Erst Sturm, dann Regen

Der Zyklon „Freddy“ hat im ostafrikanischen Malawi schwere Schäden angerichtet. Während die Bergungstrupps sich Wege durch Schlamm und Trümmer bahnen, fürchtet die WHO die nächste Choleraepidemie.
Nachdem der ausdauerndste Zyklon in der Geschichte der Wetteraufzeichnungen zum zweiten Mal innerhalb von 14 Tagen schwere Schäden in den südostafrikanischen Staaten Mosambik und Malawi angerichtet hatte, hat Malawis Präsident Lazarus Chakwera die internationale Gemeinschaft jetzt um Hilfe aufgerufen. „Das ist eine nationale Katastrophe“, sagte er bei einem Besuch in Blantyre, dem am stärksten vom Unwetter betroffenen Wirtschaftszentrum des Landes: „Wir können damit nicht alleine fertig werden.“
Nach Angaben seiner Regierung sind dem Wirbelsturm alleine in Malawi mindestens 225 Menschen zum Opfer gefallen, mehr als 700 wurden verletzt, 41 werden noch vermisst. Fast hundert Menschen starben alleine in einer Cilobwe genannten Siedlung der einstigen Hauptstadt Blantyre, die von Erdrutschen fast völlig zerstört wurde. „Meine beste Freundin, ihr Bruder, ihre Schwester und ihre Mutter wurden alle von einer Schlammlawine mitgerissen“, klagte die 19-jährige Fadila Njolomole gegenüber AFP: „Wir können nicht einmal ihre Leichname finden.“ Überlebende sollen versucht haben, mit bloßen Händen im Schlamm nach Opfern zu graben.
Insgesamt zerstörte der „Freddy“ genannte Wirbelsturm alleine in Malawi 88 000 Häuser oder Hütten, insgesamt seien 186 000 Menschen in irgendeiner Form geschädigt worden, teilte die Regierung mit. Sintflutartige Regenfälle rissen Brücken mit sich, zerstörten Straßen und warfen Strommasten um. Dadurch seien die Bergungsarbeiten noch weiter erschwert worden, teilten Hilfsorganisationen mit. Malawis Regierung stellte umgerechnet 1,5 Millionen Euro als Nothilfe bereit – was nur einem Tropfen auf den heißen Stein gleichkommt. Präsident Chakwera rief außerdem den Notstand aus und ordnete eine zweiwöchige Staatstrauer an.

Mosambik besser vorbereitet
Obwohl das östlich von Malawi gelegene Nachbarland Mosambik vom selben Sturm mit derselben Wucht heimgesucht wurde, kamen dort nur rund zehn Menschen ums Leben. Nach Auffassung der UN-Koordinatorin in Mosambik, Myrta Kaulard, ist das vor allem darauf zurückzuführen, dass man sich in den vergangenen Jahren auf die immer häufiger und stärker auftretenden Zyklone eingestellt und entsprechende Vorbereitungen getroffen habe. „Es zeigt, wie wichtig Investitionen sind, die den Folgen der Klimaerwärmung begegnen“, fügte Kaulard hinzu.
„Freddy“ war gleich in zweifacher Weise einzigartig: Mit 36 Tagen hat er so lange gewütet wie bislang kein anderer Zyklon. Zudem änderte er nach seiner ersten Begegnung mit dem afrikanischen Festland gleich zweimal die Richtung – kehrte zuerst wieder aufs Meer zurück, um dann ein zweites Mal erst über Mosambik und dann über Malawi zu ziehen. Während seine Windgeschwindigkeit über Malawi nachließ, nahm der Niederschlag dort noch zu: Innerhalb von sechs Tagen regnete es dort so viel wie sonst in einem halben Jahr. „Es handelt sich um den dritten Zyklon, der unser Land in den vergangenen 13 Monaten heimgesucht hat“, sagte Malawis Präsident: „Eindeutig eine Folge des Klimawandels.“ Fachleuten zufolge sind die von „Freddy“ verursachten Zerstörungen die schlimmsten seit mehr als dreißig Jahren.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO befürchtet jetzt auch eine weitere Verschlimmerung der Choleraepidemie, mit der Malawi seit über einem Jahr zu kämpfen hat. In den vergangenen zwölf Monaten starben dort mehr als 1600 Menschen an der Durchfallerkrankung – die höchste Todesrate seit Jahrzehnten. Bislang wurden fast 40 000 Cholerafälle registriert. Überschwemmungen tragen häufig dazu bei, Choleraepidemien zu verschlimmern, weil Trinkwasser mit kontaminiertem Wasser vermengt wird. „Wir sehen bereits besorgniserregende Entwicklungen“, warnt der WHO-Beauftragte Patrick Otim.