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Haiti: Mehrere US-Missionar:innen entführt – Verzweifelter Hilferuf per Whatsapp: „Bitte betet für uns!“

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Von: Julian Dorn, Sandra Kathe

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Bewaffnete Sicherheitskräfte in Haiti
In Haiti ist laut Medienberichten eine Gruppe Missionare entführt worden. Nun werden immer mehr Details bekannt - und ein dramatischer Appell via Whatsapp. © Joseph Odelyn/AP/dpa

Eine bewaffnete Bande entführt in Haiti 17 Menschen, hauptsächlich US-Missionar:innen und ihre Kinder. Per Whatsapp gelang einem der Opfer ein verzweifelter Hilferuf.

Update von Montag, 18.10.2021, 6.30 Uhr: Nach der Entführung von 17 nordamerikanischen Missionar:innen und ihren Kindern in Haiti werden weitere Details bekannt. Laut einem Bericht der Washington Post setzte eines der Entführungsopfer einen verzweifelten Hilferuf per Whatsapp ab. „Wir werden als Geiseln gehalten, sie haben unseren Fahrer entführt. Wir wissen nicht, wohin sie uns bringen“, hieß es in der Botschaft. „Bitte betet für uns!“

Derweil haben zivilgesellschaftliche Organisationen in dem Karibikstaat die sofortige Freilassung der Menschen gefordert. Die Situation der Betroffenen stehe der Menschenwürde „diametral entgegen“, kritisierte der Leiter des in Port-au-Prince ansässigen Zentrums für die Analyse und Erforschung von Menschenrechten, Gedeon Jean, am Sonntag (17.10.2021).

Entführte US-Missionar:innen in Haiti: Kriminelle Bande soll hinter der Verschleppung stecken

Nach Angaben aus haitianischen Sicherheitskreisen hatte eine Bande namens „400 Mawozo“ die 17-köpfige Gruppe am Samstag (16.10.2021) in der Nähe von Port-au-Prince in ihre Gewalt gebracht. Nach Angaben der christlichen Organisation Christian Aid Ministries aus dem US-Bundesstaat Ohio handelt es sich bei den Entführten um fünf Männer, sieben Frauen und fünf Kinder. 16 von ihnen haben demnach die US-Staatsbürgerschaft, einer ist Kanadier.

Haiti: Mehrere US-Missionar:innen entführt – Auch Kinder

Erstmeldung von Sonntag, 17.10.2021: Port-au-Prince - Im Karibikstaat Haiti ist Medienberichten zufolge eine Gruppe um US-amerikanische Missionar:innen entführt worden. Die 14 Erwachsenen und drei Kinder - größtenteils US-Bürger:innen - seien am Samstag (16.10.2021) unweit der haitianischen Hauptstadt Port-au Prince von den Mitgliedern einer bewaffneten Bande aufgegriffen und verschleppt worden. Das berichtete zunächst der Fernsehsender CNN unter Berufung auf Sicherheitskräfte in Haiti.

Bei den Entführten handelt es sich nach Angaben der Washington Post um Missionar:innen der evangelikalen Hilfsorganisation Christian Aid Ministries, die von der Entführung über eine Whatsapp-Nachricht von einem der Opfer erfahren haben soll. Das Außenministerium der USA bestätigte auf Nachfrage, dass ihm die Berichte zur Entführung bekannt seien, es gebe derzeit jedoch noch keine weiteren Informationen.

Chaos und Unruhen: Haiti ist das ärmste Land des amerikanischen Kontinents

Haiti, das westliche Nachbarland der Dominikanischen Republik ist nicht nur von großer Armut betroffen, sondern auch immer wieder von Unruhen und Naturkatastrophen. 2010 kamen hier bei einem schweren Erdbeben Hunderttausende Menschen ums Leben, das Land hat sich von der Tragödie immer noch nicht erholt. Chaos und kriminelle Bandengewalt sind hier Alltag - Anfang Juli wurde der umstrittene Staatspräsident Jovenel Moïse in seiner Residenz erschossen, die Hintergründe sind bis heute ungeklärt. „Die Zerschlagung der kriminellen Gangs ist entscheidend für die Stabilität von Haiti und die Sicherheit der Bürger“, schrieb die Staatssekretärin im US-Außenministerium, Uzra Zeya, noch Anfang vergangener Woche bei einem Besuch in Haiti auf Twitter.

Laut Washington Post registriert Haiti derzeit umgerechnet auf die Einwohnerzahl die höchste Entführungsrate der Welt. Die Zahl der Entführungen habe sich allein 2021 im Vergleich zum gleichen Vorjahreszeitraum versechsfacht. Die Region, in der die Missionar:innen verschleppt wurden, werde Polizeiberichten zufolge von einer Gang namens „400 Mawozo“ kontrolliert, die erst im April zehn Priester, Nonnen und Familienmitglieder eines Geistlichen entführt hatte. Das berichtete die haitianische Zeitung Le Nouvelliste. Später wurden die Entführten freigelassen.

Großer Geflüchtetenstrom aus Haiti: Berittene US-Grenzschützer machten Jagd auf Haitaner

In Haiti ist in den letzten Jahren ein Großteil der politischen Landschaft sowie des Sicherheitsapparats zusammengebrochen. Rund die Hälfte der Fläche der Hauptstadt Port-au-Prince sei in der Hand von Banden. Seit Jahren toben im ganzen Land Demonstrationen gegen politische Korruption, die auch dem getöteten Präsidenten Jovenel Moïse vorgeworfen worden war. Durch die Unruhen kamen weite Teile des Gesundheitssystems zum Erliegen, Schulen und Arbeitsstätten wurden geschlossen, einige Teile des Landes wurden vom Stromnetz genommen.

Immer mehr Menschen versuchen Haiti aus diesen Gründen zu verlassen und machen sich auf den Weg in die USA. Aus dem Grenzgebiet zu Mexiko machten erst Ende September Foto- und Videoaufnahmen Schlagzeilen, die zeigten wie berittene US-Grenzschützer Geflüchtete aus Haiti mit Peitschen jagten, zusammentrieben und bedrohten. (Sandra Kathe, Julian Dorn/dpa)

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