„In zwei Kulturen“ zu Hause

David Gulpilil Ridjimiraril Dalaithngu war einer der bekanntesten indigenen Stars Australiens, seine Karriere erstreckte sich über fünf Jahrzehnte. Nun ist der Schauspieler, Tänzer und Maler gestorben.
David Dalaithngu, der in Europa eher als David Gulpilil bekannt ist, ist mit 68 Jahren gestorben. „Er war ein Mann, der sein Land und seine Kultur liebte, und er war ein Mann, der dies mit der Welt teilte“, schrieb Steven Marshall, der Premier von Südaustralien, als er den Tod des beliebten indigenen Schauspielers bekannt gab. Dalaithngu litt seit Jahren an Lungenkrebs und wurde von einer Freundin in Südaustralien bis zu seinem Tod gepflegt. Der Durchbruch gelang ihm mit „Walkabout“, einem australischen Film aus dem Jahr 1971, in dem er einen Aborigine-Jungen spielte, der zwei im Outback gestrandete Kinder rettet und durch die Wüste in Sicherheit bringt.
Als David Dalaithngu damals mit gerade mal 17 Jahren zum ersten Mal in Europa landete, um den Film zu bewerben, war der junge, gutaussehende Aborigine, der kaum Englisch sprach, der Mittelpunkt der Fans. Auf seiner Europatour traf der junge Star die britische Königin Elizabeth II. sowie Bruce Lee und reiste zu den Filmfestspielen nach Cannes.
Jahre später wurde er dann mit den „Crocodile Dundee“-Filmen, die er selbst in seinem späteren Leben als „Mist“ bezeichnete, weltberühmt. Darin spielte er den besten Kumpel von Hauptdarsteller Mike Dundee, den Paul Hogan verkörperte. Aber auch seine Rollen in „Long Walk Home – der lange Weg nach Hause“, „Storm Boy“, „10 Kanus, 150 Speere und 3 Frauen“ oder „Charlie’s Country“ fanden international Beachtung.
2008 spielte er in Baz Luhrmanns romantischem Epos „Australia“ mit, wo er einen Aborigine-Ältesten namens King George verkörperte. Seine Rolle in „Walkabout“ wurde nicht nur für ihn selbst zum Durchbruch. Ihr wird auch zugeschrieben, dass indigene Schauspielerinnen und Schauspieler endlich eine Bühne in Film und Fernsehen fanden. Zuvor hatten oft weiße Schauspieler indigene Charaktere verkörpert.
Dalaithngus Talent manifestierte sich früh: Schon als Teenager bewunderten die Leute seine Gabe als traditioneller Tänzer in der Arnhemland-Gemeinde von Maningrida. Seine Tanzkünste verhalfen ihm dann auch zu seiner Schlüsselrolle in dem avantgardistischen Outback-Film „Walkabout“. „Ich dachte, ich würde ein Cowboy in einem Film sein – ähnlich wie John Wayne“, sagte Dalaithngu der Filmemacherin Darlene Johnson 2002, als sie ihn für den Dokumentarfilm „One Red Blood“ interviewte.
Bevor er „entdeckt“ wurde, war Dalaithngu in seiner Jugend gerne durch den Busch gezogen und hatte viel gejagt. Die Kultur des weißen Australiens war ihm lange fremd. „Als ich zum ersten Mal weiße Menschen sah, wusste ich nicht, woher sie kamen. Ich dachte, sie wären ein Geist, der komplett mit weißer Farbe bemalt wurde“, sagte Dalaithngu in dem Dokumentarfilm.
Insgesamt spannte sich die Karriere des Schauspielers über fünf Jahrzehnte. In dieser Zeit machte sich Dalaithngu, der für seinen trockenen Humor bekannt war, „in zwei Kulturen“ einen Namen, wie der australische Sender „ABC“ in seinem Nachruf schrieb. Der Kultur der australischen Ureinwohner:innen blieb der Schauspieler, der mehrere indigene Sprachen sprach, dabei stets treu.
Wenn er nicht bei einem Dreh war oder zu Premierengalas oder Preisverleihungen reiste, verbrachte er seine Zeit stets bei seiner Familie im Nordterritorium. Diese lebte in der abgelegenen Gemeinde Ramingining, gut 500 Kilometer von Darwin entfernt. Die teils hohen Summen, die er mit seinen hochkarätigen Filmrollen verdiente, teilte er mit seiner Familie. Er selbst war daher ab und zu mittellos und lebte zeitweise in einer Wellblech-Hütte.
David Dalaithngus Leben war „nicht ohne Probleme“, wie auch Steven Marshall schrieb. „Er begegnete Rassismus und Diskriminierung und lebte mit der Kluft zwischen seinem traditionellen Lebensstil und seinem öffentlichen Erscheinungsbild“. So kämpfte der Schauspieler zeitlebens mit Alkoholismus, ein Dämon, der letztlich auch die Tiefpunkte seines Lebens herbeirief, darunter einen Gefängnisaufenthalt wegen häuslicher Gewalt.
Als 2017 Lungenkrebs diagnostiziert wurde, gaben ihm die Ärzte nur noch wenige Monate. Kaum jemand hatte noch Hoffnung, dass er die Premiere seines letzten Films „My Name is Gulpilil“, der seine eigene Geschichte erzählt, noch erlebt. Doch dann stand er am Eröffnungsabend im März diesen Jahres im Mittelpunkt und erhielt seine letzten Standing Ovations.