Impfdebatte um Joshua Kimmich: Jetzt schaltet sich die große Politik ein
Auch eine Woche nach Joshua Kimmichs Ankündigung, sich noch nicht gegen Corona impfen zu lassen, diskutieren Sport und Politik über Vorbildfunktion und Auswirkungen.
Berlin/München - Seit Bayern-Star Joshua Kimmich bei einem Interview nach der Partie des FC Bayern München gegen TSG Hoffenheim öffentlich einräumte, sich wegen persönlicher Bedenken nicht gegen das Coronavirus impfen lassen zu wollen, wird in Sport und Medien heftig diskutiert: Manche sehen Kimmich in einer Vorbildfunktion und werfen dem Mittelfeldspieler vor, unnötige Ängste zu schüren, andere verteigen den Fußballer mit Verweis auf dessen Entscheidungsfreiheit.
Nun hat die Debatte auch die höchste Ebene der Politik in Deutschland erreicht, sodass sich sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Sache geäußert hat: Diese betonte im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS), dass auch für Fußballprofis wie Joshua Kimmich keine Impfpflicht gelte, sie aber die Begründung Kimmichs nicht nachvollziehen könne.
Dieser sprach von „persönlichen Bedenken“ aufgrund „fehlender Langzeitstudien“. Es gebe „auf seine Fragen und Zweifel sehr gute Sachargumente, die allgemein verfügbar sind“, erwiderte hingegen Merkel, die hofft, dass der Nationalspieler sich nochmals intensiver mit dem Thema auseinandersetzt.

Joshua Kimmich hat „persönliche Bedenken“ gegen Impfung: Wichtige öffentliche Debatte
Vorausgegangen waren Merkels Aussage auch mehrere Prominente, die Politik, Fußballbranche und Medien für ihren Umgang mit dem Impfstatus des Bayern-Spielers getadelt hatten. Zuletzt zitierte etwa das Boulevardblatt Bild den aufgebrachten Ex-Nationalspieler Lukas Podolski, der schimpfte: „Man zwingt einen ja fast schon, sich da was reinspritzen zu lassen, das ist ja das Absurde. Der Druck wird ja jeden Tag erhöht.“ Seiner Auffassung nach würde Kimmich als „Schwerverbrecher“ dargestellt.
Für Bundestagspräsidentin Bärbel Bas kommt die Debatte um die Vorbildfunktion des Bayern-Spielers hingegen „genau zum richtigen Zeitpunkt“. Die Angst des Fußballprofis vor möglichen Langzeitfolgen genau wie die Argumente für die Sicherheit der Corona-Impfstoffe werde nochmals intensiv öffentlich thematisiert und könne dafür sorgen, dass „sich dann noch mehr Menschen von einer Impfung überzeugen“ ließen, sagte die SPD-Politikerin der Rheinischen Post.
„Null Verständnis“ für Joshua Kimmich: Sportfunktionäre kritisieren Impfskepsis von Bayern-Star
Aus dem Profifußball wurde zuletzt wieder vermehrt Kritik an der öffentlichen Stellungnahme zu Kimmichs Impfskepsis laut. Ex-Nationalspieler Paul Breitner betonte, dass die Entscheidung für oder gegen eine Impfung für ihn persönlich keiner Diskussion bedürfe: „Für mich gibt es nur die Richtung, sich impfen zu lassen. Und da geht es nicht um eine Vorbildfunktion, sondern es geht um den Einzelnen. Wenn er sich dagegen entscheidet, dann habe ich null Verständnis dafür“, sagte Breitner im „Sonntags-Stammtisch“ des BR Fernsehen.
Dazu berief sich Breitner auch auf eine Aussage, die FC Liverpool-Trainer Jürgen Klopp Anfang Oktober im Zuge der Debatte um ungeimpfte englische Fußball-Profis gemacht hatte. Sinngemäß hatte er den ungeimpften Spielern vorgeworfen, dass ihre Entscheidung gegen die Impfung vergleichbar damit sei, sich mit Alkohol ans Steuer zu setzen. „Er meinte damit und hätte vielleicht auch sagen können: Sich nicht impfen zu lassen, ist potenzielle, vorsätzliche Körperverletzung“, sagte Breitner, der in seiner Mannschaft ungeimpfte Spieler nicht einsetzen würde.
Impfdebatte um Joshua Kimmich: Auch Eintracht Frankfurt Funktionär kritisiert Einstellung
„Ich halte die Begründung für nicht gut und halte sie in der Öffentlichkeit so dargelegt nicht gut, weil die Befürchtung da ist, dass es sich viele zu eigen machen und sie reklamieren“, sagte Eintracht Frankfurt-Vorstandssprecher Axel Hellmann über die „persönlichen Bedenken“, die Kimmich öffentlich gemacht hatte, im Interview mit dem TV-Sender Bild. Das werfe weder ein gutes Licht auf Kimmich selbst, noch auf die Fußballbranche.
Außerdem hält Hellmann es nach eigener Aussage für fast paradox, dass die Zuschauer zum Teil nur mit einem 2G-Status ins Stadion gelassen werden, für die Fußballprofis aber weiterhin die 3G-Regel gilt. Dennoch könne man die Profis nicht verpflichten: „Wir haben in Deutschland die Situation, dass es staatlicherseits keine Impfpflicht gibt. Berufstätige müssen nicht angeben, ob sie geimpft sind oder nicht“, erklärte Hellmann. (ska/sid/dpa)