Hamburg schickt Party-Polizisten nach Hause

Sex in der Öffentlichkeit und exzessive Partys: Berliner Polizisten sollten beim G20-Gipfel für Sicherheit sorgen - stattdessen sorgen sie für einen Skandal.
Mit einem ungewöhnlich kurzen Einsatz im Vorfeld des G20-Gipfels bringen Berliner Polizisten ihren Innensenator und ihren Polizeipräsidenten in Bedrängnis. Nach nur einer Nacht wurden sie von der Hamburger Einsatzleitung nach Hause geschickt, nachdem sie in ihrer Unterkunft ein rauschendes Fest gefeiert hatten.
Die Einsatzhundertschaften 14, 15 und 32 waren am Sonntag im Norden angereist und in Bad Segeberg (Schleswig-Holstein) in einer ehemaligen Flüchtlingsunterkunft, einem Dorf aus Wohncontainern, untergebracht. Am Abend veranstalteten sie in ihrer Freizeit eine Party, bei der reichlich Alkohol floss. Ein Pärchen soll Sex in der Öffentlichkeit gehabt, Beamte gegen den Zaun uriniert und eine Polizistin im Bademantel mit ihrer Dienstwaffe in der Hand auf einem Tisch getanzt haben. Bilder, die dieser Zeitung vorliegen, dokumentieren die Party.
„Polizeibeamte haben eine Vorbildfunktion – das gilt in Berlin genauso wie in anderen Städten. Falls sich die Vorwürfe des Fehlverhaltens bestätigen, muss das in der Polizei ordentlich geklärt werden“, erklärte Innensenator Andreas Geisel (SPD). „Die Arbeit der Berliner Polizei darf durch solche Vorfälle keinen Schaden nehmen.“
Nach Hause geschickt wurde auch der Führungsstab dieser Einsatzhundertschaften. Die Hamburger Polizei spricht von unangemessenem Verhalten. Der Polizeiführer habe entschieden, diese Kräfte mit sofortiger Wirkung aus dem Einsatz zu entlassen. Ein derartiges Verhalten von Polizeibeamten sei nicht akzeptabel, sagte ein Sprecher in Hamburg.
Im Berliner Polizeipräsidium am Platz der Luftbrücke ist man geschockt. „Das gibt auf jeden Fall einen Image-Schaden, der uns sehr betroffen macht“, sagte Polizeisprecher Thomas Neuendorf dieser Zeitung. „Das muss jetzt alles überprüft werden. Fotos und Videos von dem Abend werden gesichtet. Dann werden Konsequenzen gezogen“, sagte Neuendorf.
Tristes und abgelegenes Containerdorf
Unklar sei, wie viele von den drei Einsatzhundertschaften (rund 210 Polizisten) in den Skandal verwickelt sind. Der SPD-Innenpolitiker Tom Schreiber erklärte auf Twitter: „Die Konsequenzen werden für die Beteiligten folgen. Das geht gar nicht.“
Die Berliner Beamten glauben, dass die Hamburger Polizeiführung sie schon länger auf dem Kieker habe, was die Hamburger aber bestreiten. Bisher sei die Zusammenarbeit reibungslos verlaufen. Seit Wochen schon schickt Berlin Bereitschaftspolizei nach Hamburg, unter anderem für den sogenannten Raumschutz.
Die Hamburger Polizei soll den Ordnerdienst der Unterkunft angewiesen haben, alles zu dokumentieren. „Von uns verschlossene Räumlichkeiten wurden ohne unser Beisein begangen und fotografiert“, sagte einer der Berliner Bereitschaftspolizisten. Die Hamburger Polizeiführung sei vor allem wegen Urinierens und Sex in der Öffentlichkeit empört. Alkohol und Lautstärke werfe sie ihnen nicht vor.
Während sich Polizeiführer und Politiker über das Verhalten der Polizisten empören, reagieren viele Nutzer von sozialen Medien, etwa auf der Facebook-Seite der Berliner Zeitung, belustigt oder mit Verständnis: „Um Gottes Willen! Berliner Polizisten outen sich als normale Menschen, die feiern und vögeln. Das ist ja ein Skandal, ich dachte immer die leben im Zölibat“, schreibt etwa Mike Jierscheck. „Die Hauptstadt braucht euch. Welcome back zuhause“, schreibt ein Facebook-Nutzer, der sich Dominic Zschs nennt.
„Der viel größere Skandal ist, dass die Polizisten in solchen „Baracken“ hausen müssen!“ findet auf Facebook ein Findus Norbertson – und drückt damit aus, was viele Polizisten empfinden, die in Hamburg im Einsatz sind.
Denn das Containerdorf in Bad Segeberg ist trist und abgelegen. Die jetzt nach Hause geschickten Polizisten hätten nicht einmal Fernseher, um sich in ihrer Freizeit abzulenken, heißt es. Sie waren zu viert in kleinen Containern mit je zwei Doppelstockbetten untergebracht, ohne Privatsphäre. Andere Einheiten wohnen „luxuriöser“ in einem Motel – mit 1,40 Meter breiten Betten für zwei Bewohner, wie berichtet wird. Die Beamten hätten 16- bis 17-Stunden-Dienste. Von 23 bis 7 Uhr sei Freizeit. Daran, die Familie daheim zu sehen, sei nicht zu denken, sagt ein Bereitschaftspolizist. Dennoch sei das Verhalten der Kollegen überhaupt nicht zu entschuldigen. „Darunter wird unser aller Ruf leiden.“