert - auch Schlange und Krokodil seien dabei gewesen. Ihm werde „langweilig“, mache er immer dasselbe. Monatelang hat er in seiner kleinen Eisfabrik im Hinterzimmer herumprobiert, an der richtigen Komposition mit dem Krabbeltier gearbeitet, den Geschmack verfeinert. Er bezieht die Grillen aus einer Zucht aus der Region, kocht das Pulver extra nochmal ab bei 90 Grad. Um vier Kilo Eis herzustellen, braucht er 200 Gramm Heimchen-Mehl, dazu unter anderem Sahne, Zucker, Milch, Vanille, Cookies und Wildhonig aus dem Schwarzwald.

Positive und negative Reaktionen auf Insekten-Eis: „Müssen Sie jeden Sch*** mitmachen?“

Entstanden ist die Idee für das Eis wohl aus einer Wette, wie einem Facebook-Posting zu entnehmen ist. Auf der Social-Media-Plattform schrieb der 33-Jährige: „Eine Wette, an der ich den ganzen Winter über gearbeitet habe und die ich nicht ohne Angst vor der Resonanz vorgeschlagen habe.“ Das Grillenmehl-Eis sei eine Botschaft für das Essen, „das die Zukunft sein könnte“. „Ich fand es lecker!!“, kommentierte ein Kunde direkt im Kommentarbereich. Eine andere Userin scheint sich nicht so sicher. Sie schrieb, ihr würde zum Probieren erst einmal „ein Löffelchen“ genügen.

Bislang sei auch niemand, der probiert habe, enttäuscht gewesen, berichtet der 33-Jährige. Doch die Reaktionen fallen bei Weitem nicht immer nur positiv aus. In den sozialen Medien haben empörte Follower ihm die Kundschaft aufgekündigt.

Auch eine Wut-Mail war mittlerweile schon dabei. „Müssen Sie jeden Sch*** mitmachen?“, schrieb ihm jemand. Verstehen könne Micolino das nicht. Schließlich zwinge er die Menschen nicht dazu, das Insekten-Eis zu essen. „Das ist nur eine Kopfsache.“ Jeder, der dagegen sei, solle vorbeikommen und das Eis testen.

33-Jähriger aus Baden-Württemberg für außergewöhnliche Eis-Kreationen bekannt

Das erste Mal ist es übrigens nicht, dass der 33-Jährige aus Baden-Württemberg mit seinen Kreationen für Aufsehen sorgt. Eis überzogen mit echtem Blattgold, Gorgonzola-Eis oder Leberwurst - für Menschen mit dem Drang nach ungewöhnlichen Eissorten hat seine Eisdiele definitiv etwas zu bieten. Seine Kunden lockt er sogar mit einem Angebot: Jeder, der eine Kugel Insekten-Eis bestellt, bekommt eine zweite Kugel seiner Wahl kostenlos obendrauf.

Micolino behauptet, er führe die erste deutsche Eisdiele mit Insekten-Eis. Überprüfen lässt sich das nur schwer. In München wirbt ein Eismacher nun mit proteinreichem „Buffalowurmeis“. Eine Liste zeigt indes, in welchen anderen Süßigkeiten schon Insekten stecken. (mbr mit dpa)

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