Studie zum Wassermangel: Mehr als die Hälfte der größten Seen trocknet aus

Forscher der Universität Colorado konnten den weltweiten Wassermangel in einer Studie nun sehr genau beziffern. Rund die Hälfte aller Seen ist betroffen.
Colorado - Der menschengemachte Klimawandel zeigt immer deutlichere Auswirkungen. Der globale Wasserrückgang in Seen liegt im Schnitt bei durchschnittlich 22 Gigatonnen, fanden Forschende der University of Colorado in einer am Donnerstag (18. Mai) in der Fachzeitschrift Science veröffentlichten Studie heraus. Die Gründe dafür sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Klimawandel und dem menschlichen Verbrauch. Darin steckt gleichzeitig das Problem und die Lösung.
Mehr als die Hälfte der Seen weltweit verliert Wasser: Auch Deutschland betroffen
Fachleute warnen, dass extreme Wetterereignisse wie Überflutungen und Dürren aufgrund des fortschreitenden Klimawandels immer häufiger werden. So wurde Italien in diesem Jahr bereits von starker Trockenheit und im Anschluss von Hochwassern heimgesucht. Frankreich und Spanien stehen nach dem Dürre-Sommer im vergangenen Jahr mit weniger Grundwasserreserven da, als noch im Jahr zuvor. Die Stauseen Kataloniens sind nur noch zu 26 Prozent gefüllt, vor einem Jahr waren es noch 58 Prozent. Der aktuellen Studie des Teams um den Hydrologen Fangfang Yao von der University of Colorado in Boulder zufolge verlieren weltweit 53 Prozent und damit über die Hälfe aller Seen Wasser.
Wassermangel ist auch hierzulande ein Thema: In den vergangenen 20 Jahren hat Deutschland rund 15,2 Milliarden Tonnen an Wasser verloren, wie das Deutsche GeoForschungsZentrum kürzlich nachweisen konnte. Regen allein kann keine Abhilfe schaffen, warnten die Fachleute. In Deutschland kommt Wasser nach wie vor aus dem Hahn, anderswo wird das kostbare Gut aufgrund des akuten Mangels rationiert. Die südafrikanische Metropole Kapstadt etwa musste in der Vergangenheit bereits Sparmaßnahmen anordnen.
Studie zu Wassermangel: Selbst in feuchten Regionen wie den Tropen gibt es weniger Wasser
Die Studie des Teams aus Colorado zeichnet ein recht genaues Bild des globalen Wasserrückgangs. Die Forschenden entwickelten eine Technik zur Messung von Veränderungen der Wasserstände in fast 2000 der größten Seen und Stauseen der Welt, die zusammen grob 90 Prozent des global in Seen gespeicherten Süßwassers ausmachen. Datengrundlage waren dabei rund 250.000 Satellitenaufnahmen aus fast 30 Jahren - von 1992 bis 2020. Die globalen Vorräte schrumpften pro Jahr im Schnitt etwa um die Hälfte des Wasservolumens des Bodensees, das entspricht jährlich insgesamt rund 22 Gigatonnen.
Im Gegensatz zu vorherigen Untersuchungen konnten die Forschenden aus Colorado auch in eher feuchten Regionen wie den Tropen einen Wasserrückgang nachweisen. Besonders Stauseen verloren weltweit an Wasser: Sie büßten rund zwei Drittel ihrer Vorräte ein, was jedoch auch Sedimentablagerungen geschuldet war, so die Fachleute. Forscherinnen und Forscher der Vereinten Nationen hatten in einer Studie Anfang des Jahres bereits darauf hingewiesen, dass Stauseen global bis zum Jahr 2050 aus diesem Grund rund ein Viertel ihrer ursprünglichen Speicherkapazitäten zu verlieren drohen.
So lässt sich dem Wassermangel laut Forschern entgegentreten: Politik ist gefragt
Die Forschenden aus Colorado hatten auch gute Nachrichten im Gepäck: Etwa ein Viertel der weltweit untersuchten Gewässer (24 Prozent) verzeichnete einen Anstieg des Wasservolumens. Dabei handelte es sich vor allem um Seen in wenig bevölkerten Regionen, darunter im inneren tibetischen Plateau, den Great Plains in den USA und in Gebieten mit neuen Stauseen wie den Flussgebieten des Jangtse (China), des Mekong (Südostasien) und des Nils (Afrika). In Deutschland zählte die Müritz in Mecklenburg-Vorpommern zu den Seen mit wachsendem Wasservolumen.
Zudem lieferten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch Lösungsvorschläge, wie sich dem Wassermangel begegnen lässt. Ansatzpunkt ist dabei der Umgang der Menschen mit dem kostbaren Gut „Wenn der menschliche Verbrauch ein wichtiger Faktor für den Rückgang der Wasserspeicher in den Seen ist, können wir uns anpassen und neue Strategien erforschen, um den Rückgang in großem Maßstab zu verringern“, sagte Mitautor Ben Livneh einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur zufolge. Sewansee in Armenien sei ein Beispiel, bei dem eine Reglementierung der Wasserentnahme dafür gesorgt habe, dass sich das Volumen vergrößerte.
Wie wichtig solche Gesetze weltweit wären, betont Geophysikerin Sarah Cooley von der University of Oregon in einem Kommentar zur Studie. Sie verweist auf das Ergebnis, dass schätzungsweise fast ein Viertel der Weltbevölkerung in einem Einzugsgebiet mit einem großen, austrocknenden See lebe. Wenn laut Wissenschaftlern Gesetze bei der Bekämpfung des Wassermangels eine Rolle spielen, ist nun also die Politik gefragt, wie auch Klimaaktivisten bereits fordern (bme mit dpa).