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Ein Disneyland für Feinschmecker

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Von: Regina Kerner

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Fisch so weit das Auge reicht: Fischhändler präsentieren ihre Ware im Gastronomiepark "Fico".
Fisch so weit das Auge reicht: Fischhändler präsentieren ihre Ware im Gastronomiepark "Fico". © afp

Eine Mischung aus Vergnügungspark, Einkaufszentrum und Biohof: In Bologna eröffnet "Fico". Die Besucher sollen dort die italienische Küche intensiv erleben - von Feld und Stall bis auf den Teller.

Für Liebhaber italienischer Esskultur gibt es jetzt eine Art Pilgerort. Am Rande von Bologna in der Emilia Romagna eröffnet am Mittwoch der weltweit größte Gastronomiepark, ein Disneyland für Feinschmecker und Foodies. „Fico“ heißt er, Abkürzung für Fabbrica Italiana Contadina, gleichzeitig das italienische Wort für Feige, das aber auch umgangssprachlich für „super, cool, geil“ steht. Fico will die gesamte Herstellungskette von Spezialitäten wie Mortadella, Mozzarella, Parmaschinken, Tagliatelle, Tortellini und Co. vorführen und erklären – vom Feld und Stall bis auf den Teller sozusagen.

Auf 100.000 Quadratmetern erstreckt sich die Mischung aus Einkaufszentrum, Vergnügungspark, Biohof, Bildungseinrichtung, Touristenattraktion und Kongresszentrum. 200 Nutztiere werden auf dem Gelände gehalten, darunter Altamura-Schafe und kalabrische Schweine.

Konsum steht im Vordergrund

Die Besucher können in den Ställen Kühe und Ziegen melken, auf Feldern und in Gärten selbst Aprikosen, Getreide und Oliven ernten, letztere werden in einer Steinmühle gemahlen. 40 Hersteller von italienischen Lebensmitteln, darunter Kaffeeröster Lavazza, Parmesanproduzent Parmiggiano Reggiano und etliche kleine Familienbetriebe, führen in Manufakturen und Werkstätten ihr Gewerbe vor. 

Es gibt Erlebnistouren wie „Der Mensch und die Erde - 14.000 Jahre Landwirtschaft“ und Kurse, in denen man lernt, wie Käse Olivenöl, Salami oder Lakritze gemacht werden oder in denen man selbst Eis, neapolitanische Pizza oder verschiedene Pasta-Arten zubereitet. Ein Agrar-Museum, ein Kino und eine Bibliothek runden das Bildungsangebot ab, das von vier italienischen Universitäten betreut wird.

Aber natürlich soll im Fico vor allem konsumiert werden, beim Essen und beim Einkaufen. 45 Osterien, Bistrots, Streetfood-Kioske, Themen- und Sterne-Restaurants servieren Spezialitäten aus allen Regionen Italiens. Das Verkaufsangebot reicht von Parmaschinken über Culatello di Zibello, dutzenden Olivensorten, Meeresfrüchten und fangfrischem Fisch, Käse aus allen Regionen bis zu sizilianischen Zigarren, Feigen aus Paestum und Trüffeln aus dem Piemont.

Fast schon verrückt ist das Interesse an Pasta und Pizza

Vater des Projekts ist Oscar Farinetti, ein Unternehmer, der mit Eataly international erfolgreich und auf Expansionskurs ist. Die Kette, die mit Slow Food kooperiert und in ihren Läden italienische Lebensmittel und Restaurants vereint, hat inzwischen 37 Filialen, unter anderem in New York, München, Dubai. 2019 soll sie an die Börse gehen.

Disneyland war tatsächlich das Vorbild für Fico, erzählt Farinetti in Interviews. Es gebe weltweit ein schon fast verrückt großes Interesse an Pasta, Pizza und den einfachen Gerichten der italienischen Küche, sagt er. Und Fico solle die enorme Produktvielfalt und Biodiversität zwischen Alpen und Sizilien verdeutlichen, „beim Essen weltweit die größte“, behauptet Farinetti. So werden die Besucher in Bologna zum Beispiel darüber aufgeklärt, dass es in Europa 1200 Apfelsorten gibt und 1000 davon aus Italien kommen.

Geschäftsführerin Tiziana Primori rechnet damit, dass der Themenpark schon im ersten Jahr vier Millionen Menschen anlockt, später dann sechs Millionen, davon ein Drittel ausländische Touristen. Bei freiem Eintritt und täglichen Öffnungszeiten bis Mitternacht wird mit täglich bis zu 16.000 Besuchern kalkuliert, die im Schnitt 20 bis 22 Euro pro Kopf für Essen, Einkauf oder Workshops ausgeben. Es sind ehrgeizige Ziele.

Spaghetti Bolognese kennt man in Bologna gar nicht

120 Millionen haben die italienische Handelskette Coop, Farinetti und weitere Privatunternehmer investiert. Die Stadt Bologna hat das Gelände mit dem leerstehenden Großmarkt zur Verfügung gestellt. Vier Jahre dauerte der Umbau. „Ein Rekord“, sagt Farinetti, „der nicht einmal in den USA zu schaffen gewesen wäre“ – und mit dem Italien den Franzosen zuvorgekommen ist. In Lyon ist eine Cité International de la Gastronomie geplant, die 2019 eröffnen und aus der Stadt von Paul Bocuse das Weltzentrum für Gourmets machen soll.

Farinetti zufolge entstehen durch Fico 3000 Arbeitsplätze. Der Themenpark soll zeigen, dass Italiens immer noch kränkelnde italienische Wirtschaft ihre Chance im Essen und im Tourismus suchen muss. Der Agrar- und Lebensmittel-Sektor ist der zweitstärkste nach der Metallindustrie und er hat stetige Wachstumsraten. Für 2017 werden 135 Milliarden Euro Umsatz erwartet, ein Plus seit der Jahrtausendwende von 145 Prozent. Auch der Tourismus hat Farinetti zufolge noch großes Potenzial. „Aus 50 Millionen Touristen müssen 100 Millionen werden“, sagt er. „Fico wird dazu beitragen.“ 

Besucher werden in Bologna übrigens auch erfahren, dass „Spaghetti Bolognese“ am vermeintlichen Ort ihres Ursprungs unbekannt sind. Die Hackfleisch-Soße wird in der Emilia Romagna mit frischen Tagliatelle, also Bandnudeln serviert.

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