Ghislaine Maxwell: Anwälte fordern wegen „traumatischer Kindheit“ mildes Urteil

Sie habe einen „narzisstischen und fordernden Vater“ gehabt: Die Anwälte von Ghislaine Maxwell halten Milde für ihre Klientin für gerechtfertigt.
New York – Die im Sexskandal verstrickte langjährige Vertraute des verstorbenen Promi-Investmentbankers Jeffrey Epstein, Ghislaine Maxwell, hat vor der baldigen Strafmaßverkündung um ein mildes Urteil gebeten. Ihre Anwälte beschreiben die 60-Jährige als Opfer sexueller Gewalt und zeigten auf ihre traumatische Kindheit, die von Vernachlässigung geprägt gewesen sein soll.
Strategie des juristischen Teams von Maxwell ist es, die britisch-amerikanisch-französische Unternehmerin vor einer sehr langen Haftstrafe in den USA zu bewahren. Die Anwälte reichten am Mittwochabend (15.06.2022, Ortszeit) beim zuständigen Bundesgericht in New York einen Antrag ein, die 60-Jährige zu weniger als 20 Jahren Haft zu verurteilen.
Sie führen an, Maxwell habe in ihrem Leben unter dem negativen Einfluss von zwei Männern gestanden: Ihres Vaters, des 1991 verstorbenen britischen Medienbarons Robert Maxwell, und des Finanzinvestors und verurteilten Sexualstraftäters Epstein, der sich 2019 in einer Gefängniszelle in Manhattan offiziellen Angaben zufolge selbst tötete.
Fall Jeffrey Epstein: Ghislaine Maxwell soll traumatische Kindheit gehabt haben
„Sie hatte eine schwierige, traumatische Kindheit mit einem herrischen, narzisstischen und fordernden Vater“, schreiben die Anwälte. „Das hat sie anfällig für Epstein gemacht, den sie direkt nach dem Tod ihres Vaters kennenlernte. Es ist der größte Fehler, den sie in ihrem Leben begangen hat.“ Ghislaine Maxwell sei früher kaum beachtet worden und sei schon als Kleinkind magersüchtig gewesen, heißt es. „Im Alter von drei Jahren stellte sie sich vor ihre Mutter und sagte einfach: ‚Mami, ich existiere.‘“
Ein New Yorker Geschworenengericht hatte Maxwell Ende Dezember wegen Sexhandels und anderer Straftaten schuldig gesprochen. Die einstige Geliebte und dann über Jahre enge Vertraute und Mitarbeiterin Epsteins soll jahrelang junge Mädchen für den schwerreichen und gut vernetzten Investor rekrutiert haben, die dann von ihm sexuell missbraucht und zur Prostitution gezwungen wurden. Das Strafmaß soll am 28. Juni verkündet werden.
Für den Hauptanklagepunkt drohen Maxwell laut Gesetz bis zu 40 Jahre Haft. Die Richtlinien sehen für solche Fälle eine Strafe zwischen rund 24 Jahren und rund 30 Jahren Gefängnis vor. Die zuständige Behörde hat für Maxwell eine Freiheitsstrafe von 20 Jahren empfohlen.
Ghislaine Maxwell „kann und sollte nicht die gesamte Strafe tragen“
Die Anwälte der 60-Jährigen schreiben nun, die Strafe sollte „deutlich“ unter den Richtlinien und auch unter der Behördenempfehlung liegen. Sie führen dabei auch an, Maxwell habe sich weder vor noch nach ihrer Zeit mit Epstein jemals etwas zuschulden kommen lassen. „Dieses Gericht kann Frau Maxwell nicht verurteilen, als wäre sie eine Stellvertreterin von Epstein, nur weil Epstein nicht mehr hier ist. Frau Maxwell kann und sollte nicht die gesamte Strafe tragen, für die Epstein hätte verantwortlich gemacht werden müssen“, so das Anwaltsteam.
Epstein sei der „Drahtzieher“ und Haupttäter gewesen, er habe die Verbrechen zu seiner „persönlichen Befriedigung“ organisiert. Maxwell stelle derweil keine Gefahr für die Gesellschaft dar, sie drohe auch nicht erneut straffällig zu werden. (tvd/AFP)