Ein Ja für die Liebe

Prinzessin Mako heiratet einen Bürgerlichen und verlässt Japans konservatives Kaiserhaus. Dessen strenge Traditionen werden zunehmend zum Problem – der Hof wird immer kleiner.
In den Augen der meisten Menschen würde Kei Komuro als gute Partie aussehen. Der 30-jährige gilt als äußerlich attraktiv, hat ein Rechtsstudium abgeschlossen, ist der englischen Sprache mächtig und arbeitet in den USA als Jurist. Aber für seine Freundin sollte das nicht reichen. 2018 kam heraus, dass Komuros Mutter Schulden bei ihrem Ex-Mann nicht zurückgezahlt haben soll. So verkündete Japans kaiserliches Hofamt kurzerhand, dass Komuros geplante Hochzeit auf unbestimmte Zeit verschoben würde.
Schließlich war die Frau, auf die es Komuro abgesehen hatte, keine Geringere als Prinzessin Mako, die Nichte von Kaiser Naruhito und Tochter dessen Bruders, Kronprinz Fumihito von Akishino. Und weil so weltliche Makel wie Geldprobleme als des Kaiserhauses unwürdig gelten, schienen die Ehepläne des Paares faktisch geplatzt. Drei Jahre lang haben sich Komuro und Mako nicht gesehen. Ende September aber tauchte der Junganwalt in Tokio auf, und bald darauf war klar: Mako wird ihm nun in die USA folgen, mit ihrer Hochzeit am 26. Oktober den kaiserlichen Hof im Zentrum von Japans Hauptstadt hinter sich lassen.
In der japanischen Öffentlichkeit ist der Fall eine Sensation. „Prinzessin Mako verlässt die Tradition und übersteht Kontroversen, um ihre Uniliebe zu heiraten“, titelte Anfang Oktober der Rundfunksender „NHK“ auf seiner Website. „Es wird erwartet, dass Komuro die Geldprobleme seiner Mutter um 36 000 US-Dollar gegenüber Kronprinz Fumihito und Kronprizessin Kiko erklären wird“, betonte die Nachrichtenagentur Kyodo.
Selbst die liberale Tageszeitung „Asahi Shimbun“ schien besorgt: „Seine Examensergebnisse werden erst Mitte Dezember erwartet, aber er hat schon eine Arbeitsstelle gelandet.“ Seit Wochen wird zudem über den Haarschnitt von Komuro diskutiert. Als sich das Paar 2017 verlobte, hatte er eine traditionelle Kurzhaarfrisur getragen, wie sie von den meisten Schulen im Land, die sich für besonders sittsam halten, auch erwartet wird. Bei seiner Ankunft am Flughafen Ende vergangenen Monats aber hatte Komuro einen Pferdeschwanz. Zudem war sein oberer Hemdknopf offen.
Normalerweise wird in Japan deutlich weniger über Aussehen und Privatleben der Kaiserfamilie diskutiert als in den konstitutionellen Monarchien der westlichen Welt, wie etwa Großbritannien.. In Europa schöpfen die Königshäuser ihre Legitimität auch aus der Verfügbarkeit für den Voyeurismus ihrer Gesellschaften, indem der Boulevard immer wieder mit knackigen Geschichten versorgt wird. In Japan dagegen wird über die Kaiserfamilie überwiegend geschwiegen. Heikel wird es, wenn die vermeintliche Makellosigkeit dieses Adels auf dem Spiel steht.
Kei Komuro und Prinzessin Mako sind mit den Zweifeln der Konservativen sowie dem Interesse der Schaulustigen im Land schon seit Jahren konfrontiert. Beide kennen sich seit dem Jahr 2012, als sie zusammen an der Internationalen Christlichen Universität von Tokio studierten. Mako sagte über ihren Freund vor einigen Jahren: „Herr Komuro ist eine Person, die mich auf warme Weise ermutigt.“ Und: „Ich glaube, das Erste, was mich zu ihm hinzog, war sein helles Lachen, so wie die Sonne.“
Für das Licht in ihrem Leben muss Mako nun einen hohen Preis zahlen. Die Regeln des Hofs sehen vor, dass Frauen, die einen Bürgerlichen heiraten, aus der Kaiserfamilie ausscheiden. Inmitten der Kontroversen soll Mako zudem auf die Mitgift von 150 Millionen Yen (1,13 Millionen Euro) verzichten, die weibliche Abgänge des Hofs gewöhnlich erhalten. Mit dieser Art von Bescheidenheit erscheinen Mako und Kei Komuro dieser Tage wie ein japanisches Pendant zu Prinz Harry und Meghan Markle in Großbritannien, das ebenfalls auf ihre königlichen Titel verzichtete, um in den USA ein zwangloseres Leben zu führen.
Die Familie schrumpft
Womöglich will Mako so aber auch von einer anderen Diskussion ablenken, die sich mit ihrem Scheiden aus der Kaiserfamilie einmal mehr aufdrängt: Dem Hof gehen allmählich die Leute aus. Nicht zuletzt durch die strengen Heiratsregeln für Frauen, nach denen die Ehe mit einem bürgerlichen Mann de facto den Rausschmiss bedeutet, schrumpft die Zahl der Familienmitglieder seit Jahren. 2019 etwa heiratete Prinzessin Ayako einen Bürgerlichen. Die Zahl der Mitglieder, die diverse zeremonielle und repräsentative Aufgaben im Staat erfüllen, liegt schon bei unter 20. Derzeit gibt es nach Kaiser Akihitos jüngerem Bruder Fumihito von Akishino auch nur noch dessen Sohn in der Thronfolge, den 15-jährigen Hisahito. Frauen ist das Kaiseramt verschlossen.
Die letzte Tat von Prinzessin Mako als Mitglied der Kaiserfamilie wird es nun sein, bei Kaiser Naruhito und Kaiserin Masako vorstellig zu werden sowie beim abgedankten Kaiserpaar Akihito und Michiko, um sich formal zu verabschieden. Nach der Trauung planen Mako und ihr Bräutigam dann eine Pressekonferenz in einem Hotel in Tokio zu halten. Der kaiserliche Hof hat für das Blitzlichtgewitter-Event keinen Platz. Denn nach der Trauung ist Mako ja nicht mehr kaiserlich. So ist nunmal die Tradition.