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Kriminalpsychologe über Täterinnen im Fall Luise: „Man sollte sie nicht verdammen und komplett ausschließen“

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Von: Martina Lippl

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Zwei Mädchen sollen die zwölfjährige Luise aus Freudenberg erstochen haben. Die beiden Tatverdächtigen sind Kinder. Eine Strafe steht laut einem Experten hier nicht im Vordergrund.

Köln – Der gewaltsame Tod von Luise (12) aus Freudenberg erschüttert. Zwei Mädchen haben gestanden, die Zwölfjährige erstochen zu haben. Die mutmaßlichen Täterinnen sind erst 12 und 13 Jahre alt – selbst noch Kinder. Bestraft werden können die beiden für ihre Tat nicht. Die beiden Mädchen sind in diesem Alter nicht strafmündig. Das gilt selbst bei einem so schlimmen Verbrechen wie Mord und Totschlag.

Kriminalpsychologe zu Tötung von Luise (12) durch fast gleichaltrige Mädchen: „Nicht Bestrafung im Vordergrund“

„Kinder sind in der Entwicklung. Und auch bei Kindern, die auch über 14 Jahre alt sind, steht nicht die Bestrafung im Vordergrund, sondern die Erziehung“, erklärte Kriminalpsychologe Rudolf Egg im WDR-Interview. Der Jugendstrafvollzug habe vor allem einen Erziehungsauftrag, betont der Experte.

Dass Mädchen im Kindesalter töten, sei „sehr, sehr ungewöhnlich“, so Egg (74) im Interview. In seiner Laufbahn habe er einen solchen Fall nicht gehabt, sagte der langjährige Direktor der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden – der zentralen Einrichtung des Bundes und der Länder für kriminologische Forschungsfragen.

Die beiden Mädchen hätten die Tat gestanden. Auch bei Kindern, die eine schwere Straftat begangen haben, die getötet haben, müssen man helfen, um ihre Entwicklung nicht weiter zu gefährden. Denn sie stünden am Anfang ihres Lebens und da „kann man sie nicht gleich verdammen und komplett von der Gesellschaft ausschließen“, unterstreicht Egg: „Auch wenn sie moralisch sehr schwere Schuld auf sich geladen haben.“

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Zwei Kinder haben in Freudenberg wohl eine 12-Jährige getötet. Die Täterinnen sind zu jung für eine Strafe. © IMAGO/Rene Traut

Experte: Täterinnen die Hand reichen – „Bedeutet aber nicht, dass die Tat ohne Konsequenzen bleibt“

Zu einem Zeitpunkt, der noch zu bestimmen sein wird, werde man den Mädchen die Hand reichen müssen, sagte der Kriminologe und Rechtspsychologe aus Wiesbaden. Das sei eine schwierige Aufgabe. „Das bedeutet aber nicht, dass die Tat ohne Konsequenzen bleibt. Dass man einfach so zur Tagesordnung übergeht, das geht natürlich nicht“, sagte Egg. „Das muss schon Konsequenzen haben.“ Zuständig seien jetzt die Jugendämter. „Es gibt zum Beispiel die Möglichkeit, dass die Familien eine Erziehungsbetreuung bekommen. Man kann auch über das Sorgerecht streiten“, erklärte Egg.

Der Kriminalpsychologe denke im Zusammenhang mit dem Fall gerade viel mehr an die Familie, den Schulkameraden und den ganzen Ort. Wie wollen die jetzt weiterleben, fragt sich der Experte. Auch, wie diese Kommune wieder friedlich zusammen sein könnte. Seiner Ansicht nach, sei es auch wichtig, sich die Frage zu stellen, ob die Mädchen dort wieder in die Schule gehen könnten.

In die Kriminalstatistik der Polizei würden Tatverdächtige ab dem 8. Lebensjahr aufgeführt, erzählte Egg. Den Daten zufolge gebe es einen Rückgang bei Gewalttaten. (ml/dpa)

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