Eklat in Hannover: Ballettchef reibt Kritikerin Kot ins Gesicht – jetzt gibt es Konsequenzen

Die Welle der Entrüstung ist groß, nachdem Ballettchef Marco Goecke FAZ-Kritikerin Wiebke Hüster mit Hundekot eingerieben hat. Nun wurde er suspendiert.
Update vom Montag, 13. Februar 2023, 15.35 Uhr: Ballettchef Marco Goecke wurde von der Staatsoper Hannover nicht nur mit sofortiger Wirkung suspendiert. Obendrein wurde ihm Hausverbot erteilt. Wie unter anderem die Hannoversche Allgemeine berichtet, ermittelt zudem die Polizei gegen Goecke. Es geht um Beleidigung und Körperverletzung.
Zunächst würden Zeugen vernommen, sagte eine Polizeisprecherin am Montag dem Evangelischen Pressedienst.
Update vom Montag, 13. Februar 2023, 14.54 Uhr: Nach seiner Attacke mit Hundekot auf die FAZ-Journalistin Wiebke Hüster wurde Ballettchef Marco Goecke beurlaubt. Das teilte Niedersachsens Kulturminister Falko Mohrs (SPD) am Montag dem NDR mit. Im Wortlaut heißt es wie folgt:
Die erste Konsequenz ist ja, dass er erst mal beurlaubt ist.
Die Entscheidung des Staatstheaters finde er richtig. „Jetzt wird‘s darum gehen, wie eventuell auch weitere Konsequenzen aussehen müssen“, so Mohrs. Ministerium und Staatstheater würden sich diese nun gemeinsam anschauen. Für den Nachmittag hatte eine Sprecherin der Staatsoper Hannover zudem eine Erklärung angekündigt.
Beurlaubter Ballettchef Marco Goecke meldet sich auf Instagram: „Es gibt Grenzen!“
Indes hat Ballettchef Marco Goecke auf Instagram reagiert und den Vorfall gerechtfertigt. Für ihn sei das Maß voll gewesen. „Ich arbeite seit 25 Jahren und schlechte Kritiken sind mir egal! Aber es gibt Grenzen! Das würde sich niemand, der ein Geschäft hat gefallen lassen“, so Goecke auf Instagram.
Update vom Montag, 13. Februar 2023, 11.57 Uhr: Es sickern immer mehr Informationen zum Vorfall zwischen Ballettdirektor Marco Goecke und der Journalistin Wiebe Hüster durch, der sich am Samstag, 11. Februar 2023, in der Staatsoper Hannover ereignet, wie kreiszeitung.de berichtet. Wie es von Hüster gegenüber der dpa heißt, habe Goecke, der seinen Hund dabei gehabt habe, eine Tüte aus der Tasche gezogen und ihr den Kot mit der offenen Seite ins Gesicht gerieben.
Als ich gespürt habe, was er gemacht hat, habe ich geschrien.
Nachdem ihr die Pressesprecherin des Theaters geholfen habe, sich im Waschraum der Intendanz zu säubern, sei sie zur Polizeistation Hannover-Mitte gefahren und habe Anzeige erstattet, schildert Hüster der dpa. Nach Angaben der FAZ hätte sich Goecke durch Hüsters Rezension seines Balletts „In the Dutch Mountains“ provoziert gefühlt. Er soll ihr zunächst ein „Hausverbot“ angedroht und ihr dann vorgeworfen haben, für Abonnementskündigungen in Hannover verantwortlich zu sein.
Hundekot-Eklat in Hannover: FAZ reagiert mit Unverständnis auf Überreaktion von Ballettchef Goecke
„Aber wir werten den demütigenden Akt über den Tatbestand der Körperverletzung hinaus auch als einen Einschüchterungsversuch gegenüber unserer freien, kritischen Kunstbetrachtung“, heißt es in der entsprechenden Reaktion der FAZ. Für die Tageszeitung bleibe die Überreaktion von Goecke rätselhaft.
Wir können keine systematische Verletzung erkennen und es gibt auch keine Vorgeschichte.
Zwar sei die von Hüster verfasste Kritik besonders kritisch ausgefallen. Sie aber in nicht in irgendeiner Form herabsetzend, so FAZ-Feuilleton-Chef Matthias Alexander gegenüber dem NDR. „Wir können keine systematische Verletzung erkennen und es gibt auch keine Vorgeschichte“, heißt es von ihm. Derweil will Niedersachsens Kulturminister Falko Mohrs (SPD) „alle weiteren Schritte mit dem Staatstheater“ besprechen, wie seine Sprecherin am Montag dem NDR mitteilte. Für Mohrs habe es sich um eine „inakzeptable Situation“ gehandelt.
Update vom Montag, 13. Februar 2023, 08.39 Uhr: Nun hat auch die FAZ mit deutlichen Worten auf den Angriff gegen eine Mitarbeiterin durch den Ballettchef in Hannover reagiert. „Die bewusste Herabsetzung und Erniedrigung, die aus der vorbereiteten Exkrementen-Attacke hervorgeht, nehmen wir sehr ernst“, schreibt das Blatt in einem Artikel der aktuellen Montagsausgabe.
„Der Vorfall löst auf erschreckend tatsächliche Weise ein, was in Kunstkreisen inzwischen offenbar häufig über Kritik und Kritiker gedacht und gesagt wird“, heißt es in dem FAZ-Artikel weiter. Goeckes Grenzüberschreitung würde das gestörte Verhältnis eines in der Kultur Tätigen zur Kritik offenbaren.
Update vom Sonntag, 12. Februar 2023, 17.37 Uhr: Nun hat sich auch die Betroffene im Hundekot-Eklat an der Staatsoper Hannover zu Wort gemeldet. FAZ-Kritikerin Wiebke Hüster bestätigte der dpa den Vorfall und sagte auch, dass sie Anzeige erstattet habe. Die Journalistin gab an, vor der Attacke habe Goecke ihr vorgeworfen, Kritiken mit persönlichen Angriffen zu schreiben.
Goeckes Management wiederum stellte in Aussicht, dass er sich selbst zu dem Vorfall äußern werde. Derweil hat auch eine Sprecherin der Staatsoper bestätigt, dass es sich bei der Substanz, mit der Hüster beworfen wurde, um Hundekot gehandelt habe.
Erstmeldung vom Sonntag, 12. Februar 2023, 16.51 Uhr: Hannover – Das hatte rein gar nichts mit dem Titel „Glaube - Liebe - Hoffnung“ des Balletts zu tun, das an der Staatsoper Hannover seine Premiere feierte. Während der ersten Pause kam es im Foyer zu einem Vorfall zwischen Ballettdirektor Marco Goecke und einer Kritikerin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), „bei dem diese in ihrer persönlichen Integrität verletzt worden ist“, wie die Staatsoper selbst in einem Statement auf ihrer Homepage schreibt.
Weil ihm ihre Kritik nicht gefallen hat: Ballettchef soll Journalistin mit Hundekot beworfen haben
Nach Informationen der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) soll es sich bei der Kritikerin um die Journalistin Wiebke Hüster handeln. Goecke habe sie mit Hundekot beworfen. Nur einen Tag vor der Premiere in Hannover war Hüsters Kritik über Marco Goeckes Ballett „In the Durch Mountains“ in Den Haag erschienen, in der sie dieses scharf kritisierte.
„Man wird beim Zuschauen abwechselnd irre und von Langeweile umgebracht“, heißt es im entsprechenden Artikel. Darüber hinaus bezeichnete Hüster das Stück als „Blamage und eine Frechheit“ sowie als „unkonzentriert und zerfahren“. Der Vorfall wird von der Staatsoper Hannover bedauert. „Wir haben unmittelbar nach dem Vorfall den Kontakt zu der Journalistin gesucht und uns persönlich bei ihr und auch öffentlich entschuldigt“, heißt es in diesem Kontext von der Intendantin Laura Berman.
Staatsoper Hannover bedauert Vorfall – DJV Niedersachsen sieht „Attacke auf die Pressefreiheit“
Die Staatsoper würde sich als „offener Ort des respektvollen Miteinanders und Austausches“ verstehen. Nun sei „Ruhe und Sorgfalt“ geboten, heißt es in dem Statement weiter. Man wolle jetzt arbeitsrechtliche Schritte gegenüber Ballettdirektor Goecke prüfen, sich gemeinsam beraten und dann in dieser internen Personalsache agieren. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) Niedersachsen wertet die Erklärung der Staatsoper indes als „unzureichend“.
„Ein Künstler muss Kritik ertragen, auch wenn sie überzogen erscheinen mag. Wer auf Kritik mit Gewalt reagiert, der ist nicht tragbar“, heißt es vom Landesvorsitzenden Frank Rieger via Twitter. Er fordert eine deutlichere Reaktion der Verantwortlichen und bezeichnet den Angriff auf die FAZ-Journalistin als „Attacke auf die Pressefreiheit“.