Drei Jahre vor der Diagnose: Künstliche Intelligenz sagt Krebs voraus

Forschenden gelang es mithilfe künstlicher Intelligenz, Bauchspeicheldrüsenkrebs bereits drei Jahre früher zu diagnostizieren. Das Potenzial der Technologie ist groß.
Cambridge (USA) – Bauchspeicheldrüsenkrebs gehört zu den tödlichsten Krebsarten der Welt. Die Krankheit kann oftmals erst spät entdeckt werden, so verstreicht wertvolle Zeit. Forschende der renommierten Harvard Universität konnten in einer am Montag (8. Mai) veröffentlichten Studie in Zusammenarbeit mit der Universität Kopenhagen nachweisen, dass künstliche Intelligenz bei der Früherkennung dieser Krebsart helfen kann. Das würde eine frühere Behandlung möglich machen und Leben retten.
Krebs: Künstliche Intelligenz identifiziert Patienten mit dem höchsten Risiko
Einer künstlichen Intelligenz (KI) gelang es der Studie zufolge, Menschen mit dem höchsten Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs aus einem Datensatz zu identifizieren – und das bis zu drei Jahre bevor sie tatsächlich die Diagnose erhielten. Das geht aus einem Bericht der Harvard Medical School vom Montag hervor. Demnach könnte ein KI-basiertes Screening der Bevölkerung bei der Suche nach Personen mit erhöhtem Krankheitsrisiko hilfreich sein, wodurch die Behandlung effizienter würde.
„Eine der wichtigsten Entscheidungen, mit denen Ärzte täglich konfrontiert werden, ist, wer einem hohen Risiko für eine Krankheit ausgesetzt ist und wer von weiteren Tests profitieren würde, was auch invasivere und teurere Verfahren bedeuten kann, die ihre eigenen Risiken bergen“, erklärte Studienkoordinator Chris Sander die Hintergründe. „Ein KI-Tool, das sich auf diejenigen mit dem höchsten Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs konzentrieren kann, die am meisten von weiteren Tests profitieren könnten, könnte einen großen Beitrag zur Verbesserung der klinischen Entscheidungsfindung leisten“, so der Wissenschaftler weiter.
Zur Studie
Die Studie „A deep learning algorithm to predict risk of pancreatic cancer from disease trajectories“ der Forschenden um Davide Placido von der Kopenhagen Universität und Bo Zuan der Harvard Universität erschien am 8. Mai 2023 in der Fachzeitschrift nature medicine.
Rund 44 Prozent der Menschen, bei denen im Frühstadium Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert wird, überleben fünf Jahre nach der Diagnose, so der Harvard-Bericht. Doch nur etwa jeder achte Patient (etwa zwölf Prozent, wie Daten zeigen) erhält eine Diagnose in diesem frühen Stadium. Wird der Tumor nicht so früh entdeckt und kann weiterwachsen, sinkt die Überlebenschance auf nur mehr zwei bis neun Prozent, wie aus einer früheren Studie aus dem Jahr 2014 hervorgeht.
Symptome, die auf Bauchspeicheldrüsenkrebs hindeuten können
- Schmerzen im Oberbach, die teilweise auch in den Rücken ausstrahlen können
- Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Appetitverlust
- Ungewollter Gewichtsverlust
- Ähnliche Symptome sind auch von anderen Krankheiten bekannt, etwa bei einer Magen-Darm-Infektion und müssen daher nicht unbedingt mit Bauchspeicheldrüsenkrebs in Zusammenhang stehen
- Auch Druckgefühl im Oberbauch, Diabetes, eine chronisch entzündete Bauchspeicheldrüse, Schwächegefühl oder Gelbsucht können auf ein Pankreaskarzinom hinweisen

Krebs-Forschung: Forschende trainierten KI mit Daten aus einem Zeitraum von 41 Jahren
Die Forschenden trainierten für die Studie verschiedene Versionen des KI-Modells mit den Datensätzen aus 6,2 Millionen Akten von Patientinnen und Patienten, die sich über den Beobachtungszeitraum von 41 Jahren erstreckten und aus dem nationalen Gesundheitssystem Dänemarks stammten. Rund 24.000 dieser Patientinnen und Patienten entwickelten im Laufe der Zeit Bauchspeicheldrüsenkrebs. Der von den Forschenden entwickelte Algorithmus erkannte in den Datensätzen Muster, die auf eine spätere Entwicklung dieser Krebsart hinwiesen. Den genauesten Algorithmus der verschiedenen Versionen ihres KI-Modells fütterten die Forschenden im Anschluss als Test mit einem neuen Datensatz von drei Millionen Patientinnen- und Patientenakten aus den USA.
So konnte die künstliche Intelligenz etwa vorhersagen, dass ein erhöhtes Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs innerhalb der nächsten drei Jahre vorliegt, wenn Patientinnen und Patienten Diagnosen wie Anämie, Typ-2-Diabetes, Gallensteine erhalten hatte oder über Probleme mit dem Magen-Darm-Trakt klagte. Menschen mit einer Bauchspeicheldrüsenentzündung hatten eine hohe Wahrscheinlichkeit, bereits innerhalb der kommenden zwei Jahre ein Pankreaskarzinom zu entwickeln. Zwar stellen diese Symptome und Erkrankungen keinen eindeutigen Hinweis auf eine künftige Entwicklung der Krebsart dar, doch sie können Ärztinnen und Ärzten als Anhaltspunkt für eine genauere Analyse dienen.