Eine neue Stilikone

Nach „12 Years a Slave“ geht es für die Kenianerin Lupita Nyong’o bergauf. Die grazile, schöne junge Frau ziert das Cover des „New York Magazine“ und des Modeheftes „W“, beim Gruppenfoto mit den Hollywood Stars der Saison in „Vanity Fair“ sitzt sie in der Mitte des Bildes.
Von Sebastian Moll
Nach „12 Years a Slave“ geht es für die Kenianerin Lupita Nyong’o bergauf. Die grazile, schöne junge Frau ziert das Cover des „New York Magazine“ und des Modeheftes „W“, beim Gruppenfoto mit den Hollywood Stars der Saison in „Vanity Fair“ sitzt sie in der Mitte des Bildes.
Die Sitzplätze direkt am Laufsteg bei der New Yorker Fashion Week sind so begehrt wie eine Reservierung im Society Restaurant Le Cirque. Ein normaler Sterblicher hat keine Chance sie zu ergattern, man muss zu einem erlesenen Gesellschaftskreis gehören oder wenigstens jemanden in diesen Kreisen kennen.
Nicht nur in der ersten Reihe zu sitzen, sondern auch noch direkt neben Anna Wintour ist dementsprechend der ultimative Ritterschlag in der Welt der Schönen und Berühmten. Umso überraschender war es, als vergangenen Donnerstag bei der Calvin Klein-Show zwischen Wintour und Naomi Watts Lupita Nyong’o zu sehen war, ein Gesicht, das in New Yorker A-List Kreisen vor einem Jahr noch niemand kannte.
In der Mitte des Bildes
Damals lebte die 31 Jahre alte Kenianerin noch in einem kleinen Apartment in Brooklyn und paukte für ihr Examen an der Schauspielschule. In diesem Jahr ist Nyong’o hingegen das „It-Girl“ der Saison.
Die grazile, schöne junge Frau ziert das Cover des „New York Magazine“ und des Modeheftes „W“, beim Gruppenfoto mit den Hollywood Stars der Saison in „Vanity Fair“ saß sie in der Mitte des Bildes. Seit der Oscar-Nominierung für ihre Rolle als Patsey in „12 Years a Slave“ war sie in allen großen Talkshows und Medienikone Oprah Winfrey hat sich schon zwei Mal persönlich mit ihr getroffen.
Natürlich hat Nyong’o die ganze Aufmerksamkeit und auch den Oscar für ihre brillante Darbietung an der Seite von Michael Fassbender und Brad Pitt verdient. Sie gibt der gepeinigten Sklavin genau die Mischung aus Schmerz und Würde, nach der Regisseur Steve McQueen verzweifelt gesucht hat, als er die Rolle besetzen wollte. Als er sich nach Monaten des Suchens auf Anraten eines Assistenten das Bewerbungsvideo von Nyong’o ansah, so Mc Queen, sei das „wie eine Offenbarung“ gewesen.
Schauspielerisches Talent
Zum „It-Girl“ hat Nyong’o allerdings nicht nur ihr schauspielerisches Talent gemacht. Beinahe mehr noch waren es die Auftritte auf den roten Teppichen während der langen Preisverleihungs-Saison seit vergangenen September, wo sie mit unbestechlicher Stilsicherheit regelmäßig sowohl die Kameralinsen als auch die Eifersucht von Rivalinnen wie Jennifer Lawrence auf sich zog.
Nyong’o verkörpert einen neuen, frischen Typ, einen der so noch nie da gewesen ist. Mit ihrer schlanken, fragilen Erscheinung und ihrem Talent für Mode erinnert sie an Audrey Hepburn. Ihre dunkle Haut und der kantige Kurzhaarschnitt hingegen gibt ihr die Aura einer feminineren Version von Grace Jones. Hinzu kommt ihr distinguierter, beinahe aristokratischer britisch-afrikanischer Akzent und ihre kluge Eloquenz, beides geschärft auf Privatschulen in Kenia und exklusiven Colleges in Neu England. Nyong’o ist die neue schwarze Stilikone, sie hat sowohl Halle Berry als auch Michelle Obama rechts überholt.
Sie selbst ist von all dem freilich noch vollkommen überwältigt, „das hätte ich mir nie träumen lassen“, sagt sie. Die Empfänge, die Preisverleihungen, die Treffen mit Julia Roberts, Leo Di Caprio, Emma Thompson und Meryl Sreep, die sie nun als Kollegin in ihre Mitte genommen haben, das ist für Nyong’o noch surreal. „Es gab in den vergangenen Monaten so viele Highlights, das man sie gar nicht mehr als Highlights wahrnehmen kann.“
Nicht völlig aus dem Nichts
Völlig aus dem Nichts kam der Erfolg nicht, die Tochter eines kenianischen Politikers bastelt seit ihren Collegezeiten in New Hampshire vor nunmehr zehn Jahren sehr zielstrebig an ihrer Schauspielkarriere. Nyong’o arbeitete als Assistentin bei Hollywood-Produktionen wie „The Constant Gardner“ von Ralph Fiennes und spielte in einer kenianischen TV-Serie. Sie schrieb und produzierte einen eigenen Dokumentarfilm und führte Regie bei einem Musik-Video der Band WaHu.
Und sie setzte alles daran, in die Yale School of Drama, eine der renommiertesten Schauspielschulen der USA aufgenommen zu werden. Jetzt gilt es für Lupita Nyong’o den Augenblick in einen nachhaltigen Erfolg umzumünzen. Wie gut ihr das gelingt, wird auch ein Test dafür sein, wie farbenblind Hollywood im Jahr 2014 tatsächlich ist. Noch vor Kurzem klagte die schwarze Schauspielerin Viola Davis, darüber, wie schwer es ist, Rollen zu bekommen, „wenn man nicht aussieht wie Halle Berry.“ Berry, so die Anspielung, ist so hellhäutig, dass sie auch problemlos als Weiße durchgehen kann.
Nyong’o ist hingegen tief schwarz. Das hat ihr bei der Rolle der Patsey geholfen. Nun muss sich zeigen, ob Hollywood eine Frau wie sie auch für romantische Rollen und Charakterrollen in Filmen ohne ein explizites schwarzes Thema einsetzt.
Das Portal für afro-amerikanische Themen „The Root“ schrieb deswegen schon, dass „die Hoffnung schwarzer Frauen in Hollwood nun auf Nyongo’s Schultern ruhen.“ Das muss sie aushalten. Auch, wenn ihre Schultern mächtig schmal sind.